Title: Verbrüderung: Gedichte
Author: Johannes Robert Becher
Release date: December 26, 2012 [eBook #41706]
Most recently updated: October 23, 2024
Language: German
Credits: Produced by Jens Sadowski
LEIPZIG
KURT WOLFF VERLAG
1916
Gedruckt bei E. Haberland in Leipzig-R. Februar 1916 als fünfundzwanzigster Band der Bücherei »Der jüngste Tag«. / Die Gedichte »Verbrüderung« wurden in den Jahren 1915 und 1916 in Berlin geschrieben Sie sind meinen Freunden gewidmet
COPYRIGHT 1916 BY KURT WOLFF VERLAG • LEIPZIG
Nicht daß wir zärtlich-feig oft in die Lauben uns stahlen —
Kampf war auch dies. Krieg. Vergewaltigung.
Versuch: wütigen Vorwärtsstemmens,
Überallhin zündend Brüderlichkeit zu entfalten,
Paradies erarbeiten!
Aber, Gott zu säen in die Gefilde des Weibs:
Wie noch vergebens . . .
Der Knabe wartet auf die Mutterblüte,
Die unter bauschenden Gewändern thront.
Da kommt sie strahlend weich: die Mutterblüte,
Von keinem Mann, von ihm nur fern bewohnt.
Der Vater muß verreisen in den Norden.
Niemand herein in unsere Nächte stört.
(. . . ach Vater du wie oft um sie gemordet . . .)
Der Mutterblüte tief er angehört. —
Er fuhr dazwischen. Spät. Mit Ofenhacken.
Der jagt ihn, Sturm, aus süßem Wiegenbett.
Nun wird er gleich, ein Vieh, die Mutter packen.
Schnurrbart spritzt rechts und links gleich Bajonett.
Sie spült herauf. Davon die Fleische klirren.
Entfloh ihm taumelnd, als der Zug noch stand.
Die Mutterblüte muß ihn arg verwirren.
Manchmal auszackt sie wie der Hölle Brand.
An den Vater
Schlangenader längs der Stirne rollt.
Gabel stößt er pfeifend in Salat.
Weißer Suppe krummes Maul träuft voll.
Makkaroni würgt aus Nase grad.
In den Weinberg kroch er, dichtes Laub,
Den Kniefällen seiner Kinder taub:
Dorther wächst und wächst ein Donnerschnarchen.
Die ihn sucht, sich bückt —: sie schreckt die Blöße.
Auf den Lippen gischtet Spülichtschlamm.
Szepter in der Faust des Patriarchen.
Füße Schweiß mit ihren Haaren klamm
Wäscht sie. Arme Braut des Bösen.
Später, da er vor den weiten Plätzen
Ängstigend sich preßt in ihren Arm —
Seufzer schickt sie den Erbarmungsblicken,
So ihr zu oft glänzende Herren nicken . . .
(Mancher stößt sich in sie rauschend warm).
Die ihm dient als Boot zum Übersetzen.
Ausgeleiert. Nur ein Ausstück. Fetzen.
Finger birgt sie, die erfroren rot
Von Stricknadeln (Messerwald) durchlöchert.
Aus geschwollener Augen Köcher
Spritzeln Tränen auf zerdrehtes Brot.
Niederstürzt sie, die er täppisch rupft,
An die sich heraufwälzt stumpfer Bauch.
Zitternd in ihr kleines Bett sie schlupft:
Ausgesogen, starr. Ein windiger Schlauch.
Bei dem Löffel in die Teller Klirren —:
Hund am Tisch du! Klaffender Tyrann!
Wo dein Sohn, Indianer, dir auflauert
Zwischen Zähnen Beil er fiebernd kauert
Vor dem Schlafgemach — bis schwirrend
Saust das Beil! Das Beil —: es fällt dich an!
Franziska
Du Engel ihm vom Zigarettenladen!
Ein Ingenieur pflückt dich als Bräutigam.
Wir dürfen nachts im Raum der Gärten baden.
Wenn orgeln Sonntags gute Bettler am
Geblümten Weg, mit Karussells beladen,
Der Isarstrom verzweigt in grünen Bändern —
Die Augen sich mit dessen Schein berändern.
Doch bald —: er explodiert mit Bombenschritten
Ein neuer Vater! in dem Schlafgemach!!
Der Faust entrasseln paukende Gewitter.
Und tausend Väter kollern heulend nach!
Gepeitschte aller Welt in uns erzittern.
Rückflüchten wir. Es brennt die heimlichste der Lauben.
Sie wollte nurmehr — aus — dem Browning glauben.
Dein Jüngling schrie durch jene finsteren Nächte
An seine Mutter. Auch sie —: fühllos kalt.
Sie wird kein Wort in solche Zuckung sprechen.
Doch dess Gehirn durchrauscht soviel an Wald,
Gebirg, Veranden: überwölbt von Bächen
Azur, inmitten bunt die Sonne platzt.
O, Frühjahrsregen an die Fenster kratzt.
Die läßt ihn nicht. Hoch seine Schulter kriecht
Sie wie Gewürm. Du kannst mir nicht entfallen!
Da —: in die Brüste ihr die Kugel sticht.
Und draußen muß man mit dem Frühstück lallen.
Bald löscht auch er. — Bis groß die Tür ausbricht:
Schutzleute stehn enorm mit Riesenbeilen,
Behelmte Götter sich im Raum verteilend.
Dorka
Sie —: Dorka. Die ein orphischer Erdsturz braust.
Ihn aufwarf und bereißt. Entsog. Zerstückte.
Ihm Helferin zu seinem ersten Bau.
Um deren Mund sich Sturm aus Bajonetten zückte.
Armeeen sich im Abgrund ihres Nabels schlugen.
(— vor der er sich zum Trank der Gosse bückte —)
Wie lang schlief er in solchen Leibes Fuge.
Nie je war Nacht so fabelhafte Nacht.
Mit Engeln, die uns auf der Wolken Samtbett trugen.
Sie Dorka. Die ein schmetterndes Orchester lacht!
Am Horizont aufsteht sie, wachsend ungeheuer.
Die Sterne purzeln tönend in den Schacht
Des Schoßes. Wolkgemäuer
Treibt vor und schäumt und klebt sich in die Haut.
Von Küsten euch o Lippen sprudelt Feuer! Feuer!!
Vor dem der Dachstuhl aller Kathedralen taut.
Der Haare schwarze Fahn zuhöchst dem Haupt gehißt.
. . . und von Morästen braut
Es, untermischt mit Wiesen, um den Flor
Der Wimpern, die gleich Lanzengittern niederschatten.
Um Locken Waldung sprießt ein Natternchor.
An Schläfen Nester triefender Kasematten.
Mary
Gefügt aus Kurven, die sich mystisch paaren,
Ellipsenscheiben; Pyramidenwald
Muß deinem Haupt zu wehendem Turm sich scharen.
Der Finger Lilie gen die Sonn gekrallt . . .
Café das Beet, aus dem du lächelnd sprießt.
Wie oft wir uns um diesen Hals schon rankten!
So laß dich tragen! Eisiger Mondschwamm fließt.
Und Wind zerrt knisternd deinen Hut, den schwanken.
Umstellt dich Reih starrfunkelnder Laternen:
Gebogenheit an solchem Leib zu lernen.
Man wird stets denken: Atem dieser Brüste!
Und morgens lösch ich mit der Frühe aus!
Die Nacht zerrauscht an deiner Glieder Küste.
Man hört hindurch der schwarzen Meere Braus.
Ein Rundes schält sich aus ovalen Zeichen,
Die wieder drehn in Linien Zickzack unter.
Heut aber willst du Tier mit Park uns reichen
Im Kelch des Worts —: Millionen Fischlein munter
Läßt du ein Wirrnis durch die Lüfte strahlen.
Der Silberlöwe fährt, ein Tollpatsch, drein.
Ein Zebra mußt du auch den Dom anmalen.
Eidechsen Ornament dich benedeit.
An Gitterästen kleben Spülichtratten,
Wie sauberweiß! Von rosenem Flaum betan.
Gleich frommen Hündlein hüpfen auf und ab dir Nattern.
Sich tönend neigt, jahrtausendalt, der Schwan.
Die Zauberin ins Paradies. Gefieder
Der Schneee wogt durch dampfende Mittagsluft.
Da steigst du auf. Kehrst du am Abend wieder?!
. . . nur wimmernd ächzet die Matratzengruft . . .
Der Stadt Geräusche schrillen ineinander.
Kanäleschiffe schnellen rings vorbei
Du balanzierst auf des Gebirges Kante,
Faltest die Kerker, Heilige, entzwei.
Emmy
Du deren Mund an Horizonte knüpfte
Einst düsteren Dichter —: er beträumt dich schwer.
Du hausest Engel tief in Unterschlüpfen.
Versammlerin an kaum betretenem Ort.
Fanatisch du gestreckt von Jenes Wort —
Hah! Schwingst allein dich drehend schon auf Barrikaden!
Im Schrein aller Gehirn Reliquienfetzen.
Ja —: Satzgefüge tollste meißeln dich:
Geschwür. Wirr deinen Körper geißelt
Der Menschheit Auf- und Niedersteigen. Jäh der Treppen Schritt . . .
Und diese Hand so schlug sprengt! deine Brüste.
O! Jungfrau von Orleans unsere!
Fahnen: Gesänge hüllen dich.
Er hüpfet lächelnd kraus von Schleierwinken
Durch Wiese, loh im Scharlachabend brennend.
Schlägt von der Marmorberge Postament,
Bis rauhe Lippen solcher Süße trinken:
Ein wenig Mond mit Firmament gemischt,
Stöße von Nacht und Träume Intervallen.
Daß seine Augen auf die Städte fallen,
Gläsern und trunken. Kühl ihr Weißes lischt.
. . . Ihr Bögen dürftet nicht den Strom mehr drücken
Der gleich Palästen aufgestauten Brücken.
Alleeen rinnen hoch der Finsternis,
Kaum flockt zerbrochenen Mondes grüner Firnis.
Er aber schläft. Sein blutig Lid es hängt
Ein jäher Dorn in Hyazinthenfrühe öd.
Sie streift ihn kaum. Doch deinen dunklen Gärten
Ward er zum Bräutigam wie unbemerkt.
Nun tanzt und wiehert er mit lichten Pferden.
Besingt den Mondtag als sein schönstes Werk.
Voll bunter Knospen stehn in Brand die Haare.
In Ohres Muscheln flüstern Samoware.
Ein weicher Strom verzückt ums Aug sich streut.
Der Stirne Golf im weiten Strahl sich freut.
Ein Tod er trifft ihn schlafend unverwundet.
Zypressentraum herbstlicher Nächte mundet.
Von Cymbeln hingerafft ins Blau . . . Noch fand
An ihren Lippen Ruh die steife Hand.
Und Küsse lang wie Nektar ausgeschlürft.
Als hieß es heut zum erstenmal: „Ihr dürft . . .“
Ihr Angesicht erfüllt von nächtigem Mohne,
Drum kräuseln rührend spitze Lilaschatten:
Ein Lächeln, das einst fremde Länder hatten,
Bevor sie Frauen wurden, Stadt und Ton.
Die Zedernfüße steigen kaum im Schwung
Von Tänzerinnen. Doch der Mund ist schon.
Sie pendelt kurz, ein blankes Medaillon.
Auf dessen Schildrund rückt die Dämmerung
Nur manchmal. Horizonte Ungefähres
Webt feucht darin. Geborstene Türen klinken.
Um ihretwillen müssen Damen schminken,
Kraß Tuben klexen in ein höhnisch Leeres
Zerrissenes Oval. Asyle stinken.
Sie steht! Ihr die Verrufenen winken — —.
Der Räuber Tod ließ dich wie einen Zeiger
Auf deinem Blatte vor der Stunde stehn.
Der Atem hört ein Schlagwerk auf zu gehn.
(. . . Und Menschen rings auf Plätzen wirr gesteigert . . .)
Ein Pferd will sich vor rosenem Schoß leicht schmiegen.
Im laubichten Haar versammeln sich die Fliegen.
Aus Augen Waben träuft ein Honigmet.
Geborstene Schatten winken noch . . . zu spät.
Die Sonne strömt. Aus Seliger Revier
Spült der Choral (er schmilzt den Kerker) —: Wir!!
Dein Triller wie auf höchstem Seile blinkt.
Schwank über Frühjahrs krummen Regenbogen
Er schaukelt, dreht . . . gleitend hinabgezogen.
Bis ers Finale der Posaunen bringt.
Manchmal meine ich, Du könntest eine Geschichte aus mir machen und mir ist, als ob das Sterben, jetzt oder später, leichter würde, wenn man weiß: ich selber konnte wohl nichts tun, aber es geschah irgend etwas durch mich.
C.
Der Nacht quoll: schief verworren
Wölbt sich jetzt Morgen grad.
Du kannst ihn schreiten sehen
Ganz Wind und Schwebezeit.
Sein Aug umstreichen Flüsse.
Tosender Wälder Schwung
Flackt um der Berge Schulter.
Des Tages Purpurküsse.
Du kannst ihn schreiten sehen.
Nicht Qual fretzt ihn. Kein Dorn.
Der Nacht quoll: schief verworren
Ganz Wind und Schwebezeit.
Aus Lilienfinger geußt dem
Gekrümmten Schwangeren Balsam.
Säuglingen, den Asylen
Träuft er der Lippen Brod.
(. . . einst stürzten Worte Unflat,
Nun schmilzt ein Mond im Tönen.
Wie Quell springts aus der Flöte Horn.
Jetzt kaum noch Mietskasernen stöhnen . . .)
Du kannst ihn schreiten sehen
— die goldenen Wagen rauschen —
Mit schmetterndem Tempostampfen,
Wo sich vor brüchigem Tor
Sein Volk in den Azur löst.
Mond im Fluten Traums verweht,
Nachtigallen dich besuchen.
Wickelst dich aus schweißigem Tuche,
Tanzest auf Balkonen spät,
Flackert noch ob dem Staket
Morgens klein der bunte Shawl.
Purpurküsse ausgesät
Schlürft er in den Städten fahl.
In der Autos Röcheltuten
Gluckst ihm dünn dein Husten ganz.
Sprengt er laut entzwei die Buden.
Zirpt der Karusselle Kranz.
„. . . Jäh in Huren die hohl kichern
Schnappt dein höchster Triller über.
Rette uns zu dir hinüber
Engel . . .“ Herbstlaub wischt der Dichter.
Unter Türen, Räderspeichen
Kauert brüchig das Gebild.
Harfenfinger in die Leichen
Krallt es schüttelnd, tönend wild.
„Wiesen streust du aus. Im Gang
Kräuseln Wälder. Ströme Falten
Zündeln hoch in mystischem Schwang.
Kniee stoßen grad basalten.
Um die Schläfe schmiegt dein Gang.
Langsam schmilzt der Stern ins Haar.
Flöte summt der Samowar.
Weite Weite gräbt sich trüber.
Rollt ein Atem — Nächte Wind.
Pferdeaugen blühn im Kind.
Engel rette uns hinüber! . . .“
Wir möchten uns begreifen
Hindurch, ja ganz das Unsere
In tauben Küssen fühlen.
Das alles: Bett, Fluß, Stühle,
Im Haar von Rosa Schleifen . . .
Das aber schreit als Unseres:
Im Schoß das Haupt zerwühlen,
Wie Stürme fetzend durch die Körper schweifen.
Oft nächtens wir uns tönend schwingen
Aus brüchigem Mund zu vollerem Baum.
Empor aus Tier und öliger Straße fingen
Auf Lüften selig gleitend ein wir Gott und Sternen-Raum.
Da stürzten Väter borstig-jähe
Herab den Trunkenen aus den Sphären.
Schwangere Mütter kreischend scheren
Ihm ab der Locken Schnee.
Das Grab klafft uns bereitet.
Flößte uns Gifte ein im Trunk.
In Herbst-Laub fahl gekleidet
Wir schwieren in der Dämmerung
Der großen Städte. Quollen
Nicht Fahnen Ruß aus Stein und Schlot.
Man Nebel schlürft zum Abend-Brot.
Die Därme gleich Fabriken schollen.
Und Echo brüllte tausendfach.
Da rinnen Augen klein. Erwacht
Des Engels Daseins-Blüte?!
Er geußt die Lilien-Hand. Ein Strich
Bog ab der Brust den Messer-Stich.
Neu formt er Rock und Hüte.
Wie Bläue hell durchs Land geweitet
Schlug auf in uns er Zelt und Pfühl.
Am Firmament heroisch schreiten
Wir aus, zu Flöte süßestem Spiel.
Du Einzige,
Die mich verstand
Die meine glühenden Verbrechen
Selig verwand.
Die meinen tiefen Schöpfergram
Ins Heilige gemildert
In ihren Geist hinübernahm.
Mombert
Dein Gang elastisch. Die Gelände wirbeln.
Ein roter Dorfturm stach verzückt ins Blau.
Die Rinnsal-Straßen mögen dich nie fassen.
Turban deines Haupts —: Spirale blumigen Regenbogenflusses.
So müssen immer Städte dich besingen,
Der grünsten Falterwiese zirpende Schalmei,
Von Reisauflauf ein Ruch dich ganz bedringen.
Da Kinder kehren Wäsche unterm Arm vom Baden heim.
Du: die Entfaltete. Geblümte Möbel reihen sich dir zum Halsband schlicht.
Ists auch kein Sieg der aus den Gewaltmärschen längs der Küste deiner Lippen blüht.
Immer aber schon ein Streif Paradies aus dem Tau deiner Haare sich löste.
Jener Märtyrer-Brüder Phalanx sucht sich in dir zurück.
Libellen muntere über dem See im Spiegel deiner Ovalnägel wiederfanden sie sich.
Der aber als violettes Zebra im Gitterkäfig, von der Mondschlucht
Weich beraunt . . . O geschnitzte Karussellpferdchen dich melodisch umkreiselnd!
Du heilige Jungfrau, Mutter unsere! Palast in dem der Mann vergeht zu Urkindwildnis, Jünglinge siedende gossen sich sterbend über die Planke deiner Hüfte.
Oft. Und einer um den anderen.
Je nachdem . . .
Viel Ozeandampfer hängen in Korallenzweigen,
Mit Fischen ziehend durch das Lochgebiß.
Dein Lächeln könnte sie zusammenfügen,
Die schwebten wieder groß im Meer gewiß.
Wie tausend Tote gleich Geliebten kauern,
Sie spreitzen sich gens wolkichte Gebild.
Wind stutzt die Dornen der Granatenbrände:
Atem dein auch glättend den Berserker wild.
Mütter so dich immer wiederholen:
Schreiterin im sprühenden Ornat.
Vielecksonnen breiten auf den Wangen,
Dem vom Schleier überzogenen Gletscherfeld.
. . . und immer muß sie aus Geräuschen brodeln,
Hinflutend auch im großen Nächtewind.
Symphonisch Klirren der entfachten Fenster
Aus derer Augen zuckend bräunstem Rund.
Die Teiche vor der Stadt sie lächeln dich.
Dich meint die Heimkehr tönender Soldaten.
Zu deinen Füßen baut sich Strich um Strich,
Und Plätze mit der Sonne schwer beladen.
Wie klar es ist: daß dich der Zug nur will,
Der von der Brück ab in den Äther springt.
Die Transparente blitzen deinen Namen.
Du aller Kinos dröhnendes Plakat.
Und wenn dich noch die kleinen Dinger rufen,
Rot aus dem Bauch in spitzigen Glast geschält.
Auf Bänken Strolche sich in dir verankern.
Dich jeder ausspricht der ins Dunkel stürzt.
Erlöste Tiere ruhen in deiner Fächer-Hände Schatten,
Weit Menschenvölker spielend miteinand.
Die müssen bunte Fahnen um dich flattern.
Muster eingewoben dem Gewand.
Zinnobere Bäche. Mosaik der Wälder.
Gehäuft ob Bergen Trichter Sonne gell.
Firnis des Monds. Verschlungener Täler Brausen.
Geborstene Städte — brüllende! — Schalmei.
Und Niederknallen blökender Idioten —
Und Dächerbalanzieren, sternwärts Taumeln —
Und Liebender Geflüster vom Kanal —
So buntgeflickte Segel hissen dich!!
Er wird dich durch die vielen Länder tragen
Der junge Dichter, strahlende um ihn.
Ein Himalaya muß er tönend ragen,
Um den die Schwärme, Stern und Wolken jagen,
Zu dessen Füßen neue Städte knien.
Wie schlingt sich wirr um ihn dein Haargefieder.
Der Küsse Knospe reiht sich dicht zum Kranz.
Ein zitternd Fragen, Hin und her Erwidern.
Das zuckt wie Harfe aus den Lüften gell.
Der Geist, der Geist er muß Gewalt beenden,
Die stinkicht aufquoll: Krieg an allen Enden!
Den Geist der Tat, du wirst ihn heftig läutern
Beginnen! rufen. Zeigen vor uns wild.
Hah! Schon zu Hunderten Kasernen meutern.
Nun werden sich die alten Staaten häuten.
Du trägst dich vor uns gleich ein Palmenschild.
Schwebst, Heiland licht, durch tödliche Gewimmer.
Sichtbar am Horizont als Rosenschimmer.
Du Hüterin! . . . Da reißt sich schief
Grimassenhäuser Front, da packen
Der Gäule Hufe ins Gehirn.
Ein Dom treibt Widerhaken.
Du Hüterin . . . Die ziehst du all
Heraus magnetischer Streichelhände.
. . . O Haupt im Tabernackelschoß . . .
Laß mich, dir gut, vollenden!
Und Tag! und Tag! Hah grellstes Licht
Peitscht an, rings Züge sausen.
Ein lilabrauner Himmel schwer
Presst tief. Im Pflaster scheint uns wer.
Gespenstertote hausen.
Man brüllt nach Du. Dein Atem bricht
In längsten Samumstößen.
Es stockt und ebbt schon der Tumult:
Melodisch schwemmen Abendfluren.
Wir Fabelschiffe wiegen.
— Du fütterst ihn. Du ziehst ihn groß.
Wie ist er da entsprossen!
Gleich Fahne flackert dessen Hos.
Vorbei die Kugeln spritzten.
Von dir gedacht er: so gefeit.
Gestauter Welt ein Zünder.
Die Arme wehen Signale weit.
Ekstatischer Verkünder!!!
O Einsamkeit — jetzt überwand
Dich heißestes Zerdringen.
Mein Prisma du, von mir durchbrannt
Zu tausend Strahlen schwingend.
Du streichest aus der Frauen dumpf
Gehock. Kristallenen Klumpen knetend,
Jäh meiner Brust: finster geballt.
Ein Labyrinth von Schimmelwald,
Erfüllt mit Mord der Schul und Väter.
Wir kehren nicht zurück zum Schoß,
Gen Scharlachdämmerungen.
Vom Fundament wir bauten los
Uns. Tod ward übersprungen.
Du Brücke aus der Nacht Revier —
Geharnischte Winter schlagen.
Wir schweben fest! Der Kragen
Dreht sich zum Strick. Du löst ihn mir.
Du Engel an der Pforte.
So bin ich aufgeschält.
Es blühen aus Vase meines Munds euch Heimatworte.
An deiner Stirn sich reibend auf perlig: ein Lilienfeld.
Verhüllte Meere knistern
Herein, der Donner breiter Takt.
Wir aber landeten an Küsten
Mit Gärten, Mond und Freund beflaggt.
Du klaffst: des Eilands Brunnen,
Daraus der reine Mann sich schöpft.
Nah Aeroplane knurren.
Ein Sterngewimmel tropft.
Von schaukelnden Tribünen
Gleich Flamm der Dichter loht:
Der Völker Psalmenhort,
Die rings um ihn wie Herden dehnen.
Ja —: brüderlich Verschmelzen!
Nicht einsam, sondern jeder sein!
Abschraubt des Hochmuts Stelze!
Fahrt in die Huren ein!
(Schraubt euch auch dumm und klein!)
Der Mantel wie ein Drahtzaun
Schlingt sich um unsere Hüfte.
O lasset uns restlos vertrauen!
Geschminkte Masken lüften!!
Du hast es ihm vollbracht:
O brüderlich Verschmelzen.
Nacht schwillt: Lampione-Nacht.
Geteerte Sommer wälzen.
Wir blättern strahlend Fächer.
Von deiner Augen Süßsee
Schlürft oft der Lippe Mal.
Frau Else Hadwiger gewidmet
„. . . So wiß es —: daß ich nachts die Straßen jage:
Die Brust sie geht ein Segel auf nach dir!
Die Gründe Firmamente spiegelnd tragend
Sie tosen wirr. (Nun triumphier!!!)
Dein Lachgeheul sich in Laternen ballend.
Die Gäule wiehern ironischen Salut.
Des Pflasters Schaukelflur sie springt auf knallend.
Durch Frühen schwemme ich. Gebirge Schutt.
Grandioses Vieh . . . wo dick dein Atem webt,
Die Stadt zerbeulend. Steigend auf als Säule.
Und ich! Und ich! . . . Es schnappen tausend Mäuler:
Den der im Sud der trüben Schlämme klebt.
Grandioses Vieh . . . Ins Kugellager des Gehirns verwachsen.
Mein Stampfen schlingert. Die Maschine stoppt.
So schreite aus —: den abrasierten Kopf
Des Männchens eingespreizt in waldigen Schoß.
Grandioses Vieh . . . gehetzt wir schleifen durch Lokale.
O wie ich greif und greif nach tausend Skalen.
Die Stirn sie knittert. Labyrinth es träuft.
Dein Bild verzerrt vor alle Welt zu malen.
Mannschaft zu werben. Du! In deren Strahlen
Granitenes Monument du schmilzt!! Ersäufst!!!“
Melodische Gärten taucht ihr langsam unter.
Tag dreht herauf, von Blitz und Blitz bestellt.
Fortläuten Trams sich durch die Straßen munter.
Haar der Alleeen, grünster Flor, sich wellt.
Melodische Gärten taucht ihr langsam unter.
Verlerntet ihr es —: bogenes Streicheln kühl?!
Auch tobt die Flur, von Explosion durchmessen.
Geliebter weit, der euerer Locken Harfe spielt.
Pulver Gebraus wird Mond der Lippen fressen.
Die ihr verlernt es —: bogenes Streicheln kühl.
Da lösen Promenaden hoch ab sich vom Schmetterlingenhang der Schultern.
Haubitzenloch der Sintflut Arie blies.
Zu Gräben Gräben! aber wandelten sich um die Pulte.
Die Toten sprechen manchmal im Verließ.
Ja —: Promenaden lösten hoch sich ab vom Schmetterlingenhang der Schultern.
Faust krallt der Männer. Schwimmet zueinander!
Zerschmeißet des Geschlechtes Sklaverei! Die rasend unerhörte Höllenpein!
Zu neuen Küsten —: Aufbruch! Zug und Landung!
Es müssen Brüder sein!!!
Vom Chor der Freiheit aufgezückt. Entbrannte.
Wo Regenbogen springen kreuzweis mittendurch —:
Es schmilzt der Gletscherbrust Gestein.
Namenlose alle! Nicht Gesagte!
Wo, wo trifft man euer Angesicht?!
Euch zu sammeln ist es längst zu spät?!
Klafft es heulend —: jenes Angesicht —
Von der Häuser Löcher übersät.
Von Kanälen kreuz und quer gekerbt.
Von dem Plätze-Pickel bös zernagt.
Übergleist vom Mörtel wallenden Laternenlichts.
Langsam muß der Dichter euch entgleiten,
Viel zu lange schon bei euch verweilt.
Donner rast. Ein endlos Messer flicht
Sich dem Körper ein. Granate bricht.
Hoch den Dolomiten die sich seilen.
Euch umrankend hat er übersehn
Den Komet, der schweflicht sich am Himmel wand.
Was uns bleibt?! Auf Flur der Leichen gehen.
Ach, nicht trocknet mehr vom Blut die Hand.
Fahnen schwebet nach ihm euer Winken.
Welche Stunde bringt uns einst zurück?!
Auf die Wangen zackichte Sonnen schminkend
Bröckelt ihr an Toren: zu gebückt.
Ach, wir waren nur uns Opfer beide:
Ausgeplündert oder überzückt.
Laßt allein uns tilgen aus von jedem Leid.
Ohne Schmerzen kehren wir zurück.
Einst gleich Fächern auseinanderstrahlet
Unserer Körper eingefallener Bau.
Auf den Plätzen stehn wir: Kathedralen!
Ein Gestirn kreist wild ob unserem Haupt.
Regenbogen in die Landschaft malend
Sich das Aug, ein Periskop, rundschraubt.
Unsere Stirnen aller Armen Schild.
. . . Wanderung im Seligen-Gefild . . .
Novus nascitur ordo
Mirabeau, 1. Mai 1789
Um den 30. Juli 1915 herum fiel — gegen Frankreich verschickt — der vierundzwanzigjährige jüdische Handlungsreisende (mir Freund und Dichter) Albert Michel aus Allach (oder München). Nicht daß er sich noch kühn selbst gelang, aber immerhin der Wenigen einer, die disziplinvoll genug, erkämpftestem Führer vertrauend sich anschlossen. 2. bayrisches Reserve-Infanterie-Regiment! Soldaten der 3. Kompagnie! Erkennet ihn groß —: euerer ewigen Fahne wahrhaften Träger! Ihn — Geist vom Geist!
O Morgen der uns Hyazinthe scheint!
Nicht klopfet mehr so der Geschütze Fieber.
Zu nah Geduckten gleiten wir hinüber,
Auch euch Zerschaufelten im brüchigen Schrein
Der Grüfte. Brei gehackt im Labyrinth.
Ihr bei Loretto . .! Gase Pest
Steigt Gloriole grause an dem Hügel.
Da — erdenen Röcken wuchsen Engelsflügel!
Aufschweben wir umsäumt von rosenem West.
Im Nebel hocken Regimenter blind.
Wir lüften euch Verwirrten bald die Schleier.
Und stürzten wir -: der große Tag bleibt euer.
Hört: führt herauf — es strahlt! — zum Totenfest
Europa!! Blut kitt ungeheuerst!!!
Soldaten! Brüder! Um Kolben euerer Gewehre blühen Tannen —
Wälder, und Räume einer heiligen Saat!
Die Sterngefilde blanker Bajonette spannen
Sich neigend über dem entsunkenen Staat.
Wir Schaukler durch die nächtigen Ozeane.
Vor weißer Küste fraß uns der Taifun.
In Augs verschlossenem Spiegel kreuzen Fahnen.
Vergilbte Schärpen in den Leibern nun.
Das Haupt zerstrahlen jene breiteren Dämme,
Kolonnen überschwellt. Ein Brückenbau.
Die Kathedrale, deren Türme stemmen
Auf den Azur. Ein Drahtverhau
Biegt sich als Dornenkrone um der Stirne Rund. Gleißend
Das Regiment, elastischer Panzer, zieht
Empor die Serpentine um die Brust. Geleise
Am Horizont nach dem Gestirne kniet.
Wie denken wir euch Brüder in den Städten!
Dich jungen Dichter, in den Platz gestellt!
Ein Monument, um das des Volks Schwarm bellt.
Du der sich brüllend aus dem Jahr muß fretten.
Doch der sich bohrt durch Höllen-Abenteuer.
Am End der Heros. Vor Europa führt.
Evangelist der Zeit. Ein Jäher. Neuer.
Einst Pyramide er. Bengalisch Feuer.
Ja —: dess Gesang die Massenlöcher schürt.
An den General
. . . Verreckend schau ich feistes Antlitz dich.
Wie spaltest du, elendes Wrack, entzwei!
Aus dess Gehirn entsprang uns Stich bei Stich.
Anschob die Faust purpurene Bastei.
Armeeen stampftest in ein Höllgrab du.
Wozu?!
Schon finstere Haufen sich zusammendrängen.
Es malmt zu Brei dich heulender Ballast.
Die aber schraubten jubelnd hoch sich, schwängen
Wirr tanzend auf der Dächer Silberglast.
Dein Sturz der Völker Paradiesgeläut.
Antönt es heut.
Das muß enorm von Raum zu Räumen schwillen.
Zersplittert Mauern! Rast! Durchbohre Damm!
Da öffnen donnernd sich des Tags Ventile,
Verschoß in Blitzazur der Nächte Schlamm.
Verfluchte ihr des Todes Lieferanten!
Kasernen stranden.
Die Straßen (Häuserchöre streichen) wallen.
Es zückt die Stadt. O weißlich Sommerfest.
Ein Vogellüster auf und niederfallen.
Zu Rieselhalm verwandelt Bajonett.
Umarmt von Tieren Menschen ziehen,
Gestreift süß bunter Melodien.
— So will ich gern dir deine Falten glätten.
Ich fühl mich als des Daseins Untergrund.
Der mußte uns in Knochenwirrnis betten.
Zur Fahn entknospet sich mein Lippenmund,
Daraus elektrisch blättert Strahl um Strahl:
Mein General.
Er geht durch Wälder. Lautlos unbewegt.
Wo gar kein Raum ist in der Luft zum Schrein.
. . . und würgt und würgt. Da gern es schlafend trägt
Ihn, hängt er sich ins Horn des Hirsches ein.
Betaute Wiege. Doch erwacht er grell
Matt gießen Mond und Sterne sich herein.
Ein wenig plätschert er im schwarzen Quell.
Er schlürft berauscht vom bitteren Abendschein.
Seltsam durchmischt verblieben die Geräusche
Aus jener Stadt, die knospet auf im Blut.
Von zweien Kindern ausgebrochenes Kreischen.
Wie Blasen steigend Böller Festsalut.
Auf einmal dann —: gestreckte Schlote zischen.
Andante-Baß der Straße bunter Ton.
Wo Brüllen . . . Haufen schleifen an. Lang Wischen —
Am Ende schlüpft heraus ein Grammophon. —
Er geht durch Wälder. Lautlos unbewegt.
Wo gar kein Raum ist in der Luft zum Schrein.
. . . nur manchmal wie umarmend schlägt
Den Kopf er brüderlich ins Moosgestein.
Mittelpunkt du rasender Geschwüre!
Deine Poren brachen auf, nun blähen
Geysirs Blut daraus. Gewölbe knallen
Dir zu Häupten. Orkus faucht dich an!
Völker zogen singend dir zu Füßen
(Frauen hackend ein der Väter Arm,
Kindlein flattern an Musiken: Fetzen —),
Völker brausen in die Gruft der Schlacht.
Eiter spritzt zu goldener Hüfte Planken.
Auch Gestrüpp von Därmen wirrt sich drum.
Große heilige schöne buntere Schiffe,
Lächelnde Delphine, Prunkpaläste . . . .
Schiffe menschbesät, o morgenfrische
Süßest gleich Geliebten, Schauklerinnen
Schwarzer Meere, rinnende Sternenküsten —
Ah, dein Atem spießt sie jäh zu Grund.
Nicht Gewitter-Trommeln dich Erlauchten rühren,
Finster rollend ob der Leichen Flur,
Nicht daß Weiber, klopfend kaum an Türen . . . .
Weichen sie doch, zückst du Messer nur!
Grauser: neu gewelkten Brand zu schüren
Jüngst dein Wort durch die Gemarke fuhr — — —
Explodier o Raum!
Fern der Menschheit Traum!
Ordenspanzerbrust absplittert Dolch und Schwur!!!
Nein! Tyrann! Nicht würgten Barrikaden
Dich zuend. Noch Salven Höllenflug.
Pyramiden Liebe auf dein Haupt wir laden.
Schmilz o schmilz vor freiester Güte Bug!
Sänge überspülend in Kaskaden
Monument dich. Auf all Himmel schlug.
Nebel zünden, rings Gewölk zerrann.
Arme breiten Völker dir Tyrann!
Hinauf, Menschen! Heraus aus euerem Schmutz, den ich nachmale, euerem Elend und euerer Schande, die ich nackt hinstelle. Hinauf mit mir: arbeitend ihr und ich. Wir sind Brüder. Nicht viel Worte davon. Es heißt seine Pflicht tun.
Zola
Um dich gruppieren sich die Neuen Städte.
Zementene Quadern. Dächer Überfall.
Um dich Fabriken klares Frühmeß-Schmettern.
Der Donnerzüge steilster Kurvenwall.
Um dich gruppieren sich die Neuen Städte.
Es starren Dickicht rund die finsteren Völker:
Dornkranz der wie von Höllen widerscheint.
Zerzauste Himmel drauf (Ruinen) welken.
Die Riesenpyramide aus Gebein.
So starren Dickicht rund die finsteren Völker.
Zu dir verstrecken sich die jungen Dichter:
Koloß der Arbeit. Krachend aufgetürmt.
Hah: Massen wälzen! Von Tribünen spricht er
Der Hymnische. (— Du Leite mir und Schirm — ).
Zu dir verstrecken sich die jungen Dichter.
Da knospet auf aus deinem Inselgarten
— Und strahlt! — der Menschheit blaue Morgenwelt.
Du schwebst ihr vor. Zurück aus Orkus-Fahrten.
Ein jeder groß und blühend eingestellt.
Wir knospen auf aus deinem Inselgarten.
Ja leucht und sprieß und schaukel in den Winden
Purpurnes Schiff! Die faßt wohl alle sie.
Asyle platzen und Kasernen schwinden,
Durchdrungene von der Brudermelodie.
Purpurnes Schiff! Demokratie!!
Zola —: es soll uns selbst der kleinste Traum zersplittern!
O Trinität des Werks: Erlebnis-Formulierung-Tat!
Gehirn ein Block Kristall heiß durchgeschliffen.
Fanfare brüll! Schaut: diese Straß biegt grad
Hinein in den Tumult und durch! Gewitter
Sie hängen drum. Emporgestemmt von ewigen Imperativen.
O süßeste: Traum der streicht wie Sommer lind!
Doch bald mußt du wohl mehr sein als ein Ahnen.
Da blüht er auf wie kleinster Duft von Wind.
Ein Engel durch der Leichen Schlucht sich bahnend.
Dein Tag —: er wölbt! Die Stadt birst vor Geläut.
Der Sonne Fluß erbraust in jeder Straße.
Gemäuer hoch sprießt goldener Strahl-Efeu.
Fanfarenmünder Halleluja blasen.
Das Blutgefild verbaut zu weichem Beet,
Zu Wald und See mit Stern und Wolk darein.
Millionen Toter schwarze Fahne weht
Breit auf vom Grund. Zerpeitschte Lüfte schrein.
Wird sich ein Blitz zum Mord im Abend zücken!?
Nein. Menschen wallen Heilige im Chor.
Auf Promenaden mögt ihr Frauen pflücken.
Ein Bund von Freunden tritt im Platz hervor.
Ihr —: laßt uns gern vom ewigen Frieden reden!
Ja, wissend sehr, daß er Gestalt gewinnt
Noch süßester Traum nur. Unsere Hände jäten
Das Unkraut aus, das jenen Weg bespinnt.
Ertön o Wort, das gleich zur Tat gerinnt!
Das Wort muß wirken! Also laßt uns reden!!
Da — ein Meteor sich ab die Bombe löste.
Rings blüht, Geschmetter, auf sie in der kleinen Stadt.
Er aber brüllte an den Engel, daß er höre . . .
Herab floß in Spiralen der. Gewitter töste.
Bald fliegend neben ihm, bald bog er auf.
Verfolgend ihn. Ah, klirrendes Gerenn.
Propelleratem streift ihn, Höllensturm.
„. . . Ich laß dich nicht, du segnetest mich denn . . .“
Dann schrieen sie in wirrester Diskussion
Einander zu. Da schäumt von Bein und Fetzen
Gestrüpp um ihn. Tragflächen schmolzen.
Aufkreischt der Motor. Dessen Brust klafft schon
Entzweigekreuzt. Es kippt der Apparat
Und saust und bohrt. Und eines Rauches Säule
Steht mitten auf. Durchschnittene Äther heulen.
Enorm. Ja —: eines Rauches Säule grad.
Der Sockel —: Trichter aufgefüllt mit Kehricht.
Jehovas Wächterengel aber rauschend schwebt
Durch Lüfte quer. Errichtend tausend Säulen
Ob heimgesuchter Städte grausem Wundenmal.
Wie geschah, daß nicht zusammenfanden
Du und du. Daß wir uns einsam-wund
Hah! verzweifelt an Nacht-Häuser banden,
Kaum erkennend —: Flügel eines Munds.
Von erhellten Räumen ausgeschlossen
Wir Verdammte zu der Straßen Flur.
Lüster (Kelche) Licht aus Fenstern gossen,
Uns Glanzschleier, lockend Tränen nur.
O —: wer hat zuerst dich angesprochen
Göttlich Du!? Ein Bruderfirmament
Wer erbaute es?! Zerstochener
Leib des Freunds, da er sich von uns trennt?!
Spieen es die Mäuler der Haubitzen
Jenes Urwort belfernden Geschreis?!
Scheinwerfer mit schrägem Strahle blitzend?!
Rollt es mit den Zügen stets vorbei —?!
Brüder! Brüder! Kann es längst vergessen
Ein sich spinnen in entfernter Bucht?!
Dostojewskis Feueraugen fressen.
Rasend Tolstoi in der Weite sucht.
Haben Mütter euch zum Mord geboren?!
Euer Schicksal —: schwank und qualgehetzt,
öffnet, öffnet euerer Brust die Tore,
Drein Azursee stürzt!!!
Wallen mögen hier die breiten Scharen
Jener Toten. Düsterer Trommelzug.
Wald erglänzt von aufgelösten Haaren.
Münder strecken sich zu Siegfanfaren,
Langsam steuert schimmernder Brüste Bug.
Rings die Mädchen flattern gleich Libellen.
Droschkengäule tönend eingereiht.
Wir Zentrale. Städte, Länder schellen.
Welt gerinnt. Harmonisches Geläut.
Und so wird die blanke Zukunft tagen:
Heiliger Staat, der quillt aus unserem Blut.
Keine Frauen an den Männern nagen.
Freunde schreiten groß und hochgemut.
Noch wir durch der Nacht Gewimmel jagen,
Auch bespült von stinkichtem Ekelsud.
Denn —! die Menschheit ist verrückt,
Längs und quer zerstückt:
Räuber-, Mörderbrut.
Trotzdem — überherrlich aufgelassen
Wälzt durch Münder Schleusen — gleit o Hass! —
Der Gesänge Strom.
Bajonette schwank wie Halmzeug knicken.
Schwarze Vöglein hüpfen Brownings nickend.
Fetzen Wolken knittert der Pogrom.
O —: anhebt ein Zueinandereilen.
Nichtmehr Schründe klaffen tödlich-tief.
Harfen wiegen. Zwitschern. Gestern Henkerbeile.
Kleine Sonne platzend letzte Bombe stiebt.
Weiße Dome schweben auch Fabriken.
Frühling in ovaler Fensterbogen Lücken.
Flöte dehnt der einst so schrille Pfiff.
Liebende auf weichen Dachgeländen
Sich dem Hostienmond entgegenwenden,
Immer höher steigt ihr Schiff.
Spät —: sie werden sich noch dumpf erinnern
Der Gezeit aus Tod und Rauch und Pfuhl,
. . . Dörfer knistern. Angeschossene wimmern.
Marterkinder starben an der Schul.
Ja —: sie müssen sich zusammenfalten
In die Lüfte ragend silberner Strauß.
Auf und ab als Schaukler Balsamwinde gehen.
Monument —: nach Jahren zu bestehen,
Wieder wenn aus wütig eingekrallten
Menschenknäueln zuckt Gebiß und Faust.
Splitternd tanzen um die vielen Plätze
Mit der Bürger lautestem Märkteschwall.
Brüder! Unser Odem —: Leid zu letzen
Streich zurück den noch gewordenen Knall!!
Hört ihr nicht heraus der Tausend Warten?!
Wer ist jener, den die Schuld betrifft,
Daß das Reich nicht zu uns kommt?!
Aber Lanzen stochern, Hellebarden
Pflügen auf phantastischer Wolken Trift.
Pferde klappern — —
Brüder! Reisst die Helligkeit hinunter
In der Städte ödes Schlachtgefild!
Zerrt die Straßen hoch und schmückt sie bunter!!
Tausend warten wild — — —
Gott du Zünder, so uns geistwärts führst:
Gott aus spitzigstem Gehirn geschöpft.
Leuchtturmfeuer innigste Eintracht schürend.
Zwiespalt Tücke donnernd abgeschröpft!
Morgenküsten nähern sich Spelunken,
Schmelzend ein Asyl.
Ihr —: Gefängnisse von Abends schattener Gnade trunken
Müden Engels sanfter Wiegenpfühl.
Wo sich Sonne beißt in Wüstenorte
Stellt sich Zephir, milderen Hauchs, bereit.
Körper im Aussatz verdorrte
Gehen auf Landschaften Edens weit.
(. . . Körper von der Väter Hieb zerfleischt . . .)
Von der Störche dunklen Herdenschwärmen,
Der Balkone Rechteck überdacht.
Wunder —: finsterer Klumpen der Gedärme
Ward zu knospener Schlingung aufgefacht.
Brüder! Nicht vom Zauberwort Berauschte
Weih ein jeder sich der ewigen Tat!
Nicht von Orgeln glühend aufgebauscht . . .
Unser Psalm befiehlt euch —: heiß und grad.
Tretet an den Marsch! Freiheit auf die Fahnen!!
Dich antike Welt zertrümmere solcher Schwung!
Ein Gestirn enttaucht. Kreuzt ob unserem Plan:
Himmel der Verbrüderung.
Er war hinabgestiegen und er schaute.
Da schwankte wie ein Schiff das Fundament.
Zum Himalaya hoch ein Blutmeer staute.
Land angereiht an Land — ein Schrei stößt! — brennt!
Und welche, die Fontänen auseinanderspritzten —
Die Flügelarme flatternd ausgereckt.
Und welche hinter Kartenpulten sitzend —
An buntem Plan das feiste Antlitz leckt.
Gekreuzt ob Epauletts die Marschallstäbe.
Millionen stapfte solch Gehirn zu Brei.
Millionen mußten in den Böden kleben.
(. . . O Knall, Dreihunderte zerfetzten eben . . .)
Millionen vorgeführt gen die Bastei,
Wo tackend Läufe die Portale zieren.
Granate fort der Dome Blüte scheuert.
Scheinwerfer (Stromband) in der Runde schmieren.
Da waten Regimenter klein durch Feuer.
Und stürzen ineinander. Messermauern jäh.
Emporgeschweißt bald. Strahlend zugerichtet.
Und stürzen ineinander. Kauernde . . .
Posaunen rast ihr einst, o Höllentrichter!
So hängen sie gleich zappelnden Figuren,
Exakt an Schnürchen hin und herbewegt.
Doch in den Städten hausen schöne Huren.
Geschminkt mit Blut die Wangen. Grabwind fegt
Aus deren Poren. Und die Federn nicken
Gleich aufgezücktem, umgebogenem Arm.
Hah —: dort anblähen pustend sich Fabriken,
Bestien fett im wütigen Alarm.
Dann kroch er fröstelnd durch Tumulte Hungers.
Gespickt mit Aussatz. Überrauscht von Pest.
Um spät zur Früh am Straßeneck zu lungern.
In jedem Tier, in jedem Mensch verwest.
Aus jedem Mensch, aus jedem Tier erstanden!
Er riß den Mantel von der Schultern Bug.
In dessen Brust, dem Krater, Sonnen brannten,
Umschwirrt von der Gestirne Donnerflug.
Nun trieb, was heulend er oft nachts gedichtet,
Heraus —: es scholl: Der Neuen Welt Programm.
Du Himmelreich in grauser Schlacht errichtet.
Ein Sturm zerschmeißt der Bösen morschen Damm.
. . . Er baute vor sich. Krallend Fäuste kneten.
Durch Finsternisse sticht er, kreisendes Plakat.
Ein Männer sammeln. Von Tribünen reden.
Er tönt, ein Riesenhorn, den Psalm der Tat.
Antike Städte unter Dröhnen knittern.
Melodisch schwingt schon nächstes Paradies.
Aus Tänzerinnen weichstem Mondgeflitter
Noch trüber Wallung voll der Tag sich gießt.
In Elfenbein. Von bunterem Wind gesalbt.
Der kämmt zurück der Nächte Schlinghaar falb.
Senkt das Gestirn in aufgestemmte Brust.
Er hobelt ab verkohlten Leibes Krust.
(. . . und Wimmern ebbt und sägendes Gehust . . .)
Er war hinabgestiegen. Auf er bog
Mit Höll im Arm, die süßer Mai bezog.
Lang tobte Chaos in dess Angesicht.
O neue Welt! An jetzt uns Freiheit bricht!!!
Da rollen Züge tönend im Gelände,
Das auf sich wölbte, breit und wunderbar.
Er schwebt — ein Fluß verknüpft sich noch vorm Ende,
Dran Häuser stehn wie weiße Kinderschar.
Lichtsäulen schreiten Menschen überall.
Kristallene Wälder blitzen in den Räumen,
Verzogen der Gewitter Überfall.
Gebirge Katarakte Donner säumen.
Wie tausend Brücken spreizen aus dem Land,
Mit Kurvenwirbeln strahlend in den Äther!
In Sommerluft, dem Schmetterlings-Gewand
Mag steigen ob der Dächer Flur wohl jeder.
O heilig Paar das wie ein Kelch aufsprießt!
Von blauer Lämmer hellstem Flor umläutet.
Stern an Stern durchflochtene Wies:
Spiegelglätte, Nacht und Meeresweide . . .
Entreinigt euch der winterlichen Städte,
Der Nebelstraße tauichtem Gebrest!
Wir grüßen Sonne dich! Erhabenes Schmettern.
(. . . einst Blutschwamm übern Himmel ausgepresst . . .)
Nun Scharlachlüster sprühenden Geästs.
Nationen ewige, so ihr befreit
Euch — Tat! — aus mördrischen Tyrannengriffen!!
Wir drehen aus der Kriege Dunkelheit,
Emporgeschraubt, wie Morgen rein geschliffen.
Nicht daß mit Peitschen mehr uns Henker bannen.
Rings Völker brausen in die Himmel grad.
Sterngefilde blanker Bajonette spannen
Sich neigend über dem entsunkenen Staat.
Erster Teil: Kreuzzug · Ekstasen der Zärtlichkeit · Abschied von den Frauen | |
Ödipus. I u. II | 5 |
Mädchen I—IV | 7 |
Aus den Sonetten um C. I—IV | 11 |
An C. I—III | 13 |
Ekstasen der Zärtlichkeit I—IV | 17 |
Gehaßte Frau | 23 |
Abschied von den Frauen I u. II | 24 |
Zweiter Teil: Verbrüderung | |
Getötetem Freund · Vermächtnis des sterbenden Soldaten I—IV | 29 |
Der Entfernte · Georg Trakl | 32 |
An den Tyrannen | 33 |
An Zola | 35 |
An den Frieden | 37 |
Tod des Fliegers über der Stadt | 38 |
Verbrüderung | 39 |
Die neue Welt I—III | 43 |
Anmerkungen zur Transkription
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