»Ich öffne nicht.« ›Wer sonst?‹ »Tu du's!« ›Nein du.
Für dich ist er bestimmt!‹ »Doch will ich nicht.«
›Und wenn ich auch nicht will?‹ »So bleibt er zu!
's ist auch am besten so! Dein Angesicht
Ist mir viel lieber, als die Tinte da.«
›Doch –‹ »Still!« – ›Ich halt's für deine Pflicht!‹
»Ich habe keine, solang du mir nah!«
›So schick' mich fort!‹ »Ich war's nicht, die dich rief.«
›Nun gut, so will ich gehn.‹ »Geh!« ›Soll ich?‹ »Ja!
Ich halt dich nicht!« ›Indes – der arme Brief …‹
»Er dauert dich noch gar? Mitleid'ger du,
Da nimm! Doch hüte dich! Beim letzten schlief
Ich selber ein! Nun, hoff ich, hab ich Ruh!«
So scherzend schnellte mit der Fingerspitze
Den Tisch entlang sie einen Brief mir zu.
Er fiel herab; ich beugte mich vom Sitze,
Sie aber hielt mich rasch am Arme fest:
»Willst du durchaus, dass ich mich noch erhitze?
Was nützt ein Brief, der uns nur wissen lässt,
Was wir auch ohne ihn schon beide wissen?
Denn Stil und Satzbau sind nicht allzubest,
Und sonst, du weisst wohl selber, wie sie schliessen.
Dass ich nicht deine Frau, du nicht mein Mann,
Das ist nun so! Doch lass dich's nicht verdriessen,
Ich lieb dich doch! Sag – wer's verbieten kann?«
Sie lachte noch – doch plötzlich ward sie ernst,
Und sah bereuend, ängstlich fast mich an.
Dann sprach sie leis: »Wie schlecht ich bin! Du lernst
Von mir fürwahr nichts Gut's! Ich rate dir,
Dass du mich bald aus deiner Näh entfernst,
Denn schon verdarb ich dich! und bleibst du hier,
Wir werden schlechter noch, bis ich vor Scham
Dich nicht mehr ansehn kann; entflieh vor mir –
's ist schlimm genug, dass es schon soweit kam!
Nein, sag mir nichts! Die Worte tun mir weh,
Ich fürchte, dass ich schon zuviel vernahm –
Sieh mich nicht an! Geh fort! Ich bitt dich – geh!«