The Project Gutenberg eBook of In Monsun und Pori This ebook is for the use of anyone anywhere in the United States and most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this ebook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you will have to check the laws of the country where you are located before using this eBook. Title: In Monsun und Pori Author: Richard Wenig Release date: October 3, 2024 [eBook #74511] Language: German Original publication: Berlin: Safari-Verlag G. m. b. H Credits: The Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK IN MONSUN UND PORI *** Anmerkungen zur Transkription Im Original gesperrter Text ist _so ausgezeichnet_. Im Original fetter Text ist =so dargestellt=. Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden übernommen, lange Folgen von Gedankenstrichen auf eine einheitliche Länge gekürzt. Lediglich offensichtliche Druckfehler sind korrigiert worden. Der Schmutztitel wurde entfernt. [Illustration: Signet Safari-Verlag] I N M O N S U N U N D P O R I ★ VON RICHARD WENIG ★ SAFARI-VERLAG G.M.B.H. BERLIN W9 Alle Rechte, auch das der Übersetzung, vorbehalten Copyright 1922 by Safari-Verlag G. m. b. H., Berlin ★ I N M O N S U N U N D P O R I ★ DEM KOMMANDANTEN DES LETZTEN DEUTSCHEN AUSLANDSKREUZERS VICEADMIRAL _M. LOOF_ _IN TREUE GEWIDMET_ MÜNCHEN, JULI 1922 RICHARD WENIG _VORWORT_ Eine Reihe von Bildern -- Bruchstücke aus dem Schicksal des letzten deutschen Auslandkreuzers in knapper Form -- sollen das Eigenartige der tropischen Welt, glühender Sandküsten, sumpfiger Urwaldniederungen, endloser Buschsteppen, in denen sie sich abspielen, schildern. Ein verbotenes Paradies sind für uns Deutsche vorläufig diese fernen Zonen, nach denen wir uns mit dem Wandertrieb unserer Urväter, der Zimbern und Teutonen, der Goten und Vandalen, sehnen. Sie haben ihr Sehnen, da wo man sie hindern wollte, mit Feuer, Schwert und trotziger Kraft in Taten umgewandelt. Mögen sich die Völker hüten, die uns zu demselben Mittel zwingen! RICHARD WENIG _EINLEITUNG_ An einem lichten Junimorgen im Jahre 1914 steuerte ein schlanker Kreuzer, von der Heimat kommend, durch die palmenumsäumte Einfahrt von Daressalam, um den Schutz der deutschen Interessen in den Gewässern des westlichen Indischen Ozeans und an der deutsch-ostafrikanischen Küste zu übernehmen -- S. M. S. »Königsberg«. Donnernd krachte über die im hellen Morgenlicht daliegenden weißen Tropenhäuser, die Kirchen, die Boma hinweg der Salut, und leise fächelte der anhebende Monsun in den schlanken, hochstämmigen Palmenwäldern. Die Eingeborenen kamen staunend, und die Kunde ging von Dorf zu Dorf, an der Küste und im Innern weitererzählt, daß ein großes deutsches Schiff mit drei dicken Schornsteinen im Hafen von Daressalam läge, mächtiger und stärker als alle, auch die englischen, die sie bisher gesehen! Sämtliche Hafenstädte sollten angelaufen werden! Vor Tanga, in der Mansabucht, vor Bagamojo lag der graue Kreuzer, immer umgeben von einer Menge großer und kleiner Boote, Einbäumen und Dhaus, voll von neugierigen Kindern des Landes. -- Ende Juli ballten sich schwarze Gewitterwolken -- eifrig arbeiteten die Kabel! Dann schwiegen sie -- -- sie waren in englischer Hand. Da verließ der Kreuzer seinen Hafen, -- in der letzten Julinacht verschwand für ihn am Horizont der dunkle Streifen der ostafrikanischen Küste. I. IM INDISCHEN OZEAN [Illustration: Ornament] Kap Guardafui Zehn Uhr nachts -- man könnte meinen mittags -- so hell strahlt die runde Scheibe des Vollmondes über dem rauschenden Indischen Ozean. Er rauscht wie ein Fluß, dessen Lauf durch mächtige Felsblöcke gehemmt wird und sich nun in weißschäumendem Gischt rasend durch sein eingeengtes Bett zwängt. Von Süden, Südwesten kommend, peitscht ihn der Monsun mit elementarer Wucht und kämmt den im Mondlicht glitzernden Seen die schäumenden Köpfe, so daß die langen Spritzer weithin flatternden weißen Greisenhaaren gleichen. In lang ausholenden gleichmäßigen Schwingungen rollt der kleine Kreuzer »Königsberg« von Backbord nach Steuerbord, Steuerbord nach Backbord, tief mit dem Bug eintauchend oder ihn hoch über den Horizont hebend. Seine Masten beschreiben lang hingezogene Ellipsen an dem strahlenden hellen Tropenhimmel, Kurven, deren Linien sich manchmal in wunderlichen Winkeln schneiden und verflechten, wenn der schlanke graue Leib schräg in ein Wellental taucht und der Flaggenknopf des Großmastes sich nach vorn zu verschieben scheint. Die von achtern auflaufenden Seen rollen mit dumpfem Rauschen unter dem Heck durch und wischen dann brausend die grauen Flanken entlang. Pfeifend und stöhnend singt die Takelage ihr eintöniges Lied, das im An- und Abschwellen der Monsun ihr entlockt. Da drüben, weit im Westen, liegt der glühendste Teil des heißen Afrika: das Somaliland, dieses Land der weiten, unermeßlich weiten Sandwüsten, Sandberge, Sandebenen. Nehmen wir das Segelhandbuch zur Hand und sehen wir nach, was es über diese sich endlos nach Norden und Süden ausdehnende Küste schreibt, so finden wir, daß es fast nichts weiß, denn wenig ist darüber bekannt. Die Einwohner, schlanke, schwarze Gestalten vom Stamm der Somali, haben es bisher verstanden, die Geheimnisse ihres Landes zu hüten. In nicht aufzufindenden Schlupfwinkeln leben sie im Innern der weiten Wüste als Nomaden, oft ihre Lagerplätze wechselnd, und überfallen die Besatzungen der an ihrer Küste gescheiterten Schiffe. Selten hat man von diesen armen Schiffbrüchigen wieder gehört -- sie werden weit ins Innere des sonnendurchglühten Sandlandes geschleppt oder kurzerhand erschlagen. Dreimal haben die Italiener, die dem Namen nach Herren dieses Landes sind, versucht, auf dem berühmten und berüchtigten Kap Guardafui, der östlichsten Spitze Afrikas, einen Leuchtturm aufzubauen, dreimal ist er von den Somalis dem Erdboden gleichgemacht worden. Und jetzt liegt dieses mächtige, einem ruhenden Löwen gleichende Vorgebirge des Nachts wieder einsam und dunkeldräuend da, wie ein schwarzer Riese aus dem Wasser aufragend. Siegreich hat es das Werk weißer, nicht seinem Kontinent entstammender Hände abgeschüttelt und seine wilde Unnahbarkeit bewahrt. Dieses Kap sollen wir morgen gegen Mittag umsegeln. -- Wir lehnen an der Reeling der Kommandobrücke, machen, gleichmäßig das Schwergewicht des Körpers von einem Bein auf das andere legend, die langen Schwingungen des Schiffes mit und starren auf die mondbeglänzte See. Deutschland hat mobil gemacht -- unser gewaltiges Volk ist zu den Waffen gerufen. Wird es zum Krieg kommen? -- Um diesen Punkt kreisen dauernd alle Gedanken; schon über zwei Stunden unterhalten wir uns darüber -- mein Wachoffizier und ich. Unsere Verbindung mit der Welt ist so gut wie abgerissen. Sämtliche Kabel sind ja in Englands Händen! Nur der Funke spricht noch zu uns, aber er spricht nur wenig und das Wenige undeutlich, denn er hat einen weiten Weg zu machen. Von Nauen überspringt er ganz Europa, das Mittelmeer und die weite Sahara, bis er in Togo aufgefangen wird. Dann macht er einen gewaltigen Satz über ganz Afrika nach Muansa am Viktoriasee, um von dort nach Daressalam weitergeschickt zu werden. Die Hauptstadt unseres Schutzgebietes sendet ihn dann uns -- wieder hat er einige tausend Meilen zu durchmessen. Wir glauben nicht an den Krieg, die Völker werden vor dem letzten entscheidenden Schritt zurückschrecken! [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. Der kleine Kreuzer »Königsberg« im Hafen von Daressalam Juli 1914] [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. Der Kilimandscharo] [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. Der Meru. Die beiden Wahrzeichen Deutschostafrikas] Der Mond steigt höher und höher. Der Wachoffizier übergibt mir das Kommando, er geht in die Funkenbude, denn um diese Zeit soll, wie ausgemacht, Daressalam uns geben. Wir steuern genau nach Norden! Wie ein Pferd bäumt sich ab und zu der Bug, wird von einer rundanlaufenden See emporgehoben, daß der fast am Horizont stehende Polarstern verschwindet, und wuchtet dann wieder in die Tiefe, als ob die Erde unter ihm wiche, nach beiden Seiten Berge weißschäumenden Wassers schleudernd. Der Rudergänger sieht schweigend auf die hellerleuchtete Scheibe des Kompasses, die in ihren zweiachsigen Aufhängungsringen hin- und herpendelt. Mit starken, knochigen Händen hält er das Ruder, er legt es einige Drehungen nach Backbord, dann wieder Steuerbord, um das stark gierende Schiff zu stützen. Der klirrende Klang des Rudergestänges ist der einzige Laut auf der Brücke -- alle Posten, der Ausguck und die Scheinwerferleute, stehen schweigend da und sehen auf die brausende See. Auf der Laufbrücke, die die Hütte mit der Back verbindet und sich eng und schmal an den drei Schornsteinen vorbeiklemmt, kommt eine weiße Gestalt gegen den Wind ankämpfend nach vorn -- irgendein Offizier, den die Hitze noch nicht schlafen läßt. Er leistet mir Gesellschaft -- wir stehen zusammen auf der äußersten Nock der Kommandobrücke, die frei in die Luft hinaushängend über dem weißen Gischt schwebt. Wir sprechen vom Krieg -- vom Krieg, der nicht kommen wird. Soll man ihn wünschen? Soll man nicht? Wir sind wohl auf verlorenem Posten -- verloren -- Tausende von Meilen um uns kein Freund, nur Feinde. -- -- Aber man ist jung, voll Tatendrang, voll Lust, die Kräfte zu messen, zu zeigen, daß man der Stärkere ist. Denkt der Baum, der kraftstrotzend emporwächst und seine Nachbarn erdrückt, daran, daß er Leben vernichtet -- oder das Tier, das doch nur ein Gesetz kennt -- das des Stärkeren? Soll man gegen die Natur kämpfen? Gewiß, gewaltig würde die Übermacht der Feinde sein, unermeßlich schwer würde es werden, hoffnungslos für uns hier! -- Trotzdem! -- Es dauert lange! Bereits halb 11 Uhr -- -- der Funkenoffizier ist noch immer nicht zurück. »Gehen Sie nach unten und sehen Sie nach, ob Daressalam gegeben hat, ich werde solange hier fahren!« Ich stolpere über das Mitteldeck nach achtern, alle paar Schritte über Leinen kletternd, die gespannt sind, um bei dem starken Schlingern einen Halt zu geben. Ein mächtiger Brecher kommt über und wirft mich wie einen Sack auf das nasse Deck! In der Messe ist Licht! Ich öffne die schmale Tür -- dahinten in der Ecke sitzt der Funkenoffizier, krumm über Chiffrierbücher gebeugt, mit hochrotem Kopf. Er sieht auf und sagt: »Egima!« -- -- -- »Egima« war das mit Daressalam verabredete Kennwort für: »Kriege mit Rußland, Frankreich und England!« Donnerwetter! -- Ich stehe wie angewurzelt. Mächtig holt der Kreuzer über, mit lautem Klatsch fällt ein Buch an Deck und unterbricht die Stille. Klirrend rasselt im Schrank das Geschirr! -- -- Die Offiziere werden geweckt. Der Kommandant und erste Offizier gehen auf der Hütte auf und ab und ich klettere wieder auf die Brücke. -- Also Krieg! -- Eigenartig -- der Mond leuchtet wie vorher, die See rauscht, die Takelage heult -- nichts hat sich geändert! Wie ist das nur möglich? Muß der Mond sich nicht verschleiern, die See sich nicht verdunkeln?! Nichts! -- Sie lächeln über die Händel der Menschen -- was geht das All der Kampf von Atomen an! Vor Jahrtausenden war es so, und in Jahrtausenden wird es noch immer so sein. -- Aber mir ist jetzt die Fahrt zu langsam, der Seegang zu weich, das Brausen zu schwach. Die Brust ist voll zum Überlaufen, man muß sich mitteilen. Überall stehen Gruppen und unterhalten sich gedämpft. Aus dem unteren Deck kommt es herauf, an den langen Strecktauen stehen die Matrosen verschlafen, in Hemd und Hose. Nach Mitternacht hat der Wind an Stärke noch zugenommen, mächtige Brecher stürzen sich wie Kaskaden auf die Back und prallen polternd und krachend am Wellenbrecher ab. Die zwischen Spill und Klüsen etwas lose liegenden Ankerketten schlagen dröhnend auf die Back. Sie sehen in dem weißen Schaum aus wie zwei langgestreckte, schwarze Schlangen. In Fetzen zerrissen fegt die Rauchfahne unserer qualmenden drei Schornsteine über uns hinweg, huscht über das Gesicht des Mondes und läßt es rötlichbraun erglänzen. Das Heulen in den Masten und Stagen ist so stark geworden, daß es selbst das unaufhörliche gleichmäßige Surren der Ventilationsmaschinen übertönt. Wir behalten den Kurs bei. Im Laufe des nächsten Vormittags wollen wir den Lloyddampfer »Ziethen« treffen, der, von Colombo kommend, auf dem Wege nach Aden ist. Wir wollen ihn warnen und nach einem anderen Bestimmungshafen schicken. Er hat einige 100 Kameraden von uns aus der Südsee an Bord, die nach jahrelanger Abwesenheit der Heimat zusteuern. Zwar stehen wir bereits mit ihm in funkentelegraphischer Verbindung, aber wir müssen äußerst vorsichtig sein, damit die auf dieser Weltverkehrsstraße in Mengen fahrenden, nun auf einmal meist feindlichen Schiffe noch nichts von unserer Gegenwart merken. -- -- Die trotz des Monsuns drückende Hitze läßt gegen Morgen nach und weicht einer erfrischenden Kühle. Soweit es der mächtige Seegang erlaubt, werden Bullaugen und Luken geöffnet, um die stickige Luft aus dem heißen, nach Öl und Menschendunst stinkenden Schiffsinnern zu blasen. Allmählich verfärbt sich der Himmel, die Sterne verblassen, blauschwarzer Dunst liegt auf dem Horizont, über den sich bereits gelbe und rötliche Streifen hinziehen, ab und zu von feurigen rotglühenden Flaumwölkchen unterbrochen. Mit der überraschenden Schnelligkeit der Tropen erscheint das Tagesgestirn und in kürzester Zeit hat die Wandlung von Nacht in Tag stattgefunden. Strahlend, glitzernd im Morgenlicht liegt die weite, mächtige See da, deren Fluten alle einem fernen im Norden liegenden Ziele zuzurollen scheinen. An Backbord zieht sich, einige zwanzig Seemeilen entfernt, die hohe gelbsandige Steilküste des Somalilandes dahin und fern, fast rechts voraus, ragt das Löwenhaupt des Kap Guardafui über die Kimm. -- Wir müssen beim Umsteuern des Kaps bereit sein, englischen Kreuzern zu begegnen. Gegen elf Uhr wird »Klar Schiff zum Gefecht« angeschlagen! Das Löwenkap ist näher gekommen, dicht an Backbord ragt es trotzig in die Luft. Ein zerklüfteter, kahler Sandberg von gewaltigen Ausmaßen, in dessen Steilabfälle der Regen von Jahrtausenden tiefe Furchen gezogen hat! Ein breiter Schaumstreifen zieht sich zu seinen Füßen hin, wild lecken die anprallenden Seen an seinen Flanken empor. In schweigender Majestät stehen die hohen Wände -- achtlos zerstäuben die Seen zu weißem Gischt und Dampf. Gar manches Schiff ist hier gescheitert, gar manche Besatzung hat hier das Schicksal des Seemanns ereilt. * * * An Steuerbord am Horizont erscheint Rauch! -- Eine hohe Säule, die sich nach oben zu pinienartig erweitert. Es wird der »Ziethen« sein! Gespannt sieht alles durchs Glas. Ein gelber Schornstein schiebt sich allmählich über den Horizont, ein gelbes Aufbaudeck folgt. Er ist es. Bereits hat er uns gesehen und hält auf uns zu. Wir fahren ihm entgegen und stoppen in seiner Nähe. Hunderte von Menschen, darunter unsere Kameraden aus der Südsee, stehen auf dem Promenadendeck und sehen zu uns herüber. Tücher schwenken. Auf dem »Ziethen« spielt die Bordmusik. Der große Dampfer hat Schlagseite, er liegt etwas nach Backbord über. Eben haben wir begonnen uns zu verständigen, Nachrichten werden ausgetauscht, Befehle erteilt -- da meldet der hoch im Krähennest sitzende Ausguck: »Drei Strich an Steuerbord eine starke Rauchwolke!« Das kann nur der Feind sein! Kurzerhand drehen wir ab, sagen dem »Ziethen«, er soll versuchen uns zu folgen, und steuern voll Mut und Tatendrang auf den Rauch los. Wir haben Guardafui jetzt achteraus. Eine dunstig heißzitternde Luft liegt über der sich entfernenden Küste und läßt die vorher so scharfen Umrisse verschwimmen. Wie eine wogende gelbe Wand liegt sie da! -- -- Wir kommen näher! Die Rauchwolke nimmt Gestalt an, zwei lange, etwas schräg stehende Masten werden sichtbar, denen ein schwarzglänzender Schornstein folgt. Ein Dampfer! -- Mit Kurs nach Westen, nach Aden! Er muß uns ebenfalls längst gesehen haben, denn er beginnt mächtig zu qualmen und erhöht sichtlich seine Fahrt. Der Funke springt: Wir fragen ihn nach dem Namen. Keine Antwort! Wir fragen nochmals. Keine Antwort! Wir befehlen ihm zu stoppen. Keine Antwort! Noch dicker als vorher quillt schwarzbrauner Rauch aus seinem Schornstein, vermischt mit emporstiebendem Funkenregen. Der Abstand vermindert sich nicht mehr! Er läuft ebenso schnell wie wir, und wir müssen neue Kessel in Betrieb nehmen, um ihm näher zu kommen. Ärgerlich gibt der Kommandant den Befehl dazu. Ärgerlich, denn wir brauchen bei noch höherer Fahrt unverhältnismäßig viel Kohlen -- Kohlen, unser Lebenselement. Hundert Tonnen weniger, und wir müssen einen Tag der Lebensdauer streichen! -- Wir funken noch einmal: Stoppen Sie! Er denkt nicht daran. Er rast nach Westen! Wir hinterher! Eine halbe Stunde vergeht -- der Abstand wird kleiner und kleiner. An unserem Vorstopp geht ein Flaggensignal hoch: Stoppen Sie! Er kann es nicht ablesen, seine dicke Rauchfahne verhindert ihm die Sicht. Der Abstand wird kleiner und kleiner. Schon riechen wir seinen Rauch, den der Wind in Fetzen uns entgegen trägt. Mit zwanzig Knoten die Stunde jagen wir jetzt in voller Fahrt durch die brausende, saphirblaue See. Warte, du Bursche, gleich werden wir dich haben! Daß du uns die Kohlen nimmst, die wir zum Leben brauchen, mußt du büßen. Ein blinder Schuß donnert! Jetzt sind wir ganz nahe! Eine Minute vergeht: Er stoppt! Nun haben wir dich! Seine Flagge geht hoch -- hunderte von Augen starren -- -- -- Die deutsche! -- -- -- Der deutsche Hamburger Dampfer »Goldenfels«! Er hatte uns für einen englischen Kreuzer gehalten. Das war am 6. August nachmittags drei Uhr. Die Schuria-Muria-Inseln Östlich von Aden, mitten in dem im Monsun brandenden Indischen Ozean liegen wie von Gigantenhand hineingeschleudert mehrere mächtige rotgelbe Felsblöcke: die Schuria-Muria-Inseln. Hätte Daniel Defoe diese Eilande gekannt, als er seinen Robinson Crusoe schrieb, so hätte er den Schauplatz der Geschicke seines Helden dorthin verlegt, denn sie sind noch weltabgelegener, wilder, unwirtlicher als die karaibischen Inseln oder San Juan Fernandez. Mit elementarer Gewalt rast der Wind in den zerklüfteten Felsenriffen -- Millionen von Vögeln kreischen; in dicken Klumpen hängt granitfarbener Guano an steilen Sandsteinwänden. Nach Süden zu liegt das Felsmassiv der Insel Hallanya, weiter nördlich ragt wie ein glatter, kantiger Meteorstein die Insel Soda aus den blauen, schäumenden Wassern. Vierkantig wie eine Pyramide steht sie klotzig da, keine zweihundert Meter hoch, kaum zwei, drei Kilometer im Umfang. Weithin leuchten ihre rötlichen, glänzenden Wände -- kein Baum, kein Strauch, nicht der spärlichste Grashalm bringt Abwechslung in die sonnendurchglühten Hänge. Dicht an ihrer Nordseite, im Windschutz, liegt unsere »Königsberg« -- sie wartet hier auf einen Dampfer, die »Somali«, der als einziger Freund in dem weiten Indischen Ozean Kohlen in ihr Versteck bringen soll. Er ist von Daressalam dorthin bestellt. Das Versteck ist gut, -- weit ab liegt es von allen Dampferstraßen. Nicht alle Seekarten enthalten diese einsame Inselgruppe. Dort können wir ungestört Kohlen ergänzen. -- Aber der Feind ist auf der Suche! Es ist Mitternacht. Warm in meinen Mantel gehüllt gehe ich die Mittelwache auf der Brücke. Es ist kalt -- trotz der Nähe des Äquators, trotz der Sonnenglut! Der Wind braust mit phantastischer Stärke. Er kommt von oben, von dem Gipfel des Felszackens, an dessen Kante er sich bricht, und rast schräg nach unten. -- Die Stöße sind so stark, daß man das Gefühl hat, als würde das Schiff ab und zu tief ins Wasser gedrückt. Hoch über der Brücke hebt sich wie das Haupt eines schlafenden Riesen die nachtschwarze Wand der einsamen Insel von dem strahlenden Sternenhimmel ab. Kein Laut übertönt das Brausen des Sturmes. Die Vögel schweigen, sie haben sich in ihre Felsennischen zur Nachtruhe zurückgezogen. Nur die Pardunen und Stagen am Mast singen ihr Lied, bald stärker, bald schwächer, je nachdem der Wind auf ihnen spielt. Aber der Feind ist auf der Suche! Leise summen die Hörer im Funkenraum. Da spricht das im Norden Indiens liegende Karachi mit Bombay, da ruft ein Kreuzer Karachi an, ein anderer antwortet. Sein Laut ist klar und stark -- weitab kann er nicht sein! -- Wir sind allein, allein einer Welt von Feinden gegenüber. Wo sind deutsche Geschwader? Tausende von Meilen nach Nordwesten in den deutschen Gewässern, Tausende von Meilen nach Nordosten -- an der Küste Ostasiens! Eintönig hallt der Schritt des Bootsmannsmaaten, der Wache auf den Decksplanken, vornübergebeugt stemmt er sich gegen den Wind. Das Schiff schläft. -- Schwarz und winzig liegt es in der dunklen Nacht. Der Wind fegt die weißen Kämme an seine Flanken. -- -- Rotglühend, glitzernd, strahlend bricht der Tag an. Wir warten! -- Warten! Der Monsun rast mit unverminderter Stärke. Lange, zerfetzte Nebel und Dunstschwaden ziehen in sausender Fahrt an dem Gipfel des Felsberges vorbei, verzerrte Schatten auf die hellrot glänzenden Sandsteinwände werfend. Zwischen den weißen Schaumköpfen der brausenden See taucht ein schwarzer Körper auf. Massig, plump! -- Ein Hai? Er kommt näher und näher -- langsam treibend, wie eine Kuff vor dem Winde. -- Es ist eine Riesenschildkröte! Ein Tier von seltener Größe. Über ihren gepanzertem Rücken, dessen Schild in der strahlenden Sonne glänzt, springen die weißen Schaumkämme. Sie verschwindet, taucht wieder empor und rudert langsam dem weißen Streifen der Brandung zu. Dort am Strande, zwischen den brechenden Seen liegen in feinem Triebsande Berge von weißgebleichten Schildkrötenschädeln. Die meisten größer als Kinderköpfe, viele so alt und verwaschen, daß ein leichter Tritt des Fußes sie in Staub auflöst. Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte mögen sie hier liegen. Ihre großen schwarzen Augenhöhlen starren in die blendende Sonne. -- -- * * * Ich steige langsam auf den Gipfel, gebückt mit Händen und Füßen kletternd, um nicht umgeweht zu werden. Wolken von weißen Vogelmassen umschwirren die Insel und betäuben mit tausendfältigem Kreischen das Ohr. Die Spitze ist erreicht! Kaum Platz für zwei bis drei Menschen, ringsherum fallen gleichmäßig schräg nach unten die fast glatten, roten Wände ab. Ein Blick, vergleichbar dem von der Cheopspyramide! Hier wie dort nach allen Seiten der unbegrenzte Fernblick. Hier der blaue, rauschende Indische Ozean, dort die weißen Sandflächen. Aber der Eindruck hier ist viel gewaltiger, er wirkt viel großartiger durch die unendliche Einsamkeit! Fern im Süden ragen die hellfleckigen Felsen von Hallanya, zu Füßen liegt wie ein kleines Kinderspielzeug die »Königsberg«. -- * * * Wir warten! -- Der Tag neigt sich dem Ende zu, die Nacht vergeht, der zweite Tag schwindet ebenfalls dahin. Von der Somali, die uns Kohlen bringen soll, noch keine Spur. -- Da entschließen wir uns! Einen Dampfer haben wir noch bei uns. -- Eine englische Prise -- es ist die erste, die wir, die Deutschland im großen Krieg gemacht hat -- die »City of Winchester«. Sie hat fast alle Kohlen an den »Ziethen« abgegeben, der damit einen neutralen Hafen aufsuchen soll. Nur ihre Heizraumbunker sind noch voll. Es ist aber nur Bombaykohle, schlackig und schlecht, wir können mit ihr kaum zwei Drittel unserer Geschwindigkeit erreichen. Aber was hilft es -- wir werden die Bunker auskratzen! Wir gehen mit der »Königsberg« längsseit der Prise. Im sinkenden Licht des Abends nähern sich die Bordwände, Leinen fliegen hinüber -- die beiden Schiffe liegen Seite an Seite -- der kleine deutsche Kreuzer und der große plumpe Frachtdampfer, der Millionenwerte an bestem indischen Tee, an persischen Teppichen, an Gold- und Silberwaren in seinem Bauch birgt. -- In die dunkle Nacht hinein rattern die Winden, kreischen die Spills, hallen laute Rufe. Mit Krachen schlagen gefüllte Kohlensäcke an Deck, die hoch in der Luft von Bord zu Bord fliegen. Es ist eine schwere Arbeit. Tief unten im Bauche des Schiffes liegen die Bunker, nur durch kleine Löcher zugänglich. Heizer und Matrosen arbeiten dort, kaum als Menschen noch kenntlich, in den Wolken schwarzen Dunstes, den die einzige Lampe mühsam durchdringen kann. Ein Scharren, ein Kratzen, ein Rufen, eine Luft, getränkt von Schweiß und Menschenausdünstung, durchsetzt von Kohlenstaub. Die Stunden vergehen. Ab und zu dröhnen die beiden Bordwände aneinander, die Belegtrossen klirren und ächzen, wenn ein plötzlicher Windstoß mit elementarer Wucht herniederfährt und die Schiffe gegeneinander preßt. Ich stehe einen Augenblick an Deck, um frische Luft zu schöpfen, die Lungen saugen gierig den frischen reinen Seehauch. Strahlend wölbt sich der Sternenhimmel über den beiden arbeitenden, nachtschwarzen Kolossen, im Vordergrund drohen schwarz und finster die schweigenden Felswände, die noch nie in ihrer erhabenen Einsamkeit von dem Hasten und Drängen der kleinen und großen Menschensorgen gestört sein mögen. Dieses Schiff, auf dem ich jetzt stehe, ein mächtiges Werk von Menschenhand, wird morgen nicht mehr sein. Seine Ladung -- ein Wertgegenstand, der Hunderten von Menschen ein sorgenfreies Leben bis an ihr Ende ermöglicht hätte -- wird morgen nicht mehr sein, wird morgen tief in den Wassern dieser unbekannten, weltfernen Bucht liegen. Warum? Weil es Menschen angehört, die eine andere Sprache sprechen als wir, weil es Menschen angehört, die uns den Platz und die Freiheit auf dieser Erde nicht gönnen. Um Platz und Freiheit! Auf dieser weiten, endlos weiten Erde! -- -- Nachtschwarz -- stumm liegt da vor mir nach Norden eine dunkle Ländermasse. Dort dehnt sich Arabien aus! -- Dort weiter in unendlicher Ferne liegt der Himalaja -- Indien --, und dort nach Süden die Somaliländer -- riesenhafte Gebiete -- unendliche Weiten! -- Die Welt aber ist zu klein für uns Menschen? Ich steige zurück in die rußige, dumpfige Tiefe, aus der heraus das Klingen der Schaufeln und Poltern der Kohlen dringt. -- Die Sonne steigt über den Horizont -- -- -- Salven krachen. Granaten wühlen sich in den Leib des »City of Winchester«. Der Dampfer neigt sich, mit seinen Schätzen wird er versinken. Majestätisch, vom brausenden Sturm umtobt, in stolzer Einsamkeit, erhaben über Menschenhasten und Drängen -- über ihre Leidenschaften ragt grell rotbraun der Felsberg Halanya in den blauen Äther. Ras Hafun Eine schweigende Tropennacht. -- Im Norden, dort wo der nachtblaue Himmel und die schwarze Masse des Ozeans ineinander fließen, muß die Insel Sokotra liegen. Langgestreckt von West nach Osten laufend, sieht sie wie ein abgebrochener Arm aus, mit der der gewaltige Kontinent Afrika nach dem kleineren Indien hinüber zu langen versucht. Weite Wasserwüsten trennen ihn aber von seinem Ziel. Unerreichbar fern liegt das sonnendurchglühte Reich Buddhas im Osten. Einsam und verloren, losgelöst von Afrika, dehnt sich dieser Streifen Land in der endlosen blauen Ebene des indischen Ozeans. Selten steuert ein Schiff an seinen Küsten entlang, noch seltener stoppt es den Lauf und tritt mit seinen Bewohnern in Verbindung, die, abgeschieden von der Welt, ein Räuber-, Jäger- und Fischerdasein führen. Die Nordküste scheint uns eine günstige Zuflucht zu bieten. In den ruhigen Wassern, geschützt vor den monsungepeitschten, von Süden anrollenden Seen, hätten wir dort unserem Begleitdampfer Somali, der uns endlich erreicht, die so nötigen Kohlen entnehmen können. Da zeigen uns nächtliche Funksprüche, daß auch dort die Engländer auf uns lauern. So versuchen wir denn nach Süden zu gehen, um den Äquator zu erreichen, in der Hoffnung, eine Zone der Kalmen vorzufinden, um dort Seite an Seite mit unserem treuen Gefolgsmann die Kohlen überzunehmen. -- Stunden um Stunden gegen die schwellende See dampfend, ging es nun nach Süden, aber auch Stunden um Stunden kaum ein paar Meilen vorrückend, da die Maschinenkräfte der schwachen Somali dem Druck des Monsuns, dem Strom der nach Norden gepeitschten Seen kaum Widerstand leisten können. Auch der Rest der Kohlen beginnt bereits zu schwinden, in drei Tagen würden wir bewegungslos auf hoher See treiben, in drei Tagen würden wir aber auch nie mit dieser kriechenden Geschwindigkeit der Somali ruhigere Gewässer erreicht haben. -- [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. Die »Königsberg« verläßt am 29. Juli 1914 gefechtsklar Daressalam] [Illustration: Die Nordspitze der Sodainsel] [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. Kap Ras Hafun] [Illustration: Unguja-Sansibar] Also bleibt uns nur ein einziger Weg übrig: Wir müssen uns von unserem zu langsamen Genossen trennen, müssen mit dem letzten Rest unseres Brennstoffs an afrikanischer Küste eine geschützte Bucht zu erreichen suchen und dann dort auf die Somali warten. Aber an der ganzen weiten Ostküste von Afrika, vom britischen Schutzgebiet bis zum Kap Guardafui, gibt es nur eine einzige solche Stelle, und das ist die Bucht, die durch das weit in die See vorragende Kap Ras Hafun gebildet wird. Würden dort nicht auch Engländer sein? Wir wußten es nicht. Und wenn auch -- es gab keinen anderen Ausweg mehr! So steuern wir denn durch die nachtdunkle, rauschende See nach Westen. Allein -- die Somali haben wir vorgestern schlingernd und stampfend im weißen Gischt verlassen. Werden wir sie überhaupt wiedersehen? Ihre Maschinen sind schlecht, kaum notdürftig repariert; also ist es höchst zweifelhaft, ob sie Ras Hafun überhaupt erreichen wird. Und dann -- sie ist jetzt schutzlos, allein als einziger, noch fahrender deutscher Dampfer im Indischen Ozean, der von englischen Spürhunden nach allen Richtungen durchfurcht wird. Wird sie ihnen entgehen? -- Und was soll werden, wenn sie verloren geht? Was wird dann aus uns werden, die wir bewegungslos am verlassensten Teil der afrikanischen Küste verborgen warten? Man denkt so viel, wenn man nachts -- vor einer Stunde hat es Mitternacht geglast -- den Kopf weit über die windgeschützte Reeling der Brücke gebeugt, halb aufmerksam, halb träumend in das nachtschwarze Dunkel und das Flimmern der Sterne blickt. Wie ein Pferd bäumt sich der Bug, wenn ein dunkelglänzender Wellenberg unter ihm hinwegbraust, um dann mit einem schweren Rauschen tief in das Tal zu versinken. Er bäumt sich so hoch, daß die Sterne des westlichen Horizonts von ihm verdeckt werden und der Flaggenknopf des Göschstockes bis in das strahlende Lichtbild der Kasseopeia fährt. Blauschwarz liegt der weite Ozean, etwas heller wölbt sich darüber die sternenglitzernde Kuppel des Himmels. Da bietet sich uns ein niegesehenes Schauspiel! Staunend stehe ich an der Brückennock und sehe eine Verwandlung seltenster Art vor meinen Augen vor sich gehen. Der eben noch hellstrahlende Himmel verdunkelt sich. Die Sterne leuchten wie durch nebelhafte weiße Schleier, um allmählich ganz zu verschwinden. Wie eine ungeheuere, schwarze Glocke lastet das stockdunkle Himmelsgewölbe über uns, wuchtig, bedrückend, als wollte es alles ersticken. Aber wie verwandelt sich da das Meer! Bis jetzt eine düster schwarze, wogende Masse, auf der man nur ab und zu schäumende, im Sternenlicht leuchtende Gischtkämme erkennen konnte, beginnt es überall zu phosphoreszieren, heller und heller zu werden, bis es allmählich die Farbe von durchsichtigem Milchglas erhalten hat. Das Auge glaubt in niegeahnte Tiefen blicken zu können, wesenlos scheint man über ein wallendes, gläsernes Meer oder ein unendliches Schneefeld dahinzufliegen. Staunend steht die nächtliche Schiffswache, staunend sieht sie um Mitternacht eine weißhelle See, einen sternen- und wolkenlosen, tiefschwarzen Himmel. Scheinbar losgelöst von allen Gesetzen der Schwerkraft schwebt die dunkle »Königsberg« über die milchhellen Abgründe, deren tiefste Tiefen man zu erkennen glaubt. Und zeigt auch die Seekarte hier Wassertiefen von vier- bis fünftausend Metern, gaukeln mir doch meine Augen vor, daß ich den sandigen Grund sehen müßte, mit seinen wehenden Algenwäldern, seinen nie erblickten, ja nie geahnten Geheimnissen! Das Schauspiel dauerte mehrere Stunden, um dann eben so schnell zu verschwinden, wie es gekommen. Die weißen Nebel scheinen zu zerfließen, die Sterne blinken wieder durch den hellen Schleier und nehmen ihren alten Glanz an, das Milchglas des Wassers beginnt dunkler und dunkler zu werden, und in wenigen Minuten rauscht und braust die See wieder im tiefen Nachtschwarz mit weißschäumenden Wogenkämmen. -- Wir hatten allem Anschein nach einen schmalen Arm einer kalten Meeresströmung gekreuzt, die, aus den Tiefen des Ozeans an die Oberfläche gedrückt, die unmittelbar über ihr liegende Luftschicht zu Nebel verdichtet hatte. Die aufgehende Sonne bestrahlt im Westen einen gelben Landstrich mit rötlichen, gewellten Höhenzügen: die afrikanische Küste. Bald kann man ein vorspringendes Kap erkennen, dessen mächtige, gelbrote Sandberge grellfarben aus dem tiefen Azurblau des wogenden Ozeans hervorragen: das Kap Ras Hafun. Langsam umsteuern wir die nördliche vorspringende Landzunge -- Doppelgläser, Fernrohre und Entfernungsmeßgeräte suchen die sich ausdehnende Bucht ab. -- Nichts. Kein Schiff, kein Kreuzer, keine Spur eines Lebewesens. In schwerlastender Einsamkeit dehnen sich dort Höhenzüge um Höhenzüge -- kein Grün, kein Baum, kein Strauch, nur Sand -- gelber, roter, der, vom Wind getrieben, die Linien dieser heißen Wüstenlandschaft sanft ineinander verfließen läßt. Ein glühender Hauch fegt ab und zu über das Schiff, wenn der Monsun, hier durch die Landmassen gehemmt, seinen frischsalzigen, starken Atem einstellt. Das Brausen der See hat aufgehört, eine langwellige, hohe Dünung wälzt sich gleichmäßig, im Morgenlicht flimmernd, heran und mildert die stoßenden, starken Schlingerbewegungen in ein sanftes weiches Schwingen. Am Westrand der Bucht, wegen der geringen Wassertiefe einige tausend Meter vom Land, rasselt der Anker nieder. Die Maschinen machen Feuer aus, die Kohlen sind zu Ende, kaum können wir noch einige Tage aus Seewasser Trinkwasser kondensieren. Da wir doch nicht fahren können, werden die Maschinen auseinandergenommen, um sie gründlich zu überholen, und so liegen wir denn bewegungslos! Sein oder Nichtsein hängt von dem Eintreffen der Somali ab. Und dieses Eintreffen ist zweifelhaft! -- Was dann, wenn sie nicht kommt? -- An Land gehen und das Schiff sprengen? -- -- Unmöglich! Bis zu den nächsten Europäeransiedelungen ist es sowohl nach Norden wie nach Süden über tausend Kilometer weit. Noch keiner Dampferbesatzung, die hier Schiffbruch gelitten, ist dies geglückt, keine hat man je wieder gesehen. Und wie vielen schon ist das Kap Ras Hafun zum Verhängnis geworden! Sie alle haben es -- von Osten kommend, nach langen Sturmtagen im Indischen Ozean -- für das Löwenkap, das Kap Guardafui gehalten, mit dem es große Ähnlichkeit hat, sie umsteuerten es und fuhren ahnungslos, frischgemut nach Westen, glaubend, den weiten Golf von Aden vor sich zu haben. In Wirklichkeit steuerten sie in die Bucht von Ras Hafun, und, ohne im Dunkel der Nacht die drohende Küste zu sehen, liefen sie in voller Fahrt auf den Strand. Dort wurden sie ein Opfer der Eingeborenen, die dahinten in den gelbroten Bergen -- kein Mensch weiß wo oder wie -- hausen, wurden erschlagen oder ins Innere verschleppt. Ein langer Absatz in dem Leitfaden für Seefahrer erzählt davon. Gar vielen ist dieses Schicksal hier geworden; eine lange Reihe von Segel- und Dampffahrzeugen nennt das Handbuch, denen diese Bucht zum Verhängnis geworden. Diese Länder -- von Mogadischu bis zum Golf von Aden -- sind noch die einzigen der ganzen Welt, wo Verhältnisse herrschen wie in Zeiten früher Geschichte, im Zeitalter der Entdeckung Amerikas, der ersten Besiedelung Australiens und Neuguineas. Und selbst wenn die schlanken hohen Somalis, die Eingeborenen dieses Landes, uns aus Achtung vor unseren Maschinengewehren nicht belästigen würden, selbst dann würde die Vernichtung unserer Besatzung nur eine Frage von Tagen sein. Wir kennen dieses Land nicht, Karten gibt es nicht -- Wasser und Lebensmittel wären in Kürze ausgegangen, verdurstend, verhungernd hätten unsere Leute hier ihr Ende gefunden! Von den tausend Kilometern wären kaum hundert zurückgelegt worden. Also -- an Land gehen -- unmöglich! Weiterfahren, wenn unser Dampfer nicht kommt -- unmöglich! Warten? -- Unmöglich! -- Wir haben nur für einige Tage Wasser. Um Unterstützung funken? -- Unmöglich! -- Auf Tausende von Meilen im Umkreis nur Feinde, die uns suchen. Was tun? -- -- Selten wird ein Kriegsschiffkommandant in einer ähnlich düsteren Lage gewesen sein! -- -- -- * * * Die Mittagssonne strahlt erbarmungslos herab, die Decksplanken glühen, matt liegen die Mannschaften im spärlichen Schatten der Aufbauten. Die Luft über den gelbsandigen Riesendünen zittert und verwischt ihre Linien. Starke Wirbelwinde treiben urplötzlich auf dem Kamm der Dünen, schwefelfarbene Säulen aus dem Boden lassen sie zerstäuben und verwehen, wie der Wasserstrahl eines Geisers plötzlich versiegt und zusammensinkt. Die flachwellige Dünung schiebt sich unter dem Schiff wie flüssiges Öl dahin, hält es in sanften, weiten, gleichmäßigen Schwingungen. Weit im Osten, nur mit dem Glase erkennbar, jagen die monsungepeitschten Wogen des Indischen Ozeans dahin, deren spritzende Schaumkronen in der wie weißglühendes Eisen glänzenden Luft im Winde wirbelnden Schneeflocken gleichen. -- -- Die Sorge um den drohenden Wassermangel läßt den Kommandanten nicht ruhen. Es muß alles versucht werden -- ein Boot soll an Land fahren -- es soll in den staubigen, trockenen, ausgeglühten Sanddünen nach Wasser gegraben werden. Jeder weiß -- ein vergebliches Beginnen. Aber der Selbsterhaltungstrieb verlangt auch die unmöglichsten Möglichkeiten zu erkunden. Als Führer des an Steuerbord in den Davids hängenden Rettungskutters bekomme ich den Auftrag, an Land zu fahren und Wasserlöcher schaufeln zu lassen. Wir sollen uns alle gut bewaffnen. Jeder meiner Kuttergäste -- einer ist stämmiger und stärker wie der andere, sollten sie doch wie geplant in Colombo und Kapstadt mit den Engländern wettrudern --, schnallt eine große Mauserpistole um. Die Gewehre werden nach der Vorschrift unter den Duchten festgebunden, die Schaufeln in die Cockpitt gelegt. Im letzten Augenblick springt noch der erste Offizier ins Boot, um sich selbst von den Verhältnissen an Land zu überzeugen. Erst im Kutter ist die Höhe der Dünung zu erkennen. Wir fliegen von der Reeling bis zu dem grünbewachsenen Schiffsboden auf und nieder. Die Bedienungsmannschaften der Vorleine haben ihre schwere Not, das Boot in der richtigen Lage zu halten. Alles ist fertig! »Absetzen -- Riemen bei -- Ruder an!« Im Takt klettert der Kutter die See hinan, schlingert auf der anderen Seite wieder hinunter. Zuweilen verschwinden hinter dem breiten, flachen Rücken einer langhinrollenden See sogar die Masten der langsam immer kleiner und kleiner werdenden »Königsberg«. Trotzdem wir die Dünung mit uns haben, kommen wir nur langsam vorwärts, denn der Wind kommt uns entgegen. Glühend heißer, feiner Flugsand setzt sich überall in Mund, Augen und Ohren fest. Mächtiger und mächtiger türmen sich vor uns die gelben Sandriesen mit ihren roten Schluchten und Steilabfällen. Nach fast einer Stunde haben wir die weißschäumende Brandung dicht vor uns, die weit an den flachen Sandufern emporleckt. Wir spähen nach einer Landungsmöglichkeit. -- Aber hier ist guter Rat teuer! Denn der Wind steht von Land, die schwere Dünung von See. Alle Künste der Seemannschaft werden angewendet -- Anker geworfen, durch Rückwärtsrudern mit dem Bug nach See zu versucht durch die Brandung zu kommen. Vergeblich! Unsere Kriegsschiffskutter sind schlechte Brandungsboote. Von einer mächtigen heranwallenden See werden wir gefaßt, schlagen quer und werden wie ein Kinderspielzeug -- der schwere zehnriemige Kutter mit seiner ganzen Besatzung -- in hohem Bogen auf den Sand geworfen, daß Spanten und Planken krachen. Gewehre, Schaufeln, Bootsausrüstung werden hier und dort an Land gespült, hier und dort klettert einer triefend und prustend ans Ufer, seine Knochen prüfend und betastend. Hoch und trocken liegt der Kutter auf der Seite zwischen zwei Sandwellen -- ein Teil seines Dollbords ist eingedrückt. -- Staunend stehe ich in dieser glühenden Wüstenlandschaft erhabenster Eintönigkeit. Wie winzige Eintagsfliegen krabbeln hilflos und unsicher die paar Menschlein in dieser gewaltigen Sandeinöde herum, dicht am Fuß von gelbroten, zum Teil steilabfallenden Riesendünen. Ich denke an meinen Befehl, dessen Ausführung mir hier geradezu lächerlich erscheint: Wasser graben! -- Hier in diesem Sandmeer, dem Wahrzeichen absolutester Trockenheit! Aber ich lasse graben! Schweigend greifen meine Leute zu den Schaufeln, erdrückt von der Großartigkeit dieser heißen Wüstenberge, von der Aussichtslosigkeit ihrer Mühe überzeugt. Das Loch wird größer und größer. Schon ist es mehrere Meter tief, aber der Sand da unten ist genau so trocken, genau so heiß wie an der Oberfläche. An Feuchtigkeit, geschweige denn Wasser ist nicht zu denken. Wir hören auf! Da zeigt einer nach Westen, nach einem tiefen Einschnitt der sich dort im Sonnenflimmern verlierenden Wüstenberge. »Da kommen Eingeborene!« Eine lange, immer länger werdende Reihe schwarzer Punkte bewegt sich dort anscheinend schneller und schneller auf uns zu. Sie haben wohl die »Königsberg« gesehen und geglaubt, ein gestrandetes Schiff vor sich zu haben -- wittern Beute! »Kutter klar!« Schneller gesagt als getan. Der liegt hoch und trocken auf dem heißen Sand. Mit vereinten Kräften stemmen wir ihn hinunter, schieben ihn in die Brandung. -- -- Ein Schwung -- ein Krachen -- -- hoch liegt er wieder auf dem Strand! Die schwarzen Punkte kommen näher und näher -- werden zu Strichen! Nochmals mit aller Kraft -- die zurücklaufende Dünung abwartend, dann hinein mit ihm in die brausende Brandung. Wieder ein Schäumen, Brausen -- der Kutter schlägt quer, kentert. -- Die schwarzen Striche kommen näher und näher -- werden zu schwarzen, schlanken Menschenkörpern. -- Da braust eine gelbe Sandwolke auf uns zu, mit Wucht trifft der Wind auf das Wasser, stemmt sich der Dünung entgegen -- ein paar Sekunden wird sie niedergehalten -- die genügen: der Kutter schwimmt. Aber wie! Die Hälfte der Riemen fehlt, ein Teil der Bemannung ist noch außenbords, klammert sich am Dollbord fest. Der erste Offizier hängt am Steuerruder im Wasser. Sehnige Arme helfen -- alles ist geborgen, und mit sechs Riemen statt zehn beginnen wir gegen die Dünung anzukämpfen. Die schwarzen Gestalten sind heran, haben das Ufer erreicht! -- -- -- Die Königsberg taucht auf, wir gehen längsseit, die Blöcke werden eingepickt -- ein schrilles, anhaltendes Pfeifen. Hoch fliegt der Kutter. Wir klettern an Deck. An Bord hat man alles mit Spannung aufs genaueste beobachtet. An der Stelle, wo wir nach Wasser gegraben, sitzen jetzt die Eingeborenen -- sie haben eine mächtige rote Fahne aufgepflanzt, in deren Mitte ein weißer Halbmond leuchtet. -- In der zitternden Luft der westlichen Wüstenberge senkt sich glühendrot, in Purpurschleier gehüllt, mit verschwimmenden Konturen die Sonne, blauviolette Schatten fallen über die gelben Sandflächen, ein wildes Durcheinander von grünblauen, karmin- und zinnoberfarbenen und tiefvioletten Lichtern, und die blauschwarze Wüstennacht hat sich hernieder gesenkt. Die Schiffsbesatzung lehnt an der Reeling und starrt auf das wunderbare Schauspiel. Unter der Back vorne klingen die Töne eines deutschen Seemannsliedes auf. * * * Schwer mag diese Nacht dem Kommandanten geworden sein, dessen gleichmäßiger Schritt noch spät vom Achterdeck herüber hallt. Er hat einen Entschluß gefaßt -- eines deutschen Seemanns würdig, nur der erste Offizier wird eingeweiht: Sollte sich unsere schwache Hoffnung auf ein Kommen der Somali, unseres Begleitdampfers, nicht erfüllen, so will er die Mannschaft retten -- durch den Funken die Engländer herbeirufen, die Besatzung in die Boote gehen lassen, sich selbst und sein Schiff in die Luft sprengen. -- -- Die Nacht geht vorüber und die Morgennebel heben sich. Grell bestrahlt die aufgehende Sonne die kahlen Sandflächen. Wimmelndes Leben beginnt an Bord -- die langen Feuerlöschschläuche schießen hellblinkende Wasserstrahlen über das Deck, fegen Staub und Schmutz der Nacht weg. Eifrige Hände säubern Planken und Bordwände. Da stürzt der Zahlmeister in die Messe: »Ein Kriegsschiff am Horizont!« Alles rennt an Deck! -- Ein Kriegsschiff? Dann kann es nur ein feindliches, ein englisches sein. Andere Nationen fahren hier nicht mehr zur See. Und wir liegen hier bewegungslos -- mit auseinandergenommenen Maschinen! Nicht einmal verteidigen werden wir uns können, wehrlos, aus sicherer Entfernung werden wir zusammengeschossen. Denn der Engländer wird sich mit seinen weitertragenden Geschützen hüten, in unseren Feuerbereich zu kommen! Dutzende von Doppelgläsern, von Augenpaaren suchen den Horizont ab. Da -- hinter der östlichen Kimm ragen zwei Masten empor! Ein Kriegsschiff? Kaum anzunehmen, denn die Masten sind kurz, stehen schräg, haben keinen Scheinwerfermarse und keine Funkenrahen. Also ein Dampfer -- ein englischer Dampfer, der nach Norden steuert. -- An die Somali denkt keiner, die kann ja unmöglich schon hier sein! Wut packt uns -- könnten wir jetzt fahren, vielleicht hätten wir eine gute Prise vor uns mit Kohlen! -- so hätten wir vielleicht alles, was wir zum Leben und Kriegführen nötig haben. Der Dampfer muß uns sehen! -- So müssen wir ihn schweigend vorüber fahren lassen, müssen hilflos dulden, daß er uns verrät, daß sein Funken den feindlichen Spürhunden unseren Schlupfwinkel angibt. Der Dampfer kommt näher. Sein Schornstein taucht über die Kimm! Eigenartig -- er steuert Westkurs -- in die Bucht von Ras Hafun hinein! -- Was sucht er dort? Hat er Maschinenschaden? Minuten verfließen. Seine Aufbauten werden sichtbar, sind jedoch in dem dunstigen flimmernden Morgenlicht nicht klar zu erkennen. Sollte er hier nichts ahnend in unserer Nähe vor Anker gehen? Uns für einen Engländer halten? »Da könnte man ja ein Boot hinüberschicken und ihn kapern,« werden Stimmen laut! »Könnte man nicht versuchen, so schnell als möglich wenigstens eine Maschine klar zu machen und mit dem letzten Rest von Kohlen zu versuchen in seine Nähe zu kommen?« -- -- -- »Das ist ja die Somali!« sagt einer. -- »Ausgeschlossen, sie kann frühestens morgen abend hier sein!« -- -- Oder doch? Angestrengt starrt alles nach Osten. -- Näher und näher hat sich der schwarze Punkt geschoben. Da -- er dreht etwas -- zeigt seine Seitenansicht. -- Es ist die Somali!! Eine Entspannung geht durch alle, freudig drückt man sich die Hände. In wenigen Minuten haben wir die Skala von dumpfer Ergebung in ein unabwendbares Schicksal, von knirschender, machtloser Wut, von Hoffnung auf den Schimmer einer Rettungsmöglichkeit bis zur vollkommenen, für unmöglich gehaltenen Erfüllung aller Wünsche durchlaufen! -- Die Sonne steigt höher und höher, brennend streichen ihre Strahlen über die Wüstenberge. Im frischen Winde flattert dort auf dem gelben Sande die rote Fahne, zwei schwarze Gestalten stehen in erzener Ruhe zu Statuen erstarrt, anscheinend als Posten daneben. Die »Somali« kommt näher und näher, Megaphonrufe werden ausgetauscht, Leinen fliegen herüber und hinüber -- beide Schiffe liegen Bord an Bord festgemacht. Ihr Kapitän hat, mit allen Verhältnissen im Indischen Ozean aufs genaueste vertraut, die schnellen nördlichen Monsunströmungen längs der Küste zu fassen gewußt und es so möglich gemacht, viel früher, als nach unserer Berechnung nur denkbar, das Kap Ras Hafun zu erreichen. -- Die Luken werden geöffnet, die Winden kreischen, die Spills klappern, Kohlenkörbe fliegen herüber -- den ganzen Nachmittag, die ganze Nacht, den nächsten Tag, die nächste Nacht! Am Vormittag des dritten Tages sind wir fertig. -- Selbst an Deck stehen die Kohlen zu Bergen getürmt. Wir legen von der Somali ab. -- Gegen Mittag lichtet auch die Somali die Anker. Sie steuert nach den Komoren, wo wir sie wieder treffen wollen. Glühend heiß fegt der Wind feinen, gelben Sand über Deck, die Augen schmerzen im weißgrellen Sonnenlicht. Wie glitzernde Schleier liegt die flimmernde Luft über den gelbroten Sandbergen. Einsam flattert die rote Fahne, regungslos stehen daneben die schwarzen Gestalten. Diesmal sind sie um ihre Beute betrogen. * * * Wir richten den Kurs nach Osten, umsegeln das Kap und steuern nach Süden. -- Nach Madagaskar! -- Brausend empfängt uns der blaue schäumende Ozean, weithin flattert vom peitschenden Monsun zerrissen unsere schwarze Rauchfahne. Kleiner und kleiner werden die roten Wüstenberge, heller und heller die gelben Sandstreifen, greller und greller wird das Flimmern der Luft und verwischt die letzten Farbenspiele des Kaps Ras Hafun. Unguja-Sansibar Unguja-Sansibar -- die Stadt der weißen Türme, der wehenden Palmen, der Sitz des Sultans -- früher Beherrscher der Gläubigen der Ostküste, jetzt Popanz der englischen Regierung. Noch keine fünfzig Jahre sind es her, da durchzogen lange Trägerkarawanen, von den Riesenseen Zentralafrikas kommend, beladen mit Elfenbein und Gummi oder Reihen dunkelhäutiger Sklaven mit sich schleppend, die weiten Buschsteppen und endlosen Waldländer des afrikanischen Festlandes -- alle die Blicke, die Schritte nach Osten, der aufgehenden Sonne zu gelenkt, alle nach einem Ziele strebend, der Perle des Indischen Ozeans: Unguja-Sansibar. Noch keine fünfzig Jahre sind es her, da lösten sich im November, Dezember jeden Jahres gewaltige Dhauflotten von den Küsten Arabiens, beladen mit Teppichen und Stoffen, Waren von Gold, Glas und Silber, hißten ihre dreieckigen Segel, die der einsetzende Nordostmonsun zum Platzen füllte, und traten die weite Reise über die rauschenden Ozeanwüsten an, als einziges Leitgestirn das Kreuz des Südens und die Sonne, mit dem Ziel weit unten am Äquator: Unguja-Sansibar. Dort trafen sich die Tausende von Karawanenträgern, beladen mit den Erzeugnissen des Urwaldes, der Völker Innerafrikas, mit den Hunderten der schrägmastigen Dhaus, dort wurden die Waren von zwei Erdteilen gestapelt, getauscht und verkauft, dort ragten die Paläste der reichen braunhäutigen, langbärtigen Handelsherren, deren Ohrläppchen kaum das Gewicht des Goldschmuckes tragen konnten. Jetzt sind die Karawanenzüge abgelöst durch über die Steppe rasselnde Eisenbahnen, die Dhauflotten durch weitbauchige Dampfschiffe. Aufblühende Städte der Küste, wie Daressalam und Tanga, haben fast ganz den Strom des Handels nach Sansibar unterbunden, die Tausende von Kilometer langen Karawanenstraßen nach Bagamojo, dem Überfahrtshafen von Unguja, sind verödet, verlassen, die Regenzeiten sind über sie hinweggezogen, haben sie verwaschen, eingeebnet, und frisches Grün, starrer Busch oder knorpelige Bäume wachsen auf ihnen. Die Karawanenhäuser sind längst verfallen, das Gras des Daches ist verfault, Stützen und Stämme sind vermodert und liegen am Boden, durch Termiten mit einer rotbraunen Erdschicht überzogen und zerfressen. Auch Bagamojo selbst, die einstige Araberstadt, liegt verlassen da. Nur wundervoll geschnitzte Türpfosten in kleinen einstöckigen Steinhäusern erinnern an vergangene glänzende Tage. Der Strom der Zeit hat eine andere Richtung genommen! Aber ganz vermeiden konnte er Unguja nicht, und ist es auch nicht mehr der einstige Welthandelsplatz des Ostens, so liegen doch in seiner blauglänzenden, geschützten Bucht Dampfer an Dampfer, wogt unter seinen nickenden, leis raschelnden Palmen ein wirres Gemisch von allen Rassen der Erde. [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. Deutscher Küstenposten auf Simba-Uranga im Abendsonnenschein] [Illustration: Maschinengewehr in der Mündung des Rufiji im Begriff, einlaufende feindliche Barkassen zu beschießen] [Illustration: Im Palmengelände von Sanninga marschierende Europäerkompanie] [Illustration: Der »Adjutant« auf dem Strande von Simba-Uranga 3 Stunden nach dem Gefecht, bei Ebbe] Japan und China breiten dort bunte Handelserzeugnisse aus, von seinen gelben langzöpfigen oder kurzgeschorenen Söhnen feilgeboten. Behäbig und fett sitzt der dicke Banjane vor seiner Duka, die mit dem Gerümpel von fünf Weltteilen angefüllt ist. Schweigende Inder, würdevolle Araber, schreiende Neger, schwitzende Rikschahboys füllen die Straßen. Dort schlendern dürre englische Handelsmatrosen die Kais entlang, die Hände in den Hosentaschen, spähen abschätzend über die stinkende Shagpfeife hinweg auf ein vollbusiges, nach Kokosöl duftendes Suaheliweib; eine Rotte grölender Franzosen zieht durch die Gassen, ein Dogcart, gesteuert von einer eleganten Engländerin, saust durch die auseinanderstiebende Menge. Über alles strahlt ein blauer Himmel, die heiße Äquatorsonne, deren Strahlen sich in den weißen Mauern und Palästen fangen und wiederspiegeln und die ganze Stadt in ein blendendes Licht hüllen. Frisch, und die fast unerträgliche Glut mildernd, weht der Monsun durch Straßen und Gassen, bläht Sonnensegel und grellfarbige Frauenkleider und läßt die rote Fahne des Sultans auf dem Dach seines Palastes flattern, dessen mächtige, weiße Fassade mit zahllosen Riesenfenstern auf den weiten Hafen sieht. Aber die Flagge auf dem weißen Palast ist jetzt nahezu die einzige ihrer Art. Überall soweit das Auge reicht wehen andere Farben im Winde. Auf allen öffentlichen Gebäuden, an allen Masten der Schiffe im Hafen leuchtet das liegende Andreaskreuz im roten Felde, leuchtet der Union Jack. Unguja wird nicht mehr von seinen angestammten Fürsten beherrscht, Unguja ist eine Stadt der Engländer geworden. -- -- * * * Und Unguja ist heute -- es ist der 20. September 1914 -- unser Ziel! -- In schneller Fahrt schiebt sich der schlanke Leib der »Königsberg« durch die blaue, leichtgewellte Flut nach Norden; gleichmäßig, in dicken Schwaden quillt aus den drei Schornsteinen der Rauch. An Backbord, kaum ein Dutzend Seemeilen entfernt, sehen wir die deutschostafrikanische Küste vorbeigleiten mit ihren langwelligen, grünblauen Hügelketten, die weit nach Westen zu in bläulichem Dunst verschwinden. Überall steigen dort hohe, weißleuchtende Rauchsäulen in den Himmel -- es ist September, die Zeit der Steppenbrände. Seit Mai, Juni hat die glühende Sonne das Gras, den Busch und die Baumsteppen ausgedörrt. Von den Eingeborenen durch Absicht oder Versehen angesteckt, wälzen sich die Brände vom Winde getrieben dahin. Dort drüben auf diesen langgestreckten Hügelwellen scheint kaum ein Luftzug zu wehen, denn kerzengerade ragen die hellen Rauchsäulen wie Zedern in die klare Luft. Die Sonne beginnt sich zu neigen und läßt tiefdunkle Schatten auf den Ostteil der Küste fallen. Wir passieren das Vorgebirge von Ras Kanzi und drehen etwas nach Osten. -- Es ist Nacht geworden. Mit erstaunlicher Schnelligkeit sind die Purpurstreifen im Westen zerflossen. Als einheitliche dunkle Masse liegt die Küste da. Die Rauchsäulen sind nicht mehr zu erkennen, nur ab und zu leuchtet ein roter Feuerstreifen auf! Da blitzt voraus an Backbord ein Blinklicht auf -- es kann nur der Leuchtturm der Insel Makatumbe sein, die vor der Hafeneinfahrt von Daressalam liegt. Wir staunen alle, daß an unserer eigenen Küste jetzt im Kriegszustande noch ein Leuchtfeuer brennt, freuen uns aber, denn so haben wir nochmals einen genauen Schiffsort, bevor wir das völlig im Dunkeln liegende Sansibar ansteuern. Schweigend in der leise wiegenden See rauschen wir nach Norden. Was mögen wir wohl im Hafen von Sansibar antreffen? Eine kühne Tat unseres Kommandanten, sich in die Höhle des Löwen, die Operationsbasis der gegen uns geschickten englischen Kreuzer, zu wagen -- noch kühner durch die große Schwierigkeit der Ansteuerung. Schon in Friedensverhältnissen ist es keineswegs einfach, den von zahllosen Riffen und Inseln umsäumten Hafen zu erreichen. Um so schwieriger jetzt -- bei Nacht, ohne Markierung und Befeuerung des Fahrwassers. Und gelingt es uns glücklich, die Einfahrt zu finden, so ist es sehr leicht möglich, daß wir weit überlegene feindliche Schiffe vorfinden werden. -- -- Nach Mitternacht kommt an Backbord ein Licht in Sicht. Alle Nachtgläser sind darauf gerichtet. Was kann es sein, ein Wachboot oder eine Dhau? Oder ist es -- wie die meisten glauben -- eine absichtlich falsch ausgelegte Leuchtboje? Wir vermindern die Fahrt, steuern vorsichtig weiter. Bald ist das Licht achteraus verschwunden. Es war ein englisches Wachschiff, das uns nicht gesehen, oder gern einem Zusammentreffen mit uns ausgewichen war, mochten seine Kameraden im Hafen von Sansibar den Schaden davon haben. Gegen zwei Uhr nachts taucht an Steuerbord -- im Osten -- eine dunkle Landmasse auf. Es muß die Südspitze von Sansibar sein. Dutzende von Augenpaaren durchbohren die Nacht. Gleichmäßig gleiten wir dahin. Ein guter Lotse ist an Bord, der die Einfahrt bei Tage schon oft gemacht hat: der Kapitän der »Somali«, die jetzt, nachdem wir sie bei den Komoren abgeholt, im Rufijifluß auf uns wartet. * * * Gegen fünf Uhr rötet sich der Horizont -- fahle Schimmer leuchten im Osten auf. In kurzer Zeit muß sich die Spannung lösen! Hoch ragt jetzt an Steuerbord die Küste Ungujas, schnell wird es heller und heller, Einzelheiten sind bereits zu erkennen. -- Es kommt jetzt auf Minuten an, denn wir können vom Lande bereits gesehen und gemeldet sein. Auf einem mächtigen Felsvorsprung rechterhand steht der Leuchtturm von Sansibar -- Tschumbe Island -- dunkel, düster; sein Feuer ist bei Kriegsbeginn erloschen. Aller Augen suchen jetzt den vor uns liegenden dünnen weißlichen Dunststreifen zu durchdringen -- er verbirgt uns den inneren Hafen; -- aber die inneren Hafenfeuer sind zu erkennen. -- Blitzende Strahlen schießen über den Himmel, die Sonne taucht über Unguja auf. Eine leichte Brise kommt auf, kräuselt die glatten Flächen und läßt den dichten Palmenwald des Ufers erwachen. Rechts von uns, hinter einer grünbewachsenen waldigen Landzunge, tauchen die weißen Häuser der Stadt, noch verschwommen im Morgennebel, auf, wuchtig hebt sich der Palast des Sultans ab. Da lüftet sich langsam der weiß über dem Hafen liegende Schleier. Längst sind wir klar zum Gefecht! Durch die Zielfernrohre der Geschütze, die Entfernungsmeßgeräte, durch alle Luken blicken gespannt klare, scharfe Augen. Ein silbergrauer Schiffsleib wird sichtbar, zwei Schornsteine, zwei Masten -- auf der Brücke hohe, übereinandergetürmte Aufbauten, -- ein englischer Kreuzer. Nichts rührt sich bei ihm an Bord. Er liegt ahnungslos -- seine Mannschaft schläft noch in den Hängematten. Wir drehen nach Steuerbord. Die Mündungen der Geschütze der Backbordbreitseite heben sich. Majestätische, morgenländische Ruhe liegt über dem weiten Hafen -- nichts regt sich -- es ist Sonntagmorgen. Nur ein knarrendes Rascheln der Palmen in der schwachen Brise -- an Bord kein Laut, Nerven und Sehnen sind zum Zerreißen angespannt! -- Weiß leuchtet der Sultanspalast! »Salve, Feuer!« Dröhnend, wie in Fetzen gerissen, zerreißt die Stille, das Zischen der absausenden Granaten durchschneidet die Luft. »Aufschlag!« Fünf haushohe Wassersäulen steigen in die Luft. »Kurz!« »Feuer!« Dicht an der Bordwand des Engländers stehen die weißen Kaskaden. »Feuer!« Schwarzer Rauch, fliegende Eisenteile -- er ist getroffen. Ein Sausen, Krachen und Dröhnen hebt an -- drei, vier Salven fliegen noch in die Luft, während die fünfte schon wieder abgefeuert wird. Der Engländer ist erwacht -- er wehrt sich. Fünf weiße Wölkchen steigen an seiner Bordwand auf -- seine Granaten kommen angesaust! -- Zu kurz -- zu weit! Der Ausgang kann nicht lang zweifelhaft sein. In einer schwarzen, weit über die Masten hinausragenden Riesenwolke fliegt seine Kommandobrücke in die Luft -- sein ganzes Vorschiff ist in schwelendem braungelben Dampf gehüllt. Die weißen Wölkchen erscheinen nicht mehr gleichzeitig -- seine Geschütze feuern nur noch einzeln. Ein Teil seines Achterschiffes brennt -- alle sechs Sekunden haut ein Eisenhagel in ihn ein. Da schweigt er! -- Fünf lange Minuten feuern wir noch weiter -- da ertönt eine Stimme: er zeigt die weiße Flagge! Ein englisches Kriegsschiff -- die weiße Flagge? Ungläubig suchen wir mit den Gläsern seine Masten ab -- der Kommandant läßt das Feuer einstellen. Wir sind ganz nahe an die Küste gekommen, dicht vor uns rauschen die hohen schlankstämmigen Kokospalmen, fliehende Eingeborene jagen vorbei. Auf dem Engländer scheint sich nichts zu rühren. Die Entfernung ist nur etwa sechs Kilometer -- eine masthohe dunkelschwelende Rauchwolke zieht von achtern her über sein Mitteldeck und entzieht unseren Augen die weiße Flagge, die am Großmast weht. Hätten wir sie erkannt, so wäre der Besatzung Gnade gewährt. So muß weiter gekämpft werden. »Salve, Feuer!« Von neuem hageln die Granaten auf ihn ein. Er verteidigt sich nicht mehr. Langsam neigt er sich auf die Backbordseite und zeigt seinen grünbewachsenen Boden. Wir lassen jetzt von ihm ab, er ist erledigt. Lange Rauchschwaden ziehen über ihn hin. -- Die leichte Brise ist eingeschlafen, matt hängt die rote Fahne des Propheten am Sultanspalast. Rauchend liegt unter Land eine Dampfbarkasse. Sie wollte sich uns nähern, da wurde sie vernichtet. Die Sonne hat sich über der Stadt erhoben. Weiß leuchten die Paläste, Häuser und Minarets von Sansibar. Kaum tausend Meter vor den Toren des Sultanspalastes liegt der untergehende englische Kreuzer -- es ist der »Pegasus«! Auf den Kais sind Menschengruppen zu erkennen. Wir drehen langsam nach Süden -- verlassen den Hafen! Einige Schuß noch auf die englische Funkenstation, krachend stürzen zwei von ihren Masten zusammen, sie schweigt. Sansibar ist ohne Funkenverbindung mit der Außenwelt. -- * * * Wiegend empfängt uns die weite Dünung der freien See -- im Westen tauchen die bewaldeten Höhenzüge der afrikanischen Küste auf -- die hohen weißen Rauchsäulen der Steppenbrände schlängeln sich in den azurblauen Himmel. Hinter uns versinken langsam die grünen Palmenhaine Sansibars. Grell von der Sonne beschienen, leuchtet der rotfarbene Leuchtturm, hellgelb und weiß das Felsengestade und die Riffe seiner Südküste. Mehr und mehr verschwinden seine Konturen, werden von der weiten Kimm des Ozeans verschlungen. Die Sonne hat noch nicht den zehnten Teil ihres Weges vollendet, da versinken auch die letzten Höhenzüge der einstigen Perle des Ostens unter dem Horizont -- -- -- Unguja ist verschwunden. II. IM RUFIJIDELTA [Illustration: Ornament] Salale Die Wasser der Hochsteppen der Wahehe und der Wabena sammeln sich in dem Ruaha und Ulanga. Im weiten Bogen durchfließen sie das Herz Deutschostafrikas und vereinigen sich dann in dem Fluß Rufiji, der seine meist braungrünen Wassermassen durch die Ebene an Nyakisiku, Mpanganja und Utete vorbei nach Mohoro wälzt. Dort teilt er sich in eine Unzahl von breiten Armen. Im Laufe der Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende, hat er seine nördlich liegenden Mündungen immer weiter nach Süden verschoben und biegt jetzt bei Mohoro schräg nach der Kilwagegend zu ab. Aber die andern mächtigen Arme sind noch keineswegs versandet. In weiten Bogen und Windungen, bis zu tausend Meter und mehr breit, durchschneiden sie eine unabsehbare Mangrovenwildnis. Sie bilden das gewaltige, dem Nil- und Mississippidelta an Größe kaum nachstehende Rufijidelta. Von der Höhe des überragenden Pembaberges sieht es im Lichte der untergehenden Sonne aus wie ein weitmaschiges Netz von ineinandergeflochtenen Gold- und Silberfäden, die sich in wunderlichen Krümmungen, bald dick, bald in haarfeinem Gespinst durch den grünen, ungeheuren Mangroventeppich ziehen. Ganz weit im Osten, wo der silberne Indische Ozean scharf diese waldige Sumpfwildnis abschneidet, ragen hohe dunkle Kasuarinen, die nur in dichtester Nähe des Salzatems des Ozeans leben können. Dort, fast im Herzen der weitverzweigten Insel- und Wasserwirrnis, wird das Grün heller, an manchen Stellen fast gelb; dort wehen weite Palmenwaldungen in leichtem Luftzuge, dort liegt der einzige bewohnte Ort: Salale. An dem mächtigen, tiefen Saningaarm gelegen, ist es von See aus selbst durch große Küstendampfer zu erreichen, sie laufen dort an, um das Mangrovenholz und die Erzeugnisse der wenigen am oberen Rufiji gelegenen Pflanzungen zu verladen. Salale ist sogar Poststelle. Mitten im Wald, an einer besonders hohen schlanken Palme, ist ein blauer Briefkasten angenagelt, daneben steht ein kleines, sauberes Lehmhäuschen, in dem der Leiter dieser Nebenstelle, ein biederer, goldbrauner Goanese sein bescheidenes Dasein fristet. Die einzigen Europäer dieses verborgenen Ortes sind zwei alte Deutsch-Afrikaner: ein Forstbeamter und seine Frau. Sie haben hier schon viele Jahre ihres Lebens unter den nickenden Palmen zwischen den Eingeborenen ihrer Station verbracht. Ihr weißes, einstöckiges Steinhaus steht fast am Strande, mitten in dem tiefen, hellbraunen Sande, dort gedeiht die Kokospalme am besten. Sie kommt denn auch überhaupt nur hier oder nicht allzuweit von der Küste vor. Das ganze übrige Gebiet des weiten Deltas ist von dunkelgrünen Mangroven bewachsen, ihre Luftwurzeln ragen bei Niedrigwasser in grotesken Verschlingungen aus dem weichen, tiefen Mutt hervor. Ein Anlandsteigen ist hier überall fast unmöglich -- man versinkt ohne weiteres in diesem sumpfigen Lehmbrei. Gleich hinter Salale hört das tiefe Wasser auf, der Saningaarm macht eine Biegung und nur eine schmale, keine zwanzig Meter breite Fahrrinne ist noch vorhanden. In ihr liegt am 4. November 1914 die »Königsberg«, ganz dicht an die Mangroven gepreßt, so daß man fast hinüberlangen kann. -- Der Kohlenvorrat ist erschöpft! -- Sie hat im Rufiji Schutz gesucht und auch gefunden. Erst gestern ist sie von englischen Kreuzern entdeckt worden, die die »Somali«, die nordöstlich von Salale verankert liegt, um einfahrenden Feinden ein Hindernis zu bieten, schwer unter Feuer genommen haben. * * * Heute erwarten wir einen entscheidenden Angriff. Allerdings erst gegen Nachmittag, da nur dann, beim höchsten Hochwasser, die vor der Einfahrt liegende Barre von den englischen Kreuzern passiert werden kann. -- Die Eigenart der Verhältnisse hat uns gezwungen, ein Verteidigungsmittel seltener Art zu erfinden. Wir müssen unbedingt verhindern, daß die englischen, uns artilleristisch weit überlegenen Kreuzer -- es sind die »Weymouth«, »Dartmouth« und »Falmouth« -- einlaufen, müssen sie gleich beim Einfahren in die Mündungen angreifen. Das wirksamste Mittel dafür sind unsere fünf Torpedos. Wir haben aber keine Boote, von denen aus wir sie abfeuern können. So müssen wir uns eben auf andere Weise helfen. Zwei Einbäume werden mit Querbalken in einem Abstand von einem Meter aneinander gebunden und in der Mitte an den Verstrebungen Laufschienen angebracht, in denen der Torpedo hängt. Beim Schuß wird einfach der Öffnungshebel durch Ziehen an einem Drahtstropp umgelegt und mit einem gewaltigen Satz springt dann der glänzende, stählerne Riesenfisch, der größer ist als das ganze Torpedoboot selbst, in der angesteuerte Richtung in die Luft, um dann im hochaufspritzenden Wasser unterzutauchen und seinem Ziel zuzuschwimmen. Wir haben es schon ein paarmal versucht und über Erwarten günstige Erfolge damit erzielt. Daß beim Schuß, durch den Stoß, die Hälfte der Besatzung jedesmal über Bord fällt und prustend wieder in die Einbäume, die dann halb voll Wasser sind, klettern müssen, tut dem Eifer nicht den geringsten Abbruch. Wir wollen uns heute in der Nähe der Mündung mit unserem »Torpedotumbi« -- tumbi heißt auf Kisuaheli »Einbaum« -- in einem verschwiegenen Seitenkreeck hinter den Mangroven verbergen und dem ersten Engländer, der versuchen sollte einzudringen, auf 300–400 Meter einen Torpedo in den Leib jagen. -- Auf diese Entfernung muß er treffen und wirken! Von der Pinasse geschleppt, steuern wir langsam an Salale vorbei, das verlassen daliegt. Seine Bewohner, Weiße sowohl wie Schwarze und Braune, sind jetzt längst geflüchtet. Auf der höchsten Palme sitzt ein Beobachtungsposten von uns. Weiter geht es, die schweigenden Mangroven entlang, der Mündung zu. Das Wasser läuft noch stark stromauf, in zwei Stunden -- etwa um vier Uhr nachmittag -- wird Hochwasser sein. Wir passieren die »Somali«, die einsam und verlassen im Fahrwasser liegt. Treu wie ein Hund ist sie uns bis hierher gefolgt und muß sich jetzt hier für uns vernichten lassen. Verschiedene Löcher, herabhängende Eisenfetzen und geknickte Stützen zeugen von der gestrigen Beschießung. Wir erreichen die Hauptbiegung des Saningaarmes und somit unser Ziel. Von den Dutzenden von abzweigenden Querkanälen wählen wir den tiefsten, zugleich den am besten unter überhängenden Mangroven verborgenen. Der Doppeleinbaum wird mit frischem Grün geschmückt -- er ist jetzt vollkommen unkenntlich -- und in der passenden Schußrichtung festgepflöckt. Die Pinasse verschwindet im Innern des Kreeks. So sitzen wir und lauern! Das Wasser steigt nur mehr langsam, also muß es sich bald entscheiden! Wollen die Engländer uns angreifen, so müssen sie einlaufen, denn von See aus beträgt die Entfernung bis zur »Königsberg« mindestens 15 Kilometer -- sie ist außer theoretischer Reichweite der englischen Schiffsgeschütze. Also müssen sie kommen -- wir erwarten sie. -- Ins Wasser gestreute Blätter zeigen, daß jetzt Stauwasser ist -- die höchste Höhe ist erreicht. Angestrengt starren wir auf die Biegung. Jeden Augenblick kann dicht vor uns der graue Bug eines langsam um die Ecke steuernden Kreuzers sichtbar werden. Es herrscht vollkommene Stille. Das leise Rauschen des aufströmenden Wassers ist verklungen -- bewegungslos, wie ein Spiegel liegt es vor uns. Man kann die Ringe erkennen, wenn eine der langarmigen, tropischen Wasserspinnen über seine Fläche läuft. Leise summen die Moskiten, ein Regenpfeifer flötet ab und zu, oder Affengekreisch zerreißt mißtönend für einen Augenblick das Schweigen. * * * Da dröhnen fünf schwere Schläge durch die Luft. Zitternd rascheln die Mangroven, hoch über unseren Köpfen saust das Zischen darüber hinwegfliegender Granaten. Wir starren in die Höhe! Wem kann dies gelten? Sollten die vor der Mündung liegenden Engländer die »Somali« beschießen? Wieder das ferne Krachen einer Breitseite, das Sausen und Heulen weit über uns -- wir sitzen mit der Uhr in der Hand -- dann ganz fern fünf dumpfe Aufschläge. Nochmals und nochmals zählen wir am Sekundenzeiger die Zeit zwischen Abschuß und Aufschlag -- diese Granaten fliegen weiter wie dreizehn Kilometer! Sollten die Engländer trotz der verkleidenden Büsche auf den Toppen unserer Masten von See aus die »Königsberg« hinter den Palmenwaldungen von Salale gesichtet haben und sie nun beschießen? Aber wie? Keiner von den da draußen liegenden Kreuzern kann fünfzehn Kilometern weit schießen. Sollten unerwartet neuere, größere Schiffe eingetroffen sein? [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. Heliographenposten auf dem Kembaberg] [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. »Unsere kleinen Hilfsschiffe« im sicheren Versteck Von links nach rechts: die »Rovuma«, der »Tomondo«, die »Hedwig«] [Illustration: Schädel eines vom Verfasser erlegten Flußpferdes] [Illustration: Vom Kommandanten gefangenes Flußpferdbaby auf den Decksplanken der »Königsberg«] Kaum anzunehmen! Deren Erscheinen wäre uns längst schon von irgendeinem der vielen Küstenposten von Tanga bis zur Rovumamündung gemeldet worden. Vorläufig ein ungelöstes Rätsel. -- Alle zwanzig Sekunden braust eine Salve über uns hin, um nach einer endlos scheinenden Zeit mit dumpfem fernem Krachen zu krepieren. Wir aber erwarten immer noch jeden Augenblick das Erscheinen eines grauen Buges dort hinten bei der Ecke, wo die Mangroven sich in dichten Büscheln über den Flußarm neigen. Das Wasser steht noch immer. Vor einer Viertelstunde hineingeworfene Zweige haben sich noch keinen Zentimeter von ihrer Stelle gerührt. Die Sonne hat sich weiter nach Westen geneigt. Das unangenehme Summen der Moskiten verstärkt sich; blutgierig in leisem metallischen Singen umkreisen sie unsere nackten Arme, um die Gelegenheit zum Stich zu erspähen. Hier, rechter Hand, steht eine schlanke dünne Mangrove, deren Stamm, Äste und Blätter, wie mit braunem Rost überzogen scheinen; tausende von Moskiten hängen an ihm, schlafen, die Zeit des Sonnenuntergangs erwartend. -- Noch immer dröhnen in gleichen Zwischenräumen von See her dumpf die Schläge der Breitseiten, das Heulen in der Luft, das ferne Krachen der Aufschläge. Da kommt allmählich Bewegung in die Wasser, langsam, ganz langsam beginnen sie zurückzufließen -- nach See zu. Wir geben die Hoffnung auf, heute noch den grauen Bug um die Ecke biegen zu sehen. Der Torpedokopf wird wieder gesichert, die Pinasse kommt aus ihrem grünen Versteck hervor, nimmt das Doppeltumbi im Schlepp, und langsam dampfen wir gegen den nun immer schneller abfließenden Strom zurück. Der Kanonendonner hat aufgehört. Die Ruhe der verlassenen Urwaldwildnis liegt auf der weiten Mangrovenlandschaft. Die Abendsonne wirft schräge Schatten auf das Grün, gibt ihm allmählich eine hellgelbe Färbung und weckt den Tippu-tipp, Afrikas Kuckuck, der mit seinen eine ganze Oktave durchflötenden Tönen über die leise glucksenden und rauschenden Wasser hinklagt. Er kann kaum fliegen -- ab und zu sieht man den braunen, plumpen Vogelkörper wie ein Huhn von Ast zu Ast flattern. Man kann es nicht fassen, daß diese heilige Urwaldstille eben noch von dem Dröhnen der raffinierten Vernichtungsmittel des höchstentwickelten Wesens in dieser Welt, des Menschen, erfüllt worden ist. Wie oft habe ich da draußen empfunden, wie lächerlich winzig und bedeutungslos das Kampfgetümmel menschlicher Zwergwesen und ihrer kleinlichen Leidenschaften ist neben der ruhigen Größe dieser mächtigen Natur -- ja ein Gefühl der Beschämung wollte mich übermannen, wenn ich bedachte, daß ich eben noch mit allen Fasern, mit allen Kräften des Denkens am Kampfe teilgenommen hatte. -- -- Was sind um irgend welche Vorteile, und sei es selbst um die Existenz kämpfende Atome gegen diese schweigende, ursprüngliche Unendlichkeit? -- * * * Die Palmen von Salale tauchen auf, die bereits nur mehr als dunkle, verästelte Silhouetten sich gegen den rasch verblassenden Himmel abheben. Wir legen an, um den Beobachtungsposten mitzunehmen. Vor uns liegen die dunklen Umrisse einer alten, einst seebefahrenen Dhau, rechts davon eine halbverfallene Grashütte. Die Leute steigen an Bord. Aufgeregt erzählen sie, daß tatsächlich die »Königsberg« beschossen und schwer beschädigt worden sein müsse, da alle Granaten unmittelbar bei dem Schiff eingeschlagen seien. Kreuzer anderer Art, als die bisher gemeldeten, hätten sie nicht gesehen. Also ist das Wie dieser Beschießung noch immer ein ungelöstes Rätsel. -- Es ist mittlerweile fast vollkommen Nacht geworden. Wir folgen dem breiten, hellen Rand des Saningaarmes, dessen Ufer man nicht mehr erkennen kann, da die tiefdunklen Schatten der Mangroven sich mit ihrem tintenschwarzen Spiegelbilde im Wasser zu einem unsicheren, breiten, dunklen Streifen vereinigen. -- Der sehnige, achtern stehende Bootssteurer, dessen Mützenbänder im Winde flattern, legt langsam die Ruderpinne, wir drehen nach Steuerbord, passieren die Biegung, und vor uns liegt der dunkle, in der Finsternis riesenhaft erscheinende Rumpf der »Königsberg«. Fast keine Lichter sind zu sehen -- man könnte glauben, sie wäre vollkommen verlassen, wenn nicht dumpfes Stimmengewirr, Hämmern und Klopfen herübertönte. Wir legen am Fallreep an. Schnell sind unsere Fragen beantwortet. Die »Königsberg« hat tatsächlich heute nachmittag lange im schweren englischen Feuer gelegen, ist aber wie durch ein Wunder nicht ein einziges Mal getroffen worden, hat nicht einen Mann verloren. Wie wir später erfahren haben, sind die Palmenbüsche auf den Toppen der Masten uns zum Verhängnis geworden. Sie wurden, an Höhe weit den Palmenwald von Salale überragend, von See aus gesehen und von den Engländern sofort als Masten der »Königsberg« angesprochen. Da die feindlichen Kommandanten nicht so weit schießen konnten, drängten sie durch Fluten der Seitenräume ihre Schiffe so weit nach der entgegengesetzten Seite, daß den Geschützen die für die weite Entfernung nötige Erhöhung gegeben werden konnte. -- * * * Da wir für den nächsten Tag bestimmt mit einer Wiederholung rechnen konnten, die uns unbedingt verhängnisvoll werden mußte, hatte sich unser Kommandant entschlossen, nachts beim höchstem Hochwasser zu versuchen, über die uns den Weg nach hinten sperrenden Barren zu fahren, um im Innern des Deltas einen vorläufig für die Engländer nicht erreichbaren Platz aufzusuchen. Das Fahrwasser hatten wir zu diesem Zweck früher schon genau ausgelotet. Der Tidenhub, der Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser, beträgt dort fast fünf Meter; wir hatten rund 4,8 Meter Tiefgang, es mußte uns also möglich sein, bei höchstem Wasserstand über die bei Ebbe fast trocken liegenden Sandbänke zu fahren. Ein großes Wagnis allerdings blieb es trotzdem, denn bei Nacht im unsicheren Sternenglanz verschieben sich Konturen und Entfernungen, und es ist nicht leicht, den langen Körper eines Kreuzers in einer schmalen Rinne durch die nächtliche Mangrovenwirrnis zu führen. -- -- An den Masten wird gehämmert und geklopft. Der erste Offizier will sie verkürzen, damit sie nicht wieder zum Verräter werden. Erst gegen Mitternacht tritt Ruhe ein, der Arbeitslärm verklingt, die schweigende Tropennacht tritt in ihre Rechte. Grünlich leuchtende Scharen von Glühwürmchen gaukeln durch die Mangroven, in der Luft singt und surrt das tausendfältige Schwirren der erwachten Moskiten, die hier im Rufijigebiet besonders berüchtigt sind, als Träger der Malaria. Nicht grundlos flattert ab und zu aus dem Vorschiff ein Stöhnen auf, oder wirre Worte klingen durch die Nacht. Fieberkranke liegen dort im Mannschaftslazarett. Klar und glänzend steht der Orion, das schönste Sternbild der nördlichen wie der südlichen Halbkugel am Himmel und zieht langsam, langsam seinen Weg nach Westen. -- -- Die Wasser sind rauschend abgeflossen, glucksend zum Stillstand gekommen -- der Strom kenterte -- erst langsam, dann brausend strömten sie wieder zurück -- jetzt verlangsamen sie ihren Lauf -- bald müssen sie ihre höchste Höhe haben. Alles ist klar zum Manöver! -- Es ist lauter geworden im Walde! Mancher Reiher mußte infolge des starken Stromes seinen niedrigen Schlafplatz verlassen und flattert nun unruhig hin und her. Affen, denen es ebenso ergangen, kreischen, schimpfen und springen knackend durch die Wipfel. Die Nachtfrösche lärmen -- auch sie sind wach geworden und müssen schwimmen. -- -- »Beide Maschinen kleine Fahrt voraus!« Langsam setzt sich der dunkle Koloß in Bewegung und steuert in das im Sternenlicht unsicher glänzende dunkle Gewässer. Die Rufe der Lotsgäste, die abwechselnd die Tiefe aussingen, hallen eintönig durch die Nacht. Schemenhaft schweben dicht an den Bordwänden die gespenstischen Schatten der Mangroven zum Greifen nahe vorbei. »5 Meter 20!« singen die Lotsgäste. »5 Meter 10!« »5 Meter!« 4 Meter 80 tief gehen wir! -- aber wir müssen hinüber -- entweder -- oder! »4 Meter 80!« Ein leises Knirschen -- ein rauhes Scharren auf dem Grund. »5 Meter!« Wir sind hinüber! Tieferes Wasser kommt wieder. Da vorn sieht es aus, als ob der Arm zu Ende wäre, durch tiefe Schatten ist der Wasserspiegel abgeschlossen. Es geht nach rechts in einen Seitenarm. Langsam, langsam dreht der Riese in eine schmale Wasserstraße. Wieder huschen dunkle, nicht erkennbare Bäume vorüber, deren Äste manchmal raschelnd und knarrend an den Bordwänden längsfahren. Kein Wort wird gesprochen, nur ab und zu ein ruhiger, mit halblauter Stimme gesprochener Befehl des Kommandanten oder des Navigationsoffiziers -- die ruhige, eintönige Wiederholung des Rudergängers oder ein Rasseln der Maschinentelegraphen. Dumpf tönt das Mahlen der Schrauben, das im Schiffskörper wie auf einem Resonanzboden wiederhallt. 8 Meter, 10 Meter werden ausgerufen. Dieser kleine Seitenarm, durch den wir vom Saninga- in den Simba-Uranga-Arm wollen, hat mehr Wasser, als man vermutet hatte. Mit erstaunlicher Gewandtheit folgt der mächtige dunkle Koloß den vielen Windungen und Biegungen des schmalen Kreeks. Im Osten erscheint ein heller Schimmer, der sich schnell über das ganze Himmelsgewölbe ausbreitet und dann von starken, grelleren Farben abgelöst wird, bis die Spitzen der Mangroven von der aufsteigenden Sonne in blitzendes Licht getaucht werden. Eigenartig ist das Bild, das sich jetzt uns bietet. Von der Kommandobrücke aus übersieht man weit die tieferliegenden endlosen, niederen Mangrovenwälder, die auf beiden Seiten bis fast an die Bordwände heranreichen und langsam vorübergleiten. Man hat den Eindruck, als führe man mit dem Kreuzer, dessen Dimensionen und Größe durch die Kleinheit der Bäume ins Übergewaltige gesteigert wird, über Land durch einen Wald. Ich muß an ein Bild denken, das ich im letzten Jahre oft in Deutschland gesehen habe: Der Dampfer »Imperator« in die Straßen einer Stadt hineingestellt, um seine gewaltigen Abmessungen dem Beschauer verständlich zu machen, ihm Vergleichsmöglichkeiten zu geben. Ähnlich, wie das Deck dieses Kolosses über die Dächer der winzig scheinenden Häuser, ragt die »Königsberg« über die grüngelbe, jetzt voll im grellen Sonnenlicht daliegende Waldwildnis. -- An den braunen Stämmen der Mangroven kann man bereits erkennen, daß das Wasser schon wieder im Fallen ist, denn scharf ist ein fast handbreiter, nasser Streifen zu erkennen und wenn man genau hinsieht, kann man auch eine Rückwärtsbewegung von Schaumblasen und von schwimmenden Blättern feststellen. Wir müssen uns beeilen, bevor das Wasser weiter fällt, über die letzte und Hauptbarre zu kommen. Erst dahinter finden wir die längere, freie Fahrtrinne und können uns der Reichweite der feindlichen Geschütze entziehen, die uns sicher am Nachmittag bei günstigem Wasserstand unter vernichtendes Feuer nehmen werden. »8 Meter!« »8 Meter« -- rufen noch immer die Lotsgäste aus, da öffnet sich vor uns die enge Wasserstraße und wir biegen in den Simba-Uranga-Arm ein. Breit dehnt sich vor uns der Fluß aus -- wir drehen nach Backbord und steuern ein. »Beide Maschinen stopp!« Wir vermindern die Fahrt, denn die Barre kommt näher. »6 Meter!« »5 Meter 40« -- Die Lotsgäste! »Kleine Fahrt voraus!« Mahlend setzen sich die Schrauben in Bewegung -- jetzt gilt es -- wir müssen hinüber! -- Gelingt es nicht, bieten wir dem Engländer ein noch viel besseres Ziel als gestern; der Simba-Uranga-Arm ist an dieser Stelle bedeutend breiter und die Entfernung von der Küste hat sich nicht vergrößert, weil wir bis jetzt parallel zu ihr gefahren sind. Unser Schicksal würde dann kaum mehr zweifelhaft sein! -- Langsam schieben wir uns jetzt weiter, das Wasser fließt bereits bedeutend schneller ab als vorher. -- »5 Meter!« Da -- ein Ruck -- wir sitzen! »4 Meter 60!« »Beide Maschinen große Fahrt zurück!« Die Maschinen rattern, dröhnen, mahlen. Das Schiff rührt sich nicht! -- Immer schneller fließen die Wasser ab. »Beide Maschinen äußerste Kraft zurück!« Der Schiffskörper ächzt, zittert, tosend umschäumt jetzt der hüpfende Gischt die wirbelnden Schrauben. Nichts -- wir sitzen fest! Die Mannschaft läuft vom Backbord nach Steuerbord, um das Schiff etwas ins Schlingern zu bringen und vom Sand zu lösen -- die Maschinen tosen, mit dreimal äußerster Kraft zurück, Pinasse und Kutter haben Stahltrossen und Anker ausgefahren, knirschend und ächzend hieven die Spills. Nichts -- schneller und schneller fließen die Wasser ab! Schon erscheint ein fingerbreiter Streifen des grün bewachsenen Schiffbodens. Da geben wir es auf. Schweigend verläßt alles die Manöverstationen. Was in Menschenkräften liegt, ist getan worden. Was werden soll? -- Der Nachmittag wird es zeigen! -- -- -- Rauschend und brausend strömt der Fluß jetzt vorbei -- der See zu. Gegen 8 Uhr erscheinen bereits die oberen Enden der Schraubenflügel über dem Wasser. Da neigt sich langsam die »Königsberg« nach Steuerbord -- senkt sich und senkt sich mehr und mehr. Schräg stehen Masten und Decks, die Gefahr des Kenterns droht. Ohnmächtig muß man zusehen! Alle Versuche, das Schiff abzustützen, sind vergeblich. Fast zwei Meter des mit Muscheln, Algen und Schlamm dichtbewachsenen Schiffbodens sind jetzt frei. Wir machen aus der Not eine Tugend: Boote werden heruntergelassen, um ihn abzuschaben, zu reinigen. Eine mächtige Sandbank taucht vor dem Bug aus dem abfließenden Strom, weiter und weiter senkt sich das Wasser. Die Schraubenflügel werden frei, gegen zehn Uhr ist sogar die Schraubenwelle sichtbar! Der tiefste Wasserstand ist eingetreten. -- Beim Hochwasser des Nachmittags werden die Engländer ihre Beschießung wiederholen. Das Nachmittagshochwasser ist aber nie so hoch wie das des Morgens. Eisern festgenagelt werden wir auf dem Grund sitzen, werden wehrlos, auf dem Präsentierteller liegen und ihren Granaten preisgegeben sein. -- Gegen Mittag fahren wir mit den Torpedoeinbäumen wieder nach der Mündung, legen uns in den Kreek von gestern. Um vier Uhr haben wir Hochwasser, um vier Uhr muß es sich entscheiden. Entweder erscheint der graue Bug eines Kreuzers dort an der Ecke bei den überhängenden Mangrovenbüschen, oder schwere Schläge dröhnen von See herauf, von dumpfem Krachen weit im Innern des Deltas gefolgt, wo unser wehrloses Schiff auf der Sandbank sitzt, wo unsere Kameraden ergeben ihr Schicksal erwarten. -- Wieder steigen die Wasser, wieder flattern die Reiher und flöten die Regenpfeifer. Wieder tritt die lautlose Stille des höchsten, des Stauwassers, ein. Wieder warten wir atemlos, Seh- und Gehörnerven aufs äußerste angespannt. Wieder summen die Moskitos, flüchten die langbeinigen Wasserspinnen. -- -- -- Aber nichts unterbricht die Stille, kein Bug erscheint, keine Breitseite erdröhnt! -- -- Mit der Pinasse fahren wir vor bis zur Mündung -- da liegen die drei großen englischen Kreuzer -- einer hinter dem andern -- weit ab -- keiner rührt sich. Die Wasser setzen sich allmählich in Bewegung, strömen ab -- die Sonne senkt sich. Bewegunsgslos liegen noch immer die drei mächtigen Engländer, jeder allein zwei Schiffen wie die »Königsberg« gewachsen -- bewegungslos -- schweigend. Wie ausgeschnitten heben sich ihre langgestreckten dunklen Umrisse vom hellen Himmel ab. -- Warum sind sie heute nicht gekommen, heute, wo wir gebunden und geknebelt auf dem Sandhaufen stehen, das Unvermeidliche erwartend, heute, wo sie mit uns leichteres Spiel gehabt hätten, als der Henker mit seinem gefesselten Opfer? Wunderlich spinnt das Schicksal oft seine Fäden. Die Nacht sinkt hernieder. Um Mitternacht setzt die Flutwelle ein, im Morgengrauen arbeiten Maschinen und Spills, die Mannschaft legt sich in die Trossen, das Schiff löst sich langsam vom Grunde, richtet sich mit pendelnden Bewegungen auf -- -- die aufgehende Sonne sieht uns weit hinter der Barre im tiefen Wasser des Rufiji nach Westen ins Innere dampfen. Simba-Uranga Alle Seekarten vom Rufijidelta, sowohl die englischen wie die von den Engländern übernommenen deutschen zeigen nur in _einem_ Arm solche Wassertiefen, daß bei Hochwasser auch größere Schiffe einlaufen können. Dieser Arm ist der vorher erwähnte Saningaarm, der zwischen der Simba-Uranga- und Saninga-Insel in die See mündet. Alle südlichen Rufijimündungen, wie die Kiomboni-, Msalla-, Ndahi- oder Kiassimündung, sind bei einer Breite von fast einem Kilometer so versandet, daß kaum eine flachgehende Dhau bei Niedrigwasser eine schmale Einfahrtsrinne finden kann. Auch in dem nördlich der Simba-Uranga-Insel mündenden mächtigen Kikunjaarm finden wir selbst in den neuesten Seekarten an der Mündung Wassertiefen von nur zwei bis drei Metern, daher kann auch dieser Zweig des Rufiji zu Schiffahrtszwecken nicht benutzt werden, obwohl er an sich sehr günstig gelegen ist, weil er sich nahe der Straße Daressalam-Kilwa-Lindi hinzieht. Das deutsche Vermessungsschiff »Möve« aber hat nur wenige Wochen vor Kriegsbeginn festgestellt, daß alle diese Tiefenangaben der Karten in Wirklichkeit nicht mehr zutreffen, da durch das starke An- und Abschwellen aller afrikanischen Flüsse zur Regen- und Trockenzeit auch eine andauernde Verschiebung der Flußbettverhältnisse bedingt ist, die eigentlich eine alljährliche genaue Vermessung verlangte. Und so finden wir denn im Kikunjaarm Tiefen von zehn bis vierzehn Metern, genügend, bei Hochwasser jedem Ozeanriesen Einlaß zu gewähren. Den Engländern ist dies aber zum Glück unbekannt, und so richten sie lediglich ihr Augenmerk und ihre Wachsamkeit auf die Simba-Uranga- oder Saninga-Mündung. Sie sind jetzt vollkommen beruhigt, da sie glauben, diesen Arm durch die Versenkung der »Newbridge«, die mit anerkennenswertem Mut und seemännischem Geschick unter dem Feuer unserer Maschinengewehre und kleinen Geschütze in den Saningaarm gesteuert, quer zum Fahrwasser gelegt und gesprengt wurde, vollkommen gesperrt und unpassierbar gemacht zu haben. Aber die ganze »Newbridge« ist nicht den dritten Teil so lang, wie der Saningaarm an der Stelle breit ist. Ruhig und sicher können ganze Geschwader noch an ihr vorbeifahren und uns bleibt immer noch, sollten wir die Absicht haben, auszulaufen, der große tiefe Kikunjaarm übrig, den sie gänzlich unberücksichtigt ließen. Der Ausdruck »bottled up«, mit dem der englische Vizeadmiral King Hall unsere Einschließung dem War office in London gemeldet hatte, dürfte also keineswegs der Wahrheit entsprechen. Die Blockadekreuzer, die uns nun sicher in der geschlossenen Mausefalle glauben, machen denn auch aus ihrer Nichtachtung der Situation gar keinen Hehl und legen sich mitunter so nahe dem Strand verankert, daß man mit einem guten Glase in der erleuchteten Offiziersmesse weiße Gestalten in Dinnerjacketts beim Abendbrot sitzen sehen kann. Diese Harmlosigkeit muß unbedingt unsererseits ausgenutzt werden. Deshalb warten wir mit unseren beiden Torpedoeinbäumen -- Abend für Abend -- auf eine günstige Gelegenheit hinauszupaddeln, um nächtlicherweile an einen der schlafenden Kreuzer heranzuschleichen und ihm ein Torpedo in den Leib zu jagen. -- Aber jeder Versuch scheitert zu unserer Verwunderung ausnahmslos daran, daß ausgerechnet in dem Augenblick, wo wir bei Simba-Uranga die Vorbereitungen zum Auslaufen treffen, er jedesmal seinen Anker einhievt und in langsamer Fahrt ostwärts, in der Richtung auf die Insel Mafia zu, in der hereinbrechenden Dunkelheit verschwindet. Ein Hinauswagen in die offene See mit unseren kleinen Fahrzeugen, die kaum handbreit über das Wasser ragen, ist aber ausgeschlossen, da uns die Dünung sofort zu fassen bekommt und die Einbäume, wie schon in mehreren Fällen, zum Volllaufen und Kentern bringt. Allmählich wird uns klar, daß hier nur Verrat im Spiel sein kann. Jeden Abend gehe ich voll Erwartung quer über die Simba-Urangainsel nach dem Strand zu, um bei der untergehenden Sonne Ausschau zu halten. Hoch oben auf einer schlanken Kasuarine, deren schwarze, tannenartige Gestalt sich düster von den rauschenden, raschelnden Palmen und Mangobäumen abhebt, haben wir einen Ausguck gebaut und in diesem genieße ich Abend für Abend dasselbe Schauspiel: Ruhig auf dem blauen, bewegten Ozean liegt der graue Rumpf des Engländers -- bewegungslos, plump und massig. Dahinter, fast am Horizont, dehnt sich ein heller Streifen von Norden nach Süden: der gelbe Strand von Mafia, eingesäumt vom weißen Gischt der anrollenden Brandung. Rings um meinen luftigen Standort wogt ein Meer von nickenden, wiegenden Kasuarinen und Palmen, zwischen deren riesigen gestreiften Blättern klobige, grünbraune Kokosnüsse hervorlugen -- unterbrochen von den fast kugelrunden Laubmassen der Mangobäume. Die sind jetzt, zur Zeit der Reife, über und über mit hellgelben und hellgrünen, saftigen Früchten bedeckt, die sich seinerzeit die weltbeherrschende Queen von England vergebens auf ihren Tisch gewünscht hat, da es nicht möglich war, sie im frischen Zustand von Indien nach England zu bringen. Allmählich senkt sich die Sonne, hüllt Mafia, den grauen Engländer, die Palmenwälder, hinter denen sich die Mangrovenwildnis ausdehnt, in glühende Purpurschleier. -- -- Da steigt Rauch aus einem der Schornsteine des Kreuzers. Wutentbrannt muß ich zusehen, wie sein langer Leib sich dreht, langsam nach Osten steuert und kleiner und kleiner wird. Tiefe Schatten senken sich dann über die weiten Niederungen, über die dunkelnde See und verschlingen ihn ganz. Enttäuscht verläßt man den Beobachtungsposten -- argwöhnisch sieht man auf die leuchtenden Feuer, die dort auf den Höhen des Pembaberges aufglimmen, bald hellglühend erstrahlen, bald zu verlöschen scheinen. Kann nicht eines von ihnen der Verräter sein? Und sicher ist es eines gewesen. -- Zu viel der Anzeichen haben später dafür gesprochen! -- Vergeblich warteten wir Tag um Tag. -- -- Eines Nachmittags springe ich wieder aus dem Boot, um durch den Sand stapfend nach der Ostseite der Insel auf meinen Beobachtungsposten zu gehen, als mir ein biederer Landsturmmann entgegen kommt: »Haben Sie gestern einen Torpedo verloren?« fragt er mich. Ich lache -- komische Frage! »Aber da hinten, ganz hoch in den Mangroven, hängt einer!« Ich kann mir mit dem besten Willen nicht erklären, woher hier mitten im Rufijidelta ein Torpedo herkommen soll, steige in mein Boot und lasse mir die Stelle beschreiben. Wir setzen über den Saningaarm und erreichen das gegenüberliegende Dickicht, steuern dann das gewundene sumpfige Ufer entlang. Es ist jetzt fast Niedrigwasser. Von den frei in die Luft ragenden, geschwungenen Wurzeln der Mangroven bis zum langsam abfließenden Wasser liegt ein breiter, braungelber Muttstreifen. -- Die Stelle ist erreicht. Ein kleines Gerinnsel plätschert aus den Büschen heraus, langsam stoßen wir den Einbaum hinein und schieben uns unter die Zweige. »Huko -- dort« meint mein schwarzer Steuerer. Und wirklich! -- -- -- Kaum kann ich meinen Augen trauen -- hoch zwischen den Ästen einer starken Mangrove hängt ein mächtiger, silberglänzender Torpedo mit stark kegelförmigem Kopf schräg nach unten. [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. Nach dem Endkampf des letzten Auslandskreuzers] [Illustration Copyright Walther Dobbertin. Nach dem Endkampf des letzten Auslandskreuzers] [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. Wrack der »Königsberg« bei Hochwasser] [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. Ausgebranntes, noch schwimmendes Wrack der »Somali«] Auf den ersten Blick sehe ich, daß es kein deutscher sein kann, er ist silberbronziert, kürzer und schlanker als unser Schiffstorpedo. -- Mit seinem Schwanzruder und den Schrauben liegt er auf einem dicken Ast auf, während seine Nase, die in zwei propellerförmige Zacken ausläuft, sich in einen Stamm eingeklemmt hat. Ich kann nicht erkennen, ob er scharf oder nicht scharf ist, oder ob er abgeschossen wurde. Vorsichtig untersuche ich ihn -- das System ist mir unbekannt, ein Fehlgriff kann ihn zur Explosion bringen. Ich nehme an, daß er von den Engländern irgendwann gegen ein mir allerdings nicht erklärliches Ziel geschossen worden ist, vorbeiging und dann bei Hochwasser in die Mangroven trieb, wo er sich festhakte, um jetzt bei Niedrigwasser wie ein großer Vogel in den Ästen zu sitzen. Also müßte er noch scharf sein, ein Druck oder Schlag auf seine Greifnasen genügen, ihn zur Explosion zu bringen, was gleichbedeutend wäre mit einer Kraftentwicklung von etwa zwanzigtausend Sekundenmetertons oder einer Kraft, die das größte Linienschiff in der Sekunde einen Meter hoch schleudern würde. Darum Vorsicht! Wir fahren wieder ab -- ich melde telephonisch nach der »Königsberg«, und wir bekommen den Befehl, den Torpedo zu bergen und an Bord zu bringen. -- -- Ein Kutter und zehn kräftige Matrosen pullen uns an Ort und Stelle. Wir haben das Hochwasser abgewartet und diesmal liegt ein Teil des silberglänzenden Leibes im Wasser. Er hängt aber immer noch, denn wir haben augenblicklich Nipp-Tide, erstes Mondviertel, also die Zeit des niedrigsten Hochwassers, das nur bei Voll- und insbesondere Neumond seine höchste Höhe erreicht. Zwei kräftige Matrosen steigen aus und versuchen den Torpedo vorsichtig, sich mit den Beinen gegen die Bäume stemmend, herunterzuheben. Es gelingt nicht! So muß der Ast abgesägt werden! -- Peinlich, denn der Torpedo wird dann mit der Nase nach unten ins Wasser fallen! Die Säge kreischt -- alles raucht Zigaretten und sieht möglichst gleichgültig auf den größer und größer werdenden Spalt im Ast. Da neigt er sich allmählich -- jeder hält den Atem an -- das Schwanzstück rutscht -- -- -- platsch! Er liegt im Wasser! Alles lacht! -- Wie ein großer Fisch wird er weggeschleppt -- -- -- Später haben wir ihn geöffnet und studiert. Es war ein englischer Whitehead-Torpedo. Englische Gefangene erzählten uns dann, daß eine der Barkassen, die die »Newbridge« in die Deltamündung begleitet hatte, Torpedos mitführte, um notfalls die Versenkung zu beschleunigen, und bei der raschen Rückfahrt einen davon verloren habe. Er muß dann vom Hochwasser in die Mangroven getrieben worden und dort hängen geblieben sein. -- So haben wir bei Simba-Uranga nicht nur keinen einzigen Torpedo verschossen, sondern sogar noch einen dazubekommen. * * * Allabendlich stieg ich noch eine Woche lang auf meinen hohen Kasuarinenausguck, allabendlich rauschten die grünen Palmen hier, die blaue See dort -- lag träge und stumm ein grauer Kreuzer. Wurde dann aber das Sonnenlicht röter und röter, die Strahlen schräger und schräger, leuchteten sie karmin- und zinnoberfarben, dann kam Bewegung in diesen grauen Leib -- er verschwand in den sich auf den Indischen Ozean senkenden Schleiern der warmen Tropennacht. Allabendlich aber erglühten auf den dunklen Bergen lodernde Feuer, allabendlich sah ich lange durch die Nacht dort hinüber. Eines war dabei, das uns verriet! Waren es Schwarze -- waren es Inder -- Inder aus dem am Fuße des langen Höhenrückens liegenden Dorfe Kikale, die dort in ihren viereckigen Lehmhütten wohnen und Handel treiben? -- Wir wissen es nicht -- -- haben es nie erfahren! -- Aber nur der Jäger, der hartnäckig und zäh Abend für Abend seinen Hochstand bezieht und scharfen Auges auf die im unsicheren Mondlicht glänzende Lichtung späht, hat Erfolg. Urplötzlich teilen sich die lichten, wallenden Nebelschleier und vor ihm steht wie ein Bild aus Bronze das Ziel seiner Jägersehnsucht -- der König der Tiere. -- -- Nicht wankende, zielbewußte Ausdauer hat ihn diesen Augenblick erleben lassen! -- -- Ein halbes hundertmal wohl versank die Sonne in der weiten Steppe, ein halbes hundertmal tauchte sie strahlend aus dem Ozean -- der Mond nahm zu, der Mond nahm ab -- -- er nahm wieder zu, er nahm nochmals ab -- -- unverdrossen harrten wir unserer Beute! * * * Da -- am 6. Februar 1915 -- -- noch kaum erkennbar im frühen Morgenlicht, schiebt sich ein grauer Leib in die Mündung zwischen Simba-Uranga und Saninga. -- Schnell bewegt er sich westwärts, flußauf. Es ist ein kleines Kanonenboot. Aber schon hat ihn unser Auge erspäht -- die hinter Mangroven versteckte Bootskanone der »Königsberg« und zwei Maschinengewehre eröffnen ihr Feuer -- -- weithin hallend in der tropischen Morgenstille über die spiegelnde, gleitende Wasserfläche. Wie der Büffel im Blattschuß zeichnet und nach einem kurzen Hacken blitzartig zusammenbricht, so stoppt das feindliche Späherschiff, nachdem es sich kaum verteidigt, dreht scharf nach Steuerbord und läuft in voller Kraft auf den Strand von Simba-Uranga, tief sich in den weißen Küstensand wühlend. Dann liegt es still! -- Die weiße Flagge geht hoch -- -- das Feuer verstummt. -- -- Der Kapitän und einundzwanzig Mann werden gefangen, zwei Tote begraben -- -- das Kanonenboot, ein gekaperter deutscher und von den Engländern armierter Sambesi-Barrendampfer, der »Adjutant«, wird unsere Beute. Gleich einer der ersten Schüsse hatte die Rudermaschine beschädigt und so das Stranden verursacht. Eben so schnell wie die Sonne steigt, strömen die Wasser bei Eintreten der Ebbe dem Meere zu und als der gestrandete Schiffskörper hoch und trocken auf dem Sande liegt, überschüttet ihn der Blockadekreuzer »Hyacinth« mit Feuer, um ihn zu vernichten. Es gelingt ihm aber nicht, die Entfernung ist zu weit und er wagt sich nicht heran. Als nun die Nacht sich herniedersenkt und die Flut ihren höchsten Stand erreicht hat, schleppen wir unsere Beute ab. -- Wenige Tage vergehen, und ein weiteres Fahrzeug patrouilliert die endlosen Arme des Rufiji auf und ab, die flatternde deutsche Kriegsflagge am Heck, ein 8,8-cm-Geschütz an Bord. -- -- -- Von da ab erlosch das Feuer auf dem Pembaberg! Am Steppenrand Langsam schreitet der Wanderer von Norden kommend über die niedrigen Höhenwellen westlich Nyemsati, um das große Akidendorf Kikale zu erreichen, denn der schmale Negerpfad ist schlecht, vielfach gewunden und von den Güssen der Regenzeit ausgewaschen. Wenn er den kleinen, halbabgeholzten Miombowald an dem sich sanft zur Küste neigenden schrägen Hang hinter sich hat, wo der gewundene Weg sich im hohen Steppengras verliert, bleibt sein Fuß wie angewurzelt stehen: Vor ihm breiten sich die gewaltigen Niederungen des Rufijideltas aus, dessen Umrisse im Süden im wogenden, zitternden Glast der Mittagssonne verschwinden. Rechter Hand, nach Südosten zu, erstrecken sich die blauen Matumbiberge, deren kantige Erhebungen zum Teil in weißgeballten Wolkenhauben stecken. Zwischen ihnen und dem Delta dehnt sich die weite, gelbbraune Steppe, über die der Blick unbegrenzt nach Westen schweift. Dort, wo das silberne Band des Rufiji die Grenzen des Mangrovengebiets verläßt, scheint es sich zweimal um sich selbst zu schlingen, bevor es im Steppengras verschwindet, und dort, kurz vor der ersten Windung, liegt seit gestern der graue schlanke Leib der »Königsberg«. Einen ganzen Monat hindurch Hoch- und Niedrigwasser ausnutzend, ist es ihr gelungen, bis zum Steppenrand vorzudringen und sich dem übermächtigen Feinde zu entziehen. An Steuerbord liegt eine große mit Holz beladene Dhau, auf der träge Schwarze sitzen, die Mangrovenscheit um Mangrovenscheit an Deck emporreichen. Die Kohlen sind ausgegangen -- der Kreuzer heizt seine Kessel mit Holz. So entsteigt denn auch kaum ein leichter Qualm einem der drei Schornsteine, nur ein fast unsichtbares, weißgelbes Wölkchen schwebt ab und zu in den klaren Aether empor. -- Weiß glänzen die Sonnensegel. Noch einige Fahrzeuge sind neben ihr zu erkennen: Ein kleiner Küstendampfer der Deutsch-Ostafrika-Linie liegt stromaufwärts, ein größeres grüngestrichenes Fahrzeug mit der Kriegsflagge daneben. Es ist der kürzlich von uns zurückeroberte »Adjutant«, der, flink und beweglich, eben von einer Patrouillenfahrt nach den Mündungen zurückgekehrt ist. Weiter unterhalb, fast am Heck der »Königsberg«, auf der Innenseite der Strombiegung, spiegelt sich in dem ruhigen Wasser ein eigenartiges, wie eine große, flache Zigarrenkiste aussehendes Fahrzeug: es ist der kleine Heckraddampfer »Tomondo«, der in Friedenszeiten den Verkehr mit der Küste und den paar im Innern gelegenen Pflanzungen vermittelte. Von einer schwarzen Schiffsmannschaft bedient, wird er von einem Weißen gesteuert, einem alten, groben, gelben Afrikaner mit abstoßenden Zahnlücken, und steht jetzt im Dienste der »Königsberg«, um Nahrung und Verpflegung herbeizuholen. Weiter nach Osten, dort, wo die nickenden Palmen von Salale stehen, steigen dunkelbraune Rauchschwaden auf, vermischt mit schwärzlichen Wölkchen; dort ragen zwei Masten, der eine geknickt, der andere schief: es ist die »Somali«, unsere getreue Begleiterin, die sich jetzt für uns dort geopfert hat und im Sterben liegt. Als Ablenkungsmittel und Zielscheibe für die englischen Kreuzer mußte sie bei Salale vor Anker liegend warten, bis die täglich sich wiederholenden Beschießungen ihr ein langsames, aber sicheres Ende brachten. Seit Wochen schon brennt sie, sind ihre Bordwände durchglüht, ist ihre Farbe abgeschmolzen. Treibt man in einem Einbaum, vorsichtig an den Mangroven entlang steuernd, an ihr vorbei, dröhnt ab und zu ein dumpfer Knall, erschallt ein krachendes Poltern. Irgendein Deck, ein Luk, dessen Tragepfeiler abgeschmort oder verbrannt sind, ist eingestürzt. Sie liegt stark auf der Backbordseite, ihre Bordwände leuchten knallrot, ihre Wanten hängen über Bord! Und wendet der Wanderer auf seinem Hügel kurz vor Kikale den Blick noch weiter nach Osten, nach der breiten, glitzernden Einfahrt südlich der Simba-Uranga-Insel, dann sieht er dort, quer zum Fahrwasser, einen dunklen Strich liegen, der aber so klein und kurz ist wie ein Punkt auf einem Telegraphenstreifen: die von den Engländern versenkte »Newbridge«, deren Bug so unter Land liegt, daß er, von hier aus gesehen, die Mangroven fast zu berühren scheint. Darüber hinaus, über die wehenden Palmen von Simba-Uranga, Saninga und Kiomboni hinweg schweift das Auge über die weite See und bleibt wiederum an einem grauen, schlanken Körper hängen, ganz ähnlich dem, der dort hinten am Steppenrand liegt -- dem englischen Blockadekreuzer. Zwei graue Körper, beide sich ähnlich, beide zum selben Zweck gebaut -- aber zwei Todfeinde, von denen jeder nur ein Ziel hat -- -- die Vernichtung des anderen. Aber jetzt sind sie noch getrennt durch den weiten grünen Teppich der Mangrovenwälder, der vorläufig eine unüberwindliche Schranke bildet. Wie lange noch? Ganz dort hinten, am Horizont, nach Südosten zu, auf dem glitzernden Ozean hebt sich der dunklere Strich von Mafia ab, dessen wehende Palmen aus dieser weiten Entfernung wie vom Winde bewegte Haare eines Katzenpelzes aussehen. Dort sitzt jetzt der Feind. Vor einigen Tagen hat er die Insel besetzt! Dort, wo die der afrikanischen Küste zu gelegene Tirenebucht sich weitet, hat er seine Kreuzer, seine Geschwader liegen, von dort dröhnt das dumpfe Rollen seiner Schießübungen herüber, mit denen er sich auf den Endkampf, der einmal kommen muß, vorbereitet, von dort steigen seine Flieger auf, die wie große Vögel, weißen Reihern gleich, über die Rufijiwildnis flattern -- äugend und spähend. -- Zitternd, flimmernd liegt der heiße Dunst des Mittags über der weiten Landschaft, einem Bild, das den Ozean, die Steppe, Flüsse, Sümpfe und Gebirge umfaßt, das als winzige Punkte zwei von der sengenden Sonne beschienene Todfeinde zeigt. Ein helles Klingen geht durch die dampfende, glühende Luft. Millionen von Grillen und Zykaden zirpen, pfeifen und singen. -- Weiter stapft der Wanderer durch den tiefen Sand. -- -- -- * * * Blauschwarze Nacht liegt über den weiten Mangrovenniederungen und der flachen Steppe -- blauschwarze Nacht über dem dazwischen schimmernden Arm des Rufiji, der schlafenden »Königsberg«. Schwüle Hitze lastet über dem Deck, noch schwülere in den Kammern. Der Ventilator drückt gleichmäßig summend und surrend einen starken Luftstrom durch die Moskitonetze auf die nackten, schweißnassen Körper der Schlafenden. Der Kreuzer, nur Blech, Eisen und Stahl, sammelt unter Tage zwölf Stunden lang die glühende Hitze der strahlenden Sonne, bis seine Decks so brennen, daß es durch Sohlen- und Stiefelleder geht. Nachts strahlt er zwölf Stunden lang diese Glut wieder aus. Unruhig und stöhnend wälzen sich die Schläfer, ab und zu mit der Hand den rinnenden Schweiß aus der Stirne streichend. -- »Zehn Minuten vor zwölf Uhr!« Ein Läufer kommt, weckt mich zur Mittelwache. Der Kopf taucht in das lauwarme Wasser und halberfrischt, immer im Strahl des luftdrückenden Ventilators, ist in wenigen Minuten das Ankleiden beendet. Ich ziehe hohe Moskitostiefel und Lederhandschuhe an, denn wir liegen mitten in einer der übelsten Fiebergegenden Ostafrikas. Die Schärpe in der Hand trete ich auf das nachtdunkle Deck. Die noch von der Lampe geblendeten Augen sehen erst nichts, nur das eintönige Summen und Surren von Moskitoschwärmen dringt an das Ohr. Knarrend und ächzend stöhnt von unten herauf irgendeine Pumpe. Allmählich erkenne ich die drei mächtigen Schornsteine, die schwarzen Silhouetten der Masten, die in den glitzernden Sternenhimmel wie zwei dürre Finger ragen. Das Kreuz des Südens wird gerade von dem vordersten Scheinwerfer verdeckt. Ich gehe zum Fallreep. Da steht die weiße Gestalt meines Vorgängers. Es glast zwölf Uhr! »Guten Morgen!« »Gut geschlafen?« »Danke -- etwas los?« »Nichts!« Wir wechseln die Schärpe. -- »Angenehme Ruhe!« Ich stehe allein am Fallreep. Abgelöste Wachen und Posten melden sich -- ein kurzes Getrappel, dann liegt wieder tiefste Stille über den Decks. Leise murmelt der Rufiji am Fallreep. Er fließt ab -- ist schon sehr stark gefallen. Weiß leuchtend hebt sich dicht neben dem Bug eine helle Sandbank ab. Nachtschwarz, geisterhaft mit Schatten und Spiegelbild verwoben, säumen die Mangrovenwälder den hier schon ziemlich engen Fluß. Ich beuge mich über die Reeling und lausche den Stimmen der Wildnis dort drüben. Ganz vorn, dort wo der Fluß in weißlich silbernen Nebeln zerfließt, dröhnt das Schnauben und Brüllen von Flußpferden, die die sternhelle Nacht benützen, das Wasser zu verlassen, trampelnd und stampfend querfeldein zu ziehen und Nahrung im dichten Schilf zu suchen. Die Luft erzittert oft von dem gewaltigen Brüllen, das weitaus stärker als die Stimmen aller Tiere, selbst des Löwen, über die schweigende Mangrovenlandschaft hallt. Prusten, Schnauben und ein Platschen folgt, wie wenn morsche Urwaldriesen zusammenbrechend ins Wasser stürzen. Angespannt lausche ich dem Treiben der Tiere, die da vorne ihr Wesen treiben. Weit kann es nicht sein, aber ich kann keines sehen. Hier in dieser verlassenen Urwaldabgeschiedenheit, die selten von Europäern betreten wird, freuen sie sich noch vollkommen ungestört ihres Daseins. In vielen anderen afrikanischen Flüssen sind sie schon fast ausgestorben, im Rufiji aber habe ich noch Herden von 50 und mehr Stück aus nächster Nähe gezählt. Weiß wallen die Nebel dort vorn. Das Brüllen und Prusten hört plötzlich auf -- anscheinend haben die Tiere den Fluß verlassen. Ein paar Minuten herrscht tiefste Stille, die nur von den Traumlauten eines schlafenden Regenpfeifers unterbrochen wird. Da jaulen plötzlich dicht an Land zwei Hyänen auf. Eine heller, die andere mit tiefer Stimme. In weitem Bogen umschleichen sie die wenigen hohen Bäume, die dort in schwarzer Gruppe beisammen stehen. Wunderlich klingt ihre heisere Stimme in dem tiefen Schweigen der majestätischen Flußlandschaft. Fast eine halbe Stunde lang stehe ich lauschend an die Reeling gelehnt. -- Gleichmäßig hallt über Deck der feste Schritt des Bootsmannsmaaten der Wache. Stumpfsinnig und verschlafen steht der »Läufer Deck«, ein junger Bursche aus dem Bayerland, in einer Ecke und träumt, auf einen Lukendeckel gestützt, wohl von seiner fernen Heimat, aus der schon lange keine Nachricht mehr eintrifft. Langsam gehe ich nach vorn. Hier liegt im schwarzen Schlagschatten der hohen Bordwände eine alte arabische Dhau. Ihr abgebrochener Maststumpf ragt kaum einen halben Meter über Deck. Sie ist voll von rötlichen Mangrovenscheiten, die Stück für Stück durch die faulen Hände dreier verschlafener Schwarzer an Bord wandern und von dort ihren Weg in die Kesselräume nehmen. Unangenehm störend klingt ihr Poltern über Deck. Auf Bug und Heck der Dhau liegt zu schwarzen Klumpen geballt die Ablösung, meist kräftige, sehnige Neger aus dem Warufijistamm, deren gleichmäßig tiefe Schnarchtöne die Luft durchsägen. Ab und zu schlägt einer mit der flachen Hand auf die Haut. Irgendein Moskito, der die unendliche Langmut, Gleichgültigkeit und Dickfelligkeit des Schwarzen überschätzt und sich allzulange mit rotem Blut vollgesogen hat, muß sein Leben lassen und klebt nun als roter Blutfleck an der Stelle seiner Gier. Aber keiner der Mohren läßt sich dadurch stören, gleichmäßig schnarchen sie weiter um die Wette mit dem Summen der Moskitoschwärme. Anders vorn auf der Back! Ich steige die Steuerbordtreppe empor. Mann an Mann liegen dort unsere Leute halb nackt an Deck, mit offenen Augen mich anstarrend. Sie können nicht schlafen! Unter Deck ist die Hitze zu groß, hängen sie doch dort, einer dicht am andern, in ihren Hängematten. So gehen sie eben nach oben, um dort die Kühle der Nachtluft zu atmen, wohl wissend, daß der Schlaf sie fliehen wird -- denn überall singen Moskitos! Unwillkürlich knöpfe ich meine Lederhandschuhe fester zu und qualme stärker aus der Pfeife. Von allen Seiten ertönt Stöhnen, Murmeln, halblautes Fluchen, das Klatschen von Händen auf nackten Fleischteilen. Dort richtet sich einer wütend halb auf, hier stampft einer mit den Beinen, wälzt sich an Deck. Wie viele von ihnen werden morgen wieder ins Lazarett wandern, -- vom Fieber geschüttelt? Fast zwei Drittel von allen liegen schon dort! -- Ich steige auf die Brücke, da erscheint über der dunklen Mangrovenwand die halbe Sichel des Mondes, alles in bleiches Licht tauchend. Die weißen wallenden Nebelstreifen werden noch weißer, das helle Band des Stromes wird zu flüssigem Silber. Die Hyänen dort drüben verstummen. Dafür hebt weiter vorn das Fauchen, Schnauben und Dröhnen der Flußpferde wieder an. Schweigend liegt im hellen Mondlicht unter mir das Schiff. Hierher, bis auf die hochgelegene Brücke herauf, dringt kein Stöhnen, kein Schnarchen, kein halblautes Wort. Nur die Schritte des wachhabenden Bootsmannsmaaten und das Schluchzen der Pumpen. Wie drei schwarze Riesen ragen die mächtigen Schornsteine, an ihrer Backbordseite grell vom Mond beschienen. Reeling, Geschütze, Aufbauten gleichen in der gespenstischen Beleuchtung unwesentlichen kleinen Spielzeugen. Weit schweift der Blick von hier über die im silbernen Licht liegende Mangrovenwildnis, die sich unendlich nach Osten und Norden ausdehnt. Im Westen verschwindet die weite, breite Steppe. -- Riesengroß in ihrer Einsamkeit lastet die Urwaldabgeschiedenheit! -- Und mitten darin, wie ein Fremdkörper in den Eingeweiden eines Menschen, dieses komplizierte Erzeugnis ausgeklügelter Technik, diese Sammlung von Maschinen und Maschinchen, bevölkert von einer zusammengedrängten Masse von Menschen -- ein moderner Kreuzer! Er paßt nicht hierher in diese Jahrtausende alte Wildnis, deren geheimnisvolles Leben ihn umspielt. Ob sich sein Schicksal hier erfüllt, er in dieser Einöde zugrunde gehen wird, mit allem was auf ihm lebt? Dann wird man nach Jahrzehnten, wenn der Fluß in seinem ewigen Auf und Nieder diesen Arm versandet hat, wenn der Wind die Samen der Mangroven darüber hingestreut und die Zeit sie zu Bäumen hat anwachsen lassen, aus dem grünen Dickicht der verästelten Mangroven wirres, zerschossenes Eisenzeug, geknickte Masten, zerfetztes Blech hervorragen sehen. Braune, zähe Stämme mit Luftwurzeln werden aus verrosteten Luken wachsen, in den verschlickten Kammern, Heiz- und Maschinenräumen werden zwischen vom Wasser zerfressenen Kolben und Pleuelstangen gelbgraue und schmutziggrüne Krokodile hausen. -- -- -- Die Schritte des Wachhabenden sind verklungen. -- Ich sehe im hellen Mondschein, wie ein Geschütz gerichtet wird. Da steige ich an Deck nieder. Die Mündung zeigt auf die helle Sandbank. Bootsmannsmaat der Wache und Läufer Deck sehen abwechselnd angestrengt durch das Zielfernrohr. »Was ist da zu sehen?« »Auf der Sandbank sind zwei Flußpferde, ein großes und ein kleines! Da -- jetzt tanzen sie im Kreise!« Mit dem Nachtglase erkenne ich ein mächtiges, altes Tier -- keine vierhundert Meter vor dem Bug des Kreuzers hopst es auf dem weißen Sande auf und ab, dazwischen macht ein kleines, halb ausgewachsenes, seine Sprünge. Sie jagen im Kreise mit einer bei ihrem riesenhaft plumpen Körperbau in Erstaunen setzenden Gewandtheit und Schnelligkeit. Mit einem Satz wirft sich das große Tier hin -- das kleine kann seinen hopsenden Galopp nicht stoppen und purzelt darüber hinweg. Dann beschnuppern sie sich, traben noch einmal herum und springen prustend, spritzend und schnaubend ins Wasser. Eine Minute lang sieht man nur die Kreise auf der hellen Fläche, da wird im glitzernden Mondlicht erst ein kleiner schwarzer, dann ein dicker plumper Kopf sichtbar. Sie rudern beide flußauf, ab und zu gurgelnd und fauchend. Das kleine steuert jetzt mehr nach dem Ufer zu und verschwindet im dunkeln Spiegelbild der Mangroven. Schnaubend dreht sich das alte im Kreise und taucht unter. -- -- An der Reeling haben sich mehrere Gestalten angesammelt, die nicht schlafen können, und betrachten voll Staunen dieses von Bord eines modernen Kreuzers sicher noch nie gesehene Schauspiel. Über den Mond zieht eine lange Wolkenfahne, ihn fast ganz verhüllend. Ihr dunkler Schatten taucht Sandbank und Fluß in lastende Finsternis. Da oben muß eine starke Brise wehen, denn mit großer Schnelligkeit segelt die Wolke weiter! Sie wird lichter und lichter, schon kann man das helle Gesicht des Mondes wie durch einen Schleier wieder erkennen. Die letzten Fetzen ziehen vorbei. -- -- -- Das bleiche Licht fällt wieder auf die Landschaft. Ein allgemeiner Ruf des Staunens! -- Keine zehn Meter vom Fallreep erscheint eine mächtige, breite, wassersprudelnde Schnauze -- -- gleich folgt der riesige schwarzbraune, pferdekopfähnliche Schädel mit den wackelnden Öhrchen. Ein verwundertes Glotzen der kleinen Äuglein -- ein Schnauben -- -- -- weg ist er. -- Es ist jetzt Niedrigwasser. Spiegelnd liegt die Fläche -- bewegungslos. Lange Zeit sehen wir nichts. Plötzlich teilt sich am Rande der Sandbank das Wasser -- schwarz und plump schiebt sich langsam der wuchtige Flußpferdkörper empor, dann mit einem Satz, sich schüttelnd, steht er auf den kurzen, dicken Stummelbeinchen. [Illustration: Blick in die Offiziersmesse der »Königsberg« =vor=] [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. und =nach= der Vernichtung] [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. Granattrichter in der Sandbank neben dem Wrack,] [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. in denen ein Teil der Gefallenen bestattet wurde] Den klotzigen Kopf am Boden, trabt er im Kreise über den weißen Sand, wirft sich mit einem Schwung auf den Boden, wälzt sich einige Male und bleibt dann mit einem tiefen, behaglichen Grunzen auf der Seite liegen. -- »Ein riesiger Bulle!« -- sagt hinter mir jemand. Mein Vorgänger, der ebenfalls nicht schlafen konnte, ist in weißer Hose und Hemd an Deck getreten und sieht durch sein vorzügliches Nachtglas auf die Sandbank hinüber. »Ob ich ihn schieße?« meint er. »Das Licht ist sehr unsicher -- auf jeden Fall müssen Sie auf die Bank hinüber fahren!« »Läufer, Dingi klar!« Das kleine Boot setzt ab und steuert schräg auf das Ufer, um sich im Schatten der Mangroven an die Sandbank heranzupirschen. Für ein paar Minuten verschwindet es im Dunkel, dann sieht man es sich aus den Bäumen herausschieben, die kurze glitzernde Wasserfläche durchmessen, am Rande der Sandbank anlegen. -- Das Flußpferd liegt noch ruhig auf der Seite, ab und zu stampft es mit einem Hinterfuß kurz in die Luft. Eine weiße Gestalt verläßt das Boot und schreitet gebückt über die helle Fläche. Sie kniet nieder -- keine fünfzig Meter entfernt -- legt an. Ein Wolkenschleier segelt über den Mond, lange Schatten fliegen über den Fluß. Ein Blitz -- -- -- ein Krach! Deutlich hört man den Aufschlag in dem massigen Körper. Mit einem Satz fährt das Flußpferd in die Höhe, hopst einmal auf und nieder und galoppiert dann in langen Sprüngen rund um die Sandbank. Die Wolken sind vorüber, es wird wieder hell, lange Schlagschatten werfen Schornsteine und Masten auf das Wasser. An allen Zielfernrohren der Geschütze stehen erwachte Schläfer und sehen zu. Die weiße Gestalt da drüben steht auf, legt an. -- Das Ziel ist unsicher -- in nie gedachter Schnelligkeit springt es abwechselnd im Kreise und im Zickzack, neue Wolkenfetzen verschleiern den Mond. Noch zweimal krachen die Schüsse -- zweimal hört man den Aufklatsch der Kugel auf der brettharten Haut. Da rast das getroffene Tier mit einer plötzlichen Kehrtwendung in das aufspritzende Wasser und verschwindet fauchend und schnaubend. Es hat wohl drei tödliche Kugeln, aber -- -- es ist dem Schützen entgangen! -- Gespannt sehen wir auf die helle Wasserfläche, ob der Kopf nochmals auftaucht. Minuten vergehen. -- Eben will das Dingi abstoßen und zurückkehren, da erscheint am entgegengesetzten Rande der Sandbank wieder der mächtige Schädel -- mit einem kurzen Ruck steht ein schwarzer Körper auf den Beinen, und von neuem trabt das Flußpferd auf dem weißen Sande. Wieder kracht ein Schuß, dann noch einer. Es knickt kurz in den Hinterbeinen ein und setzt dann ruhig, als sei nichts geschehen, seine Sprünge fort, ohne auf den Gedanken zu kommen, im schützenden Strom zu verschwinden. Da stößt das Dingi ab -- in wenigen Minuten ist es an Bord. Dem Schützen sind die Patronen ausgegangen, er holt neue. Unbegreiflich! -- -- Ruhig erwartet das Flußpferd, abwechselnd hin- und herspringend, dann wieder stehen bleibend, seinen zurückkehrenden Todfeind. Der kommt an der Sandbank an, steigt aus, da legt sich wieder eine dunkle Wolkenwand vor den Mond. Sekundenlange Dunkelheit, dann wird es wieder heller, -- da stehen Mensch und Tier keine zehn Schritt weit auseinander! Ein Blitz, ein Knall -- mit einem dumpfen Krach bricht der riesige Leib zusammen und bleibt regungslos liegen! -- Die beiden drüben binden ihn an den zunächst stehenden Mangroven fest, damit der auflaufende Fluß ihn nicht forttreibt, dann kehren sie zurück. Es war ein mächtiger alter Flußpferdbulle, der in unglaublicher Zähigkeit erst dem aus nächster Nähe gefallenen Gehirnschuß erlegen ist. Als großer, schwarzer Fleck liegt er jetzt da drüben auf dem weißen Flußsande. Die Hyänen, die bis jetzt geschwiegen, beginnen wieder zu heulen -- das Dröhnen der Flußpferde aus dem südlichen Nebelstreifen nimmt zu. Die aufgescheuchten Schläfer ziehen sich wieder zurück. Schweigend und ruhig liegt das Deck, klar scheint der Mond, gespensterhaft ragen Masten und Aufbauten. Der Strom ist gekentert -- in murmelndem Zuge gleiten die Wasser flußaufwärts. Kleiner und kleiner wird der weiße Fleck der Sandbank um den schwarzen Körper herum. Gleichmäßig hallen die Schritte des Bootsmaaten der Wache, -- Scharen von Moskiten summen. Der Läufer Deck nimmt die flackernde Handlaterne -- er geht die Ablösung wecken. Die Wasser haben die Sandbank jetzt vollkommen überflutet, den schwarzen Körper langsam gehoben und gedreht. Vier dunkle, massige kurze Beine ragen aus dem im Mondlicht glitzernden Spiegel. Verschlafen kommt die Ablösung -- verschlafen, schweigend, müde ziehen die neuen Posten auf. Von der weiten Steppe her weht jetzt der frische Frühwind. Der tiefe, ruhige Morgenschlaf der Tropen sinkt über Besatzung und Schiff. Die Hyänen hören auf zu klagen, das Brüllen und Dröhnen dort vorn verstummt, nur noch Schnauben und tiefes Gurgeln ist einigemale zu hören. Die Dickhäuter suchen den Fluß auf. Ein Tippu-tipp beginnt schüchtern zu flöten, halb im Schlaf -- halb erwachend schluchzt ein Regenpfeifer, -- zwei weiße Reiher flattern in schiefen Kurven über die schweigenden Mangrovenwipfel. * * * Trocken, glühend heiß liegt die Luft des Spätnachmittags noch über der »Königsberg«. Die Bootsmannsmaatenpfeifen schrillen »Klar Deck«. Die selbst gefertigten Duschen spritzen auf. Vergnügt kühlen sich unter ihnen die Leute. Eine lange Reihe Schwarzer steht an Deck, beladen mit Bananen, Apfelsinen, Mangos. Staunend und lachend stehen sie auf dem Mitteldeck in ihrer Verwunderung über das Leben und Treiben auf dem so riesengroßen »manowari« -- Kriegsschiff -- hier mitten im Rufijifluß, den sie doch schon seit Jahren kennen, auf dem sie aber nur ihre schmalen schlanken Einbäume, bestenfalls eine abgetakelte Dhau gesehen. Noch mehr wundern sie sich über die noch nie auf einem Fleck gesehene Menge von Europäern, die hier -- sie können es gar nicht begreifen -- richtig wie sie selbst arbeiten müssen -- rudern, Deck und Geschirr reinigen und an langen Kutterläufern große Boote hochholen. Alle Europäer, die sie bis jetzt kannten, kamen nur in Begleitung von vielen Schwarzen, ließen sich tragen, Stiefel, Kleider an- und ausziehen. * * * Die Sonne steht schräg am Himmel, ich rufe meine zwei schwarzen Begleiter, um mit ihnen auf die Jagd zu gehen. Zum ersten Male liegen wir jetzt am Rande der Steppe mit ihren Busch- und Bauminseln -- das Gras ist großenteils niedergebrannt, also kann ein Pirschgang Erfolg versprechen. -- Die »Königsberg« liegt keine dreißig Meter von Land ab -- eine kleine Bootsfähre verbindet das Fallreep mit einem von uns angelegten Landungssteg. Holperig und vertrocknet dehnt sich dann nach Westen zu der ebene Steppenboden aus. -- Bald verschwinden die hellbestrahlten Bordwände und Schornsteine hinter den hohen Baumgruppen des Ufers. Einige hundert Meter weit hört man noch die Geräusche und den Lärm des Bordbetriebes, die Signalpfeifen, trappelnde Schritte. Dann umfängt uns die Stille des afrikanischen Busches. Wir biegen nach Westen zu in das hohe Gras ab, denn nach Süden windet sich ein schmaler Negerpfad, nach einem nicht sehr weit abliegenden Dorf Mitschi-gitschi zu. Wir wollen ihn vermeiden, da er jetzt häufiger begangen wird, sei es von Trägerkarawanen mit Verpflegung, Eilboten oder auch neugierigen Eingeborenen, die das deutsche Kriegsschiff hier mitten im Herz ihres Landes sehen wollen. An einer Gruppe von Dum- und Borassuspalmen vorbei schlagen wir uns in den Busch. Hier steht noch hohes Gras. Der Steppenbrand des Vorjahres hat anscheinend dieses Dickicht nicht durchdringen können, das mit niedrigem Dornbusch und unentwirrbarem Gestrüpp verwachsen und verfilzt ist. Schritt für Schritt dringen wir vorwärts. Wilde Tauben gurren. Eine Schar kleiner grüner Papageien flattert auf. Ein winziger, gelber Webervogel hüpft von Halm zu Halm. Dann wird das Gras niedriger, vereinzelte Grüppchen von Aschenresten zeigen an, daß hier das Feuer durchgeprasselt sein muß. Wir kommen schneller vorwärts. Es ist mein erster Pirschgang auf afrikanischem Boden. Eigenartig mutet der Gegensatz zwischen dem neuzeitlichen lärmenden Bordbetrieb eines gefechtsklaren Kriegsschiffes und dieser verlassenen, träumenden Urwaldstille an. Zwei Welten -- kaum einige Kilometer auseinander -- und dennoch durch Entwicklungsstufen von Jahrtausenden getrennt. -- Tiefer und tiefer führt uns unser Weg. Breite Schilfstreifen wechseln wieder mit dürren, mannshohen Grashalden, dichtes Unterholz mit freistehenden Baumgruppen, aus denen je ein bis zwei stachelige Palmen herausragen. Wild ist nicht zu sehen. Wir folgen der tiefeingetretenen Spur eines Flußpferdes, die von der Sonne ausgetrocknet als eine Reihe von mächtigen Löchern mit harten Rändern über den ebenen Boden läuft. Manchmal kreuzt sie sich mit anderen Spuren dieser wuchtigen Dickhäuter, oft laufen drei bis vier nebeneinander und durcheinander. Der Boden ist so zerwühlt, daß ich nur langsam vorwärts komme. Dort vorn werden die Bäume etwas höher -- die Flußpferdspuren mehren sich -- sie werden zu einer breiten Straße. Die Äste auseinanderbiegend oder mit dem Buschmesser durchhauend, stehen wir vor einem schmalen, anscheinend seichten Kreek. Keine Liane, kein umgestürzter Baum, auf dem man hinüber könnte. -- Dann müssen wir eben so hindurch! Mein Gewehrträger zeigt auf eine breite, ziemlich tiefe Rinne im Mutt des Ufers -- daneben läuft noch eine und noch eine schmälere. Weiter unten sehe ich noch mehrere. Sie alle verlieren sich unter dem Ufergebüsch. »Mamba« meint er -- »Krokodile!« »Piga« -- »schießen mit der Pistole ins Wasser -- dann können wir hindurch -- dann gehen sie weg.« Zwei bis drei Schuß knallen. Wir steigen hinein, versinken bis an die Hüften in dem weichen Schlamm und waten durch das grünlich-braune Wasser hindurch. Es ist der letzte schmale Kreek, der hier die Steppe durchschneidet. Von nun an haben wir offenes, freies Gelände vor uns. Hier zeigen sich Wildspuren. Ich lasse mir die Abdrücke von Wasserböcken, Ried- und Buschböcken zeigen. Eindrücke von Warzenschweinen -- hier von einem ziemlich kleinen Leoparden kreuzen unsern Weg. Auf dem weißen feinen Flugsand, auf dem nur spärliche Grashalme wachsen, sehe ich wie in einem Bilderbuch die Tiere, die hier vorübergewechselt sind. Da sich vor uns eine weite, freie Steppe ohne Baum und Strauch hinzieht, wenden wir uns mehr nördlich, wo hohe Bäume eine Biegung des eben verlassenen Kreeks anzeigen. Dichtes Schilf raschelt, verdorrte Halme und Blätter knacken unter unsern Schritten. Vor mir geht der Gewehrträger, jedesmal hoch seine nackten Beine emporhebend, um das Schilf niederzutreten. Plötzlich stockt er -- stößt einen kurzen Kehllaut der Verwunderung aus und bückt sich. Grinsend dreht er sich um, er hält in der Hand ein großes weißes Ei -- fast doppelt so groß wie ein Hühnerei, nur etwas länglicher. »Maiai ya mamba!« -- ein Krokodilsei! Dort unten liegen noch mehrere -- zwanzig bis dreißig, alle auf einem Haufen! Es sieht in dem grünen dichten Schilf aus wie das Nest eines riesigen Osterhasen. Auf einem alten, vertrockneten Ast klopft Musa -- der Gewehrträger -- ein Ei auf. Vorsichtig öffnet er die beiden Schalen genau in der Mitte. Mit Staunen sehe ich zwei, durch eine zarte weiße Scheidewand geteilte Hälften, in deren jeder, bräunlich und zu einer Spirale zusammengerollt ein Krokodilsembryo liegt. Fast sieht es aus wie ein um den Finger gedrehtes Seepferdchen. Wir markieren den Platz, um auf dem Rückweg wieder hier vorbeizukommen, schlagen einen kleinen Bogen und tauchen im hohen Gras unter, das nach einigen hundert Metern niedriger und niedriger wird, um in die busch- und baumbesetzte Steppe überzugehen. Durch eine boskettartige Gebüschgruppe zwängen wir uns, Dornen reißen an Armen und Beinen, stachlige Blüten streifen das Gesicht. Tief gebückt stecke ich auf der andern Seite aufatmend den Kopf ins Freie -- -- da stehen dicht vor mir drei von der Sonne hell beschienene, plumpe schwarze Tiere, -- »pangos« -- Warzenschweine, wie Musa meint. Das größte von ihnen steht mir am nächsten. Ich kann jetzt, da es sich halb nach mir herumdreht, seine riesigen weißen Gewehre erkennen. Langsam gehe ich kniend in den Anschlag und sehe Kimme, Korn, Blatt. Ich freue mich aber so, schon heute -- gleich beim erstenmal -- auf afrikanisches Wild zum Schuß zu kommen, daß ich wieder absetze, um das Bild da vorn noch länger zu genießen. Im Bewußtsein der Sicherheit des Besitzes der Beute, die mir auf diese kurze Entfernung nicht mehr entgehen kann. Von seltener Plumpheit der Formen -- wie kann man bei einem Naturwesen von Häßlichkeit oder Unschönheit sprechen? -- mit großen Warzen vorne am Kopfe, die wie zwei Kartoffeln lose hin und her baumeln, steht der große Keiler breitbeinig im niederen Gras und äugt blinzelnd in die Sonne. Plötzlich scharrt er kurz mit den Hinterbeinen, dreht sich zweimal um sich selbst, schleudert wie einen Strahl die Erde nach allen Seiten, knickt hinten und vorn ein und bleibt, ein paarmal tiefschnaufend, liegen. Die andern beiden Schweine schnuppern derweilen weiter auf dem Boden herum, ihre plumpen Nasen mit der hauerbewehrten Schnauze ins Gras steckend, das kleine mit senkrecht gehobenem Schwänzchen grunzend hin und her trabend. -- Wieder hebe ich die Büchse -- ein scharfer Knall -- der Keiler legt sich langsam auf die Seite und bleibt regungslos liegen. -- Blattschuß! Grunzend, im Schweinsgalopp, gehen die beiden andern ab. Ein mächtiger alter Eber liegt da vor mir, schwarz, borstig, mit runzeliger Haut, den Bauch mit Erde beschmiert. Morgen wird es an Bord der »Königsberg« Schweinebraten geben! Seine beiden Gewehre umwachsen in einem fast geschlossenen Halbkreis den Vorderteil seines Schädels und sind an der Außenkante vollkommen abgeschliffen. Die Sonne hat sich inzwischen tiefer und tiefer gesenkt, schräg fallen ihre Strahlen durch die dampfende, über der langsam abkühlenden Erde liegenden Luft. Ich lasse einen meiner Begleiter hier zurück, um Wache zu halten, bis von Bord geschickte Träger die Beute abholen, und mache mich mit Musa auf den Heimweg. Wir wählen die direkte Richtung, umschreiten den nahen Busch und schieben uns gemächlich durch die dahinterliegende hohe Grassteppe. Viel Gestrüpp, Lianen und Unterholz. Wir kommen nur langsam vorwärts. Musa muß fleißig von dem Buschmesser Gebrauch machen. Um ihm seine Arbeit zu erleichtern, trage ich mein Gewehr selbst und trotte Schritt für Schritt hinter ihm drein. Wir steigen in eine kleine Geländefalte nieder, mit Händen und Füßen Zweige, Äste und Schlingpflanzen auseinanderbiegend und niedertretend. Plötzlich bleibt Musa wie angewurzelt stehen, duckt sich, dreht sich nach mir um und sagt mit entgeistertem Gesicht nach vorn zeigend: »Simba -- ein Löwe!« Nun war es auch an mir, meine Ruhe zu verlieren. Dieser Zufall, dieses Glück -- gleich am ersten Tage einen Löwen vor die Büchse zu bekommen. »Wo?« »Da vorn neben dem Busch, man sieht nur seine Hinterschenkel!« Aufgeregt nehme ich mein Glas. Richtig -- dort vorn sehe ich einen mächtigen, gelben Hinterschenkel und eine lange Rute, die gerade mit einem Schlage das Gras peitscht. Alles andere ist vom Busch verdeckt. Kein Zweifel -- ein Löwe! Ich habe nur einen Gedanken: den muß ich haben! Aber wie? Wenn ich mich rühre, er mich windet -- -- ein Schritt genügt und der Busch hat ihn verschlungen. Aber so schießen? -- Aufs Geratewohl? -- Höchst unweidmännisch und wahrscheinlich auch gefährlich, ihm hinten eine Kugel hineinzujagen. -- Ich denke aber den Gedanken kaum zu Ende -- alles gleichgültig, ich muß schießen! -- Kimme, Korn, gelber Fleck. Krach! Ein bunter Wirbel dort vorn, -- Äste fliegen, ein gelbes Etwas bäumt sich, wirft sich in die Höhe, wälzt sich. -- Heiseres Gebrüll ertönt. »Piga, piga« -- er ist getroffen, ruft Musa, »aber noch nicht tot!« Langsam gehe ich vor -- nichts zu erkennen -- nur ein gelbes Knäuel rast dort auf und nieder. Ich komme näher und näher. Da zeigt sich plötzlich zwischen dem Gewirr von herumfliegenden Ästen und Gras ein braun-graues, langhaariges Fell. Ich halte darauf -- der Schuß kracht! Ein kurzes Gebrüll, dann Ruhe, nur die Rute peitscht in zuckenden Schlägen den Boden. Jetzt habe ich ihn! -- Ein Hochgefühl überkommt mich, ein namenloser Stolz -- -- ein Löwe! -- Auf dem ersten Pirschgang den König der Tiere! Was werden die an Bord sagen! Mit einigen Sprüngen bin ich an der Stelle, vorsichtig das entsicherte Gewehr in der Hand. Da glotzen mich zwei wütende Augen an. Von ohnmächtigem Haß geschüttelt liegt vor mir ein riesenhafter -- -- Hundsaffe, ein Pavian! Stolz, Hochgefühl, Siegerbewußtsein stürzen mit einem Krach zusammen! Der König der Tiere -- -- ein Affe!! Allerdings ein so selten großer, daß unser beider Irrtum wohl verständlich ist. Ein schneller Fangschuß erlöst ihn von seinen Schmerzen. Um wenigstens meinen Fehlschuß zu entschuldigen, nehme ich als Beute den menschenkopfgroßen Schädel mit den beiden mächtigen Hauzähnen mit. Etwas kleinlaut treten wir den Rückmarsch an. -- -- Es ist kühler geworden! Die Strahlen der afrikanischen Januarsonne fahren noch in feurigen Blitzen über das Himmelsgewölbe, tauchen alles in rotes Licht, haben aber keine Gewalt mehr. Schnell durch den raschelnden Busch schreitend, eilen wir nach Hause. -- Schweigend liegt die Wildnis da, nur das Rucksen und Gurren einer wilden Taube ertönt in kurzen Abständen. Ein aufgestörtes Volk Perlhühner durchflattert schwirrend die Wipfel. -- Plötzlich ein anderer Laut! Ganz da vorn schrillt eine Pfeife! -- S. M. S. »Königsberg«! -- Die Bootsmannsmaatenpfeife ruft zur Flaggenparade. Wir treten auf eine freie Lichtung. -- Karminrot beleuchtet liegt unser Kreuzer vor uns, feurige Lichter blitzen aus den Seitenfenstern und dem blanken Messing. Es ist der letzte Gruß der untergehenden Sonne. »Hol nieder Flagge!« Langsam senkt sich die Kriegsflagge -- -- es ist Januar 1915! -- Die letzte, die noch im Ausland weht! Alle andern liegen zerschossen in den Weltmeeren. Einsam und verlassen flattert sie hier in der afrikanischen Mangrovenwildnis. Wie lange noch? Schnell fallen die tiefen Schatten der Mangrovennacht auf das Rufijidelta. Schräg über dem Fockmast leuchtet das Kreuz des Südens auf. Am Bumba-Arm Gleich hinter dem Liegeplatz der »Königsberg« -- nach Westen, der weiten Steppe zu -- kommen die beiden großen Biegungen, wo der Rufiji in zwei langen Schleifen beinahe zweimal um sich selbst fließt. Dort, an der konvexen Seite der ersten Schleife, mündet der interessantere Flußarm: der Bumba. Interessant, weil er einmal in grotesken Windungen und Biegungen sich auf weiten Umwegen zwischen seinen engen Mangrovenufern der Küste zuschlängelt und dann wegen seiner Schlupfwinkel, schweigsamen Buchten und tiefen Kreeks ein Sammelplatz für zahlreiche Flußpferdherden ist. Fährt man im schlanken Einbaum unter dem weit überhängenden Dach der bewaldeten Ufer, sich lautlos von der Strömung treiben lassend, flußabwärts, entrollen sich die seltsamsten Bilder urwüchsigen Urwaldlebens. In nächster Nähe, so daß man oft mit einem etwas zweifelhaften Blick die schwache Nußschale betrachtet, taucht plötzlich ein breites, borstiges Riesenmaul auf, öffnet mit tiefem Schnauben seine riesigen Kinnladen -- einen Anblick bietend wie die gähnende Leere eines offenen Möbelwagens -- und verschwindet glucksend in einem Wasserschwall. Drei, vier, fünf, zehn, zwanzig tauchen auf, unter, spritzen Wasser, grunzen und schnauben. -- In einer verschwiegenen Bucht des Flusses, dort, wo sich eine weite, flache Muttstrecke aus dem Wasser hebt, war ich einmal Zeuge der Begattung von zwei gewaltigen Flußpferden. Wie ein Blockhaus türmten sich die mächtigen Fleischmassen, dröhnend erzitterte die Luft von ihrem Brunstgebrüll! -- -- Unter Tags, flußabwärts sich treiben lassend, kehren sie abends mehr nach dem Oberlauf des Armes zurück, um dann bei Dunkelheit in der Nähe des Hauptstromes an Land kletternd, die feste, grasbewachsene Steppe vor sich zu haben. Dort, keine zweitausend Meter oberhalb der »Königsberg«, habe ich manch kräftigen Bullen erlegt, dessen mächtige Zähne an Bord auf den glühend heißen Skylights und Ventilatorköpfen im Sonnenlicht bleichen. Mancher dickgedunsene Kadaver ist dort den Krokodilen eine willkommene Beute geworden. Kein Wunder, daß sich auf der breiten Sandbank an der Innenseite der Flußbiegung bei Niedrigwasser Dutzende dieser scheußlichen Echsen aller Größen träge blinzelnd die Sonne auf den Panzerrücken brennen lassen. Den gezackten Schwanz meist noch halb im Wasser, um immer zum blitzschnellen Rückzug klar zu sein, auf die kurzen greulichkrummen Füße mit der hellgrünen Unterseite gestützt, lassen sie den langen, scheußlichen Schädel faul auf dem weichen, warmen Sande ruhen. Manche haben wie in träger Erstarrung den Rachen weit offen stehen, so daß die ungleichmäßigen Spitzzähne in der Sonne funkeln. Bei sehr alten Tieren -- solchen, die über fünf bis sechs Meter Länge haben -- kann man mit dem Glase sogar die gähnenden Zahnlücken erkennen und die braunen oder gelbschwarzen Stümpfe, die vom jahrzehntelangen Aasfressen verfault zu sein scheinen. So viel dort auch Tag für Tag, unbekümmert darum, daß beinahe in Schußweite ein moderner Kreuzer mit dreihundert Menschen liegt, sich die schuppigen Leiber sonnen, so schwer ist es doch, eines von ihnen zu treffen, so daß man die Beute auch bekommen kann. Denn ein Anpirschen auf näher als hundert Meter ist unmöglich, da sich hier die tellerglatte, deckungslose Sandbank erstreckt, dort der an dieser Stelle außerordentlich breite Wasserspiegel ausdehnt. Ein Näherkommen, sei es im unhörbar gleitenden Einbaum oder Stück für Stück im Sande kriechend ist unmöglich -- eines von den vielen Bestien hat immer seine falschblickenden, gelbgrünen Äuglein zufällig in derselben Richtung. Ein kurzes Zucken in den Körpern und alle sind im aufspritzenden Wasser verschwunden. Den Schuß auf weite Entfernung habe ich hier oft gewagt, aber es ist mir an dieser Stelle nie gelungen, eines der alten Tiere zu bekommen, denn mit einigen Windungen -- und ist es auch noch so schwer getroffen -- erreicht es immer den schützenden Fluß und verschwindet. [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. Trocknen der aus dem gesunkenen Kreuzer heraufgetauchten Munition] [Illustration: Copyright Walther Dobbertin. Verladen der abmontierten 10,5-cm-Geschütze] [Illustration: Askarischützenlinie kurz vor dem Gefecht] [Illustration: Trägerlager] Nur eine Stelle gibt es, die, getroffen, das Tier wie vom Blitze erschlagen, bewegungslos liegen läßt: der Ansatz des Rückgrates gleich hinter dem Schädelknochen. Diese Stelle aber ist so klein! -- Eines Vormittags ist es mir gelungen, im Bumba-Arm einen selten großen Flußpferdbullen tödlich zu treffen. Schon nach kurzer Zeit treiben ihn die Verwesungsgase nach oben und, die vier Stummelbeine wie anklagend gegen den Himmel gestreckt, erscheint der dickwanstige Kadaver an der Oberfläche, mit dem zurückströmenden Flutwassern flußaufwärts treibend. Er segelt geradenwegs auf die Sandbank zu, die wieder den Anblick bietet, wie eine Sonnenbadeanstalt für Krokodile. -- Wir langsam im Einbaum hinterher! -- Klatschend verschwinden die Echsen. Die Strömung macht hier eine scharfe Wendung, und so wird denn der in seiner Aufgedunsenheit jetzt doppelt ungeschlachte Körper durch den Schwung seiner eigenen Bewegung hinaufgeschoben. Wir springen aus dem Tumbi und im Verein mit dem schnellströmenden Wasser, das jetzt fast seine höchste Höhe erreicht und die Sandbank ganz überflutet hat, gelingt es uns, unsere Beute bis an das dichte Gebüsch des Steppenrandes zu ziehen, wo wir die massiven Beine mit Stricken fest an gedrungene, kurze Baumstümpfe binden. Um die Jagdtrophäe, den Kopf, zu bekommen, der jetzt zu unterst hängt, müssen wir noch etwa eine Stunde warten, bis das Wasser wieder so weit abgelaufen ist, daß der Schädel frei liegt, um ihn abnehmen zu können. Ich setze mich ins Gras, während meine beiden schwarzen Ruderer den Einbaum heraufziehen und sich die Zeit damit vertreiben, das arme, schon allmählich stinkende Flußpferd zu verspotten, daß es so dumm gewesen, sich erwischen zu lassen. Von meinem Platze aus kann ich gerade die Masten der »Königsberg« und den vorderen Scheinwerfer erkennen. Die ab und zu umspringende Brise weht den Schall von langhingezogenen Kommandorufen herüber. Ein Kutter wird aufgeheißt. -- Die Brise wird stärker und kräuselt die Oberfläche des Flusses, der jetzt nach kurzer Zeit der Stauung sich wieder seewärts bewegt. Mehr und mehr tritt die weißliche Bauchseite des Flußpferdes zutage, die, von starken Runzeln durchzogen, sich über den dicken, jetzt aufgedunsenen Leib spannt. Die mächtigen Fettdrüsen werden sichtbar, die Farbe der Haut nimmt nach dem Rücken zu eine dunklere bis ins Schwarzbraun gehende Färbung an. Weiter fällt das Wasser! -- Endlich wird der riesige Hals frei. Wir können beginnen! Mit langen Schnitten wird die fast drei Zentimeter dicke Haut durchtrennt und tiefer und tiefer wühlend erreicht das lange Messer die Wirbelknochen. Ein Knacken, ein Krachen -- auch sie sind gelöst und der gewaltige Schädel, dessen unheimliche Formen jetzt vom Wasser frei sichtbar werden, fällt zurück -- noch einige Schnitte und er liegt auf der Sandbank. Mit vereinten Kräften suchen wir den Rachen zu öffnen, um die Zähne zu sehen. Sie sind noch größer, als wir erwartet haben. Wie zwei braune im Feuer gehärtete Spieße springen die inneren vor, wie zwei krumme, breite Säbelscheiden ragen die äußeren. In einem großen Loch der Sandbank vergraben wir ihn. In wenigen Wochen werden ihn Käfer und Ameisen gesäubert haben und seine weißen Knochenwände sauber gebleicht in der Sonne trocknen können. Als ich den mächtigen Kadaver, aus dessen Halswunde noch immer in roten Strömen das Blut fließt, so am Uferhang liegen sehe und dahinter das dichte verwachsene Schilfgestrüpp, kommt mir der Gedanke, ihn hier als Köder für Krokodile liegen zu lassen und dahinter einen kleinen Anstand zu bauen. Mit kräftigem Bordtauwerk binden wir ihn so fest an die Uferbäume, daß das größte Krokodil ihn nicht wegreißen kann. Etwa zwanzig Meter dahinter wird aus Laub und Gras eine Wand aufgebaut und dann das Schilf des Zugangsweges niedergeschlagen, damit ich mich abends unhörbar anschleichen kann. Große Teile der Sandbank liegen jetzt wieder frei. Ein eingerammter Pfosten bezeichnet die Stelle, wo der vergrabene Schädel liegt. Mit einigen starken Stößen schieben wir den Einbaum ins Wasser. »Huko mamba -- dort kommt ein Krokodil!« Wir sind eben beim Ablegen, da schiebt sich keine fünfzig Meter von uns weg ein langer, schmutzig grüner Schädel aus dem Wasser -- gelbe Äuglein blinken. Ein Ruck -- weg ist er! -- Schon zieht die Witterung des in der Sonne liegenden Kadavers über Fluß und Ufer! Drei große Geier kreisen über der Sandbank. Die Sonne hat mittlerweile beinahe Mittagshöhe erreicht. In glühender Hitze zittert die Luft. Rasch fließt das Wasser stromab. Bald tauchen die grauen Wände der »Königsberg« auf, und wir klettern an Bord. -- -- * * * Mit Befriedigung fühle ich nachmittags das Umspringen des Windes -- er kommt jetzt genau von Osten -- so kann ich abends gegen den Wind meinen Anstand erreichen. Von nur einem Schwarzen begleitet, gehe ich nach dem Dienst an Land. Die Sonne steht noch hoch am Himmel. Wir haben den kurzen Steppenstreifen rasch durchschritten und tauchen seitwärts ins Schilf. Es gilt den kurzen Weg zu finden, den wir heute morgen eingeschlagen haben. Die Funkenrahen der »Königsberg«, die über dem niedern Unterholz sichtbar sind, als Orientierungsmittel hinter uns, schlängeln wir uns weiter. Da vorn kreisen in weiten Bogen einige Aasgeier, verschwinden und fliegen wieder hoch. Dort muß der Kadaver liegen! Leiser und leiser werden unsere Schritte, denn wir können nicht mehr weit ab sein. Ein stinkender Aasgeruch zieht in Schwaden über uns hin. Plötzlich hält mein Führer. Er zeigt nach unten: da ist abgehauenes Schilf -- also der Zugangsweg von heute morgen. Die gespannte Büchse in der Hand, schleiche ich unhörbar vor. Der Wind ist günstig, er kommt direkt auf mich zu. Der Verwesungsgeruch wird so durchdringend, daß ich mir das Taschentuch vor die Nase binde. Hoffentlich sehen mich die Aasvögel nicht -- dicht vor mir flattern sie jetzt rauschend mit mächtigen Schwingen auf und nieder. Ich drücke mich tief an den Schilfrand -- denn vor mir wird die grüne heute morgen von uns gebaute Wand sichtbar. -- Keine zwanzig Meter mehr! Eine leichte Bö läßt das Schilf rascheln -- ich benutze sie, mit einigen Sprüngen bin ich vorn und kauere mich nieder. Trotz des Taschentuches ist der Aasgestank kaum zu ertragen. Ich fühle einen starken Brechreiz -- der Kadaver liegt ja dicht da vorn. Leise schiebe ich einige Blätter zurück -- die linke Hand auf die Nase gepreßt, sehe ich hindurch und -- -- pralle zurück! -- Das Flußpferd lebt. -- Sein Leib geht auf und nieder -- es wälzt sich -- scheuert sich auf dem Boden. Die kurzen Walzenbeine wackeln! Drei -- vier Aasgeier sitzen auf dem Bauch und hacken an der Haut herum. Da sehe ich plötzlich, wie sich aus dem abgeschnittenen Hals ein Schuppenschwanz herausschiebt -- -- er bewegt sich langsam nach außen. Jetzt noch einer und -- -- noch einer! Ein leises Grauen überläuft mich, wie ich dieses furchtbare Vernichtungsdrama keine zwanzig Meter vor mir in dem bestialischen Gestank sich abspielen sehe. Der ganze Leib des Flußpferdes ist voll von Krokodilen, die sich durch die Halsöffnung hindurch in das Innere gefressen haben, weil die Haut, noch frisch und fest, allen Angriffen widerstanden hat. Ab und zu geht ein Zucken und Rütteln durch den gewaltigen Körper -- einer der aus dem Hals ragenden Schwänze peitscht den Sand -- wieder hat eines der grauenhaften Tiere ein Stück aus dem Innern des Wanstes losgerissen. Wie einen Sack höhlen sie von innen den Kadaver aus -- wälzen sich im Aas, während die Geier, wütend und vergeblich, immer noch auf die zähe Haut einhacken. Ein furchtbares Bild des Daseinskampfes. Ich bin so benommen von der Wucht dieses Bildes, daß ich an ein Schießen gar nicht denke, das Gewehr hingelegt habe und mit offenen Augen nach vorn starre. Da geht plötzlich ein mächtiger Ruck durch den verwesenden Körper und ein riesiges Krokodil schnellt aus der Halsöffnung hervor, über und über braunrot mit Blut, Aas und Kot besudelt, grell von den leuchtenden Strahlen der eben untergehenden Sonne beschienen, im Rachen einen halb menschengroßen Fetzen Knochen, Gedärme und Fleisch. Ein bestialisch greulicher Gestank weht mir ins Gesicht! Im selben Augenblick springt die Brise um -- gedämpft, wie unwirklich -- von unendlich weit her -- erklingen verwehte Fetzen der Königshymne: -- -- -- die Abendmusik an Bord der »Königsberg«! Stutzend halten einen Augenblick Krokodile und Geier im Fraß inne, dem ungewöhnten Geräusch lauschend, nur der rotbraunbesudelte Bursche schleppt langsam rückwärts kriechend seine Beute über die Sandbank dem Flusse zu, einen breiten Blut- und Kotstreifen hinter sich lassend. Da flaut der Wind plötzlich ab, die Sonne ist weg! -- -- Nur noch das Knacken und Krachen von zermalmten Knochen, das Reißen von Haut- und Fleischfetzen -- lautes Schnalzen, Schmatzen, Mahlen von Kiefern ist zu hören. Die vier kurzen Stummelbeine wackeln, als ob sie sich sträuben wollten und heben sich phantastisch vom dunkelnden Himmel ab. Die Geier, denen jetzt einige aus dem Halse hängende Fleischfetzen zur Beute gefallen sind, hacken darauf herum, reißen sie in Stücke und flattern, im beschmierten Schnabel den stinkenden Fraß, auf und davon. Schnell wird es dunkel! Ein Schuß hätte keinen Sinn mehr, auch habe ich keine Lust dazu. Warum dies seltsam schauerliche Naturbild stören! Kampf, überall Kampf um Sein und Nichtsein! Hier wühlen Krokodile im stinkenden Flußpferdaas, hacken flatternde Geier, dort in verworrenster, afrikanischer Flußwildnis ein Kreuzer mit dreihundert Menschenleben, die tagtäglich kämpfen müssen -- gegen andere Geschöpfe gleicher Rasse, die nach ihrer Vernichtung lechzen. Es scheint, als hätte alles Leben nur Sinn eben durch Vernichtung des Lebens! -- Ein langsames Rascheln, Reiben und Gleiten kommt von der Sandbank her -- ich sehe zwei dunkle Striche sich näher schieben -- -- zwei neue, fraßgierige Krokodile. Da drin aber in dem Flußpferdleib wühlt und wogt es noch, die Haut schwankt und schlappt, ekelhaftes Schmatzen und Knacken tönt hervor. -- Die Brise ist jetzt vollkommen eingeschlafen. Der Aasgestank bleibt über dem dichten Schilfe hängen, er wird so stark, daß ich mich, die Hände vors Gesicht gepreßt, wegschleiche. -- -- Im hohen Schilfe raschelnd gehen wir nach Westen, um die freie Steppe zu erreichen, dann nach unserm Liegeplatz abzubiegen. Tief aufatmend saugen wir die reine Luft in unsere Lungen! -- Schilf und Gestrüpp weichen zurück, dunkel liegt vor uns die weite Steppe, an ihrem Westrand noch von einem schmalen hellen Streifen abgegrenzt. Das Schweigen der Nacht liegt über der einsamen Landschaft. Dicht aufbleibend folge ich meinem Führer, der mit seinem rasch fördernden Schritt durch die Nacht eilt, schwarz in der schwarzen Dunkelheit kaum zu erkennen. Da dröhnt von fern her Getrappel -- -- wie von galoppierenden Pferdehufen! Wir stutzen einen Augenblick -- da sausen zwei abenteuerlich dicke, mächtige Körper hopsend an uns vorüber. »Viboko -- Flußpferde!« Wie Spukgestalten sind sie erschienen und verschwunden, schon wieder weit weg verklingt das Dröhnen ihres Galopps. -- Der schmale Schimmer im Westen ist verschwunden, tiefe Nacht liegt über der Steppe. Gleichmäßig klappert Gewehr und Wasserflasche auf dem Rücken meines Führers, der sicher mit seinen nackten Beinen dem schmalen Negerpfad folgt. Moskiten summen, Glühwürmchen gaukeln, ferne Tierlaute erschallen -- -- das Nachtleben der Steppe erwacht! Kingwangwanda Monate sind vergangen. Es ist August 1915! Die Sonne läuft auf ihrer Bahn jetzt weit im Norden. In Deutschland -- in Europa schreibt man Sommer! So weit nördlich zieht das Tagesgestirn, daß seine Strahlen auf der südlichen Halbkugel stark an Kraft verloren haben, selbst hier in der Nähe des Äquators, und schon abends nach Sonnenuntergang erfrischende Kühle über das Land zieht. Es ist Nacht. Schlaflos starre ich auf die weißlichen Falten des Moskitonetzes trotz des Morphiums, schlaflos vor Schmerzen im abgerissenen, entzündeten Fuß. Eine englische Granate hat ihn zerschmettert -- sie hatte erst die Back und das Zwischendeck durchschlagen. Neben mir schläft mein Kommandant -- ruhig, gleichmäßig geht sein Atem. Er ist schwer verwundet! Durch den Schleier des Moskitonetzes sehe ich seinen weißen Verband. Es ist ein altes hölzernes Pflanzerhaus, in dem wir liegen. Fünf Zimmer und zwei Veranden -- alle voll von Verwundeten. -- Alle haben den ehrenvollen Untergang der »Königsberg« in aussichtslosem Kampf gegen zwanzigfache Überlegenheit mit ihrem Blute bezahlt. Ein Stöhnen flattert auf -- ein Seufzen, ab und zu leises Wimmern! -- Leuchtend spannt sich der klare Tropenhimmel über der weiten Steppe -- einsam träumt das alte Pflanzerhaus, nur armselige, kleine Negerhütten liegen zu einem Klumpen geballt daneben -- das Dorf Kingwangwanda. Nach Norden und Westen zu dehnen sich Kulturen von Kautschuk und Sisal. Alle sind verlassen, verwildert. Nach Süden und Osten erstreckt sich die weite Steppe. Raschelnd haucht der Nachtwind über sie hin. Dort liegt ein einsames Geviert, darin Kreuz an Kreuz, alle gleichmäßig, alle schlicht, alle mit kurzer Aufschrift: »Beim Untergang S. M. S. Königsberg am 11. 7. 15 gefallen!« In der Mitte ein großer Stein, daran eine Kupfertafel, gehämmert aus einem zerschossenen Dampfrohr mit dem von ungeübter Hand eingehauenen Taufspruch der »Königsberg«: Biet’ dem Feinde Trutz, Sei dem Vaterlande Schutz, Und treu bis zum Tod -- Im Kampf und in Not, Sei stets deiner Mannschaft höchstes Gebot! Alle, die hier liegen, haben nach ihm gehandelt! In den schlichten, vertrockneten Palmenkränzen flüstert der nächtliche Steppenwind, -- weht feinen Sand über die niederen Hügel. Ein plumper, fester Zaun aus dicken, unbehauenen Stämmen ist jetzt um das Gräberfeld gezogen. Flußpferde hatten auf ihrer nächtlichen Steppenstreife die Kreuze umgeworfen, die aufgeschütteten Hügel zerstampft. Rings herum ist der Steppenboden von ihren Spuren durchfurcht, tiefe Löcher sind in langen Reihen getreten. Zwischen dunklen Ufern schickt dort drüben träge ein breiter Flußarm seine schwärzlichen Wasser dem Rufiji zu -- es ist der Bumi. Keine vier Stunden braucht ein Einbaum, gleichmäßig dahingleitend, bis zu der verschwiegenen Flußbiegung, die dem letzten der deutschen Auslandskreuzer zur Ruhestätte geworden ist. -- -- * * * Tief auf die Seite geneigt liegt er dort in den glucksenden Wassern. Schwer war sein Ende! Einundzwanzig gegen eins. So hatte sie es doch gewagt, die ruhmreiche englische Flotte! Aber einundzwanzig brauchte sie, um den einen zu töten! In langer Kiellinie liefen sie ein in die weite Mündung des Kikunja-Armes, als die Sonne im Zenit stand, mit rasendem Feuer jede Mangrove, jede Palme überschüttend. Zwei Flieger kreisten über dem kleinen deutschen Kreuzer, der dort hinten am Steppenrand wütend um sein Leben kämpfte mit seinen fünf bellenden Breitseitgeschützen -- -- unbeweglich im engen Fahrwasser. Sie wiesen dem sausenden Eisenhagel, der heulend über die weite, dampfende Mangrovenwildnis brauste, den Weg. -- -- Und nur zu gut! In Fetzen wurden die Geschützbedienungsmannschaften gerissen, in Fetzen Bleche und Eisenwände! Aber weiter kämpfte er! Das Deck troff vor Blut, nur schaufelweis gestreuter Sand machte es passierbar. Da vorne, unter der Back, lagen die Leichen zu Haufen. Zwei abgerissene Köpfe ruhten friedlich Gesicht an Gesicht unter einem Spind -- -- sie gehörten den Matrosen Prest und Stange. -- Aber weiter kämpfte er! Nur mehr mit zwei Geschützen! Der durchsiebte, mittlere Schornstein neigte sich -- brach in sich zusammen. Beinahe erschlug er den schwerverwundeten Kommandanten, der vom Kommandostand nach achtern gebracht wurde. Da vorne gab es nichts Lebendiges mehr! Der Eisenhagel wurde zum Eisengewitter und durchpflügte die Flanken des bebenden, zitternden Kreuzers. Aber weiter kämpfte er! Jetzt von achtern geleitet, -- immer noch mit zwei Geschützen! Das eine bedienten Offiziere, das andere Heizer. Verkrampfte Wut wendete sich gegen die Flieger. -- Vergeblich! Sie schienen unerreichbar im Aether! Da -- -- das letzte Schrapnell verließ das Rohr -- -- da -- -- sollte es sein -- -- sollte Gott uns wenigstens diese eine Genugtuung geben -- -- da -- -- ein Flieger neigte sich, verharrte sekundenlang unbeweglich -- -- dann stürzte er pfeilschnell krachend nach unten. Ein Leuchten ging über die pulver- und blutgeschwärzten Gesichter der Geschützbedienung. Die von ohnmächtiger Manneswut geschnürte Brust weitete sich. Nur ein Augenblick! Verschwunden waren sie, die eben triumphierten, in Fetzen klebte ihr Fleisch an der Bordwand und den zerspellten Decksplanken. -- -- Eine Granate schlug zwischen sie. Aber weiter kämpfte er! Nur noch mit einem Geschütz! Zwischen all dem Rauch und Feuer war sein Blitz nicht mehr zu sehen, seine Stimme verhallte im Tosen der Explosionen. Feuerfontänen auf Feuerfontänen zischten gen Himmel, breiter und breiter wurden die Glutmassen, sie durchrasten, vom Wind gepeitscht, die Decks. Da war Menschenwille und -kraft zu Ende! Das letzte Geschütz verstummte! Nochmals schwer getroffen gab der Kommandant den Befehl zum Verlassen des Schiffes. Als der letzte Mann von Bord war, zerriß eine furchtbare Detonation die Luft -- -- turmhoch stieg eine Feuersäule himmelwärts, der brennende, aus tausend Wunden blutende Kreuzer barst entzwei und versank langsam in den braunen Lehmfluten des Rufiji. Da hörte er auf zu kämpfen! -- -- -- Dort hinten aber, am Rande der Steppe, hinter der sich der Glutball der Sonne zum Untergang neigte, umstand ein kleines Häuflein, besudelt mit Pulver, Blut und Lehmwasser, den auf dem Boden gebetteten Kommandanten, und erst zaghaft, dann anschwellend lauter und lauter hallte das deutsche Flaggenlied im leisen Abendwind über die weite afrikanische Steppe und durch den leise rauschenden Buschwald. -- -- -- * * * Die Stunden vergehen, es muß längst Mitternacht sein, meine Augen brennen im hohen Fieber! Hundertstimmig pfeifen, zwitschern und krabbeln über mir die Fledermäuse, sie nisten im Dach zwischen Wellblech und Holz, dicht über meinem Bett. Ihr Gestank zieht ab und zu wie eine dicke Wolke über die Veranda. Punkt sechs Uhr abends verlassen sie zu Tausenden in stinkenden schwarzen Massen ihren Schlupfwinkel, um durch die Nacht flatternd Nahrung zu suchen, nur Weibchen und Junge zurücklassend, die ungeduldig zirpend und scharrend auf ihre Ernährer warten. Da schlürft und schmatzt es dicht neben meinem Kopfe. Fast bewegungslos eingebunden, kann ich mich kaum rühren. Ich drehe langsam den Kopf: eine dicke Ratte sitzt auf dem Rande meines Feldstuhls, hat den Kopf tief in meine Tasse gesteckt und trinkt schnalzend meine Milch. Mit Mühe verscheuche ich sie. Plumpsend springt sie auf den Boden, schleift ihren Bauch über die sandigen Bretter, rast eine Wand empor und springt auf mein Moskitonetz. Dicht über mir piepst sie einige Male und läßt sich dann mit einem Platsch zur Erde fallen. -- Ein irrer Schrei tönt herüber -- aus dem dritten oder vierten Zimmer -- dort muß ein sehr schwer Verwundeter liegen. Auch mein Beinstumpf brennt in der Blechschiene. Schon über einen Monat liege ich hier bewegungslos auf dem Rücken, den Fuß in die Höhe gebunden! Mit Mühe richte ich mich auf, starre durch das Moskitonetz in die Nacht. Da vorn liegen schweigend die niederen Grashäuser der beiden Ärzte und der zwei Schwestern vom Roten Kreuz, die von Daressalam geschickt wurden. Gespenstisch heben sich ihre Giebel vom sternenübersäten Nachthimmel ab, gespenstisch in der unendlichen Ruhe und Schweigsamkeit der afrikanischen Steppe, über die hinweg Millionen von Zikaden ihr gleichmäßiges Lied ertönen lassen. Der Nachtwind haucht raschelnd durch die metallenen Moskitogitter der Veranda, fröstelnd sinke ich auf mein Kissen zurück und wickle mich fester in meine Decke. Das Morphium gaukelt mir bunte Bilder vor, ich denke an die ferne Heimat, an den letzten Kampf der »Königsberg«, unsern Kreuzer, den wir alle so sehr geliebt, der jetzt zerschossen und zerfetzt wenige Stunden weit, dort drüben in der Einsamkeit liegt. -- Von fern hallt das Dröhnen einer Flußpferdherde herüber. Angestrengt lausche ich ihm. Minutenlang hält es an -- minutenlang tritt wieder Stille ein. Plötzlich zerreißt ein dumpfes Brüllen aus nächster Nähe das lastende Schweigen. Ich halte den Atem an: ein Löwe! Da ertönt es wieder und wieder, unheimlich rauh -- noch einmal und noch einmal. Unwillkürlich richte ich mich wieder auf: Zwei Stimmen sind zu unterscheiden -- eine tiefe knurrende und eine hellere. Anscheinend ein Löwenpärchen. Sie umstreifen in weitem Kreis unser altes morsches Holzhaus. Kommen näher und näher, verstummen und ziehen dann kurz brüllend langsam in westlicher Richtung weiter. Fast Nacht für Nacht kommen sie -- es müssen immer dieselben sein -- sie ziehen denselben Weg, brüllen zu gleicher Stunde. Stärker lärmt der Luftzug in dem verrosteten Moskitogitter, die Netze der Betten bewegen sich leise. Es muß gegen Morgen zu gehen. -- Langsam wirken Morphium und Müdigkeit -- ich sinke in unruhigen Fieberschlaf. -- -- -- * * * Ein Vierteljahr später! Die kalte Zeit ist vorüber -- glühend brennt die Sonne auf das dampfende Land. Es ist Dezember. Das einsame Pflanzerhaus von Kingwangwanda hat sich geleert, die Verwundeten sind teils nach dem fünf Tagemärsche entfernten Daressalam ins Hospital, teils auf den verlassenen Steppenfriedhof zwischen der rohen, mächtigen Umzäunung getragen worden. In langer Tragbahre werde ich zum Fluß gebracht und an Deck des kleinen Einraddampfers »Tomondo« gelegt, der mich rufijiabwärts nach der Karawanenstraße Kilwa-Daressalam bringen soll. Die kleinen Grashäuser um das Pflanzerhaus, die Herberge so vieler Schwarzer, die armseligen kegelförmigen Hütten von Kingwangwanda verschwinden am Horizont der Steppe, schnell entführt uns der schweigend dahinfließende Strom. Die waldigen Ufer ziehen vorüber, Krokodile platschen ins Wasser, weiße, langgefiederte Reiher flattern auf. Eine Lichtung fliegt vorbei, zwei Wasserböcke äugen scheu herüber und verschwinden in langen Fluchten. Träge trottet dort ein Warzenschweinkeiler. -- Stark hat sich die Sonne schon nach Westen geneigt, da biegen wir knarrend und rauschend aus dem Bumi in den Hauptstrom des Rufiji. Hier kenne ich jede Biegung, fast jeden Baum und Strauch. Dutzende Male bin ich hier mit meiner Kuttermannschaft vorübergepullt. Bekannte Sandbänke tauchen auf: Hier habe ich einen Flußpferdkadaver festgebunden, dort mein größtes Krokodil geschossen. [Illustration: 10,5-Geschütz bei Mtama (Lukuledital) beschießt im Juli 1917 die engl. Stellungen] [Illustration: Der letzte Schuß aus dem _letzten_ 10,5-Geschütz nach der Schlacht von Mahiwa. -- Gleich darauf wird das Geschütz gesprengt (Links der Verfasser)] [Illustration: Englische Ansichtskarte -- Links das bei Mahiwa vernichtete letzte 10,5-cm-Geschütz der »Königsberg«] Bald müssen wir die verschwiegene Biegung ansteuern, die dem zerfetzten Wrack der »Königsberg« zum letzten Liegeplatz geworden ist. Die Sonne ist hinter den grellgrünen Mangrovenwänden, deren Schatten sich weithin auf den Fluß legen, zur Neige gegangen, und Purpurlichter überfluten unsern kleinen, jetzt stark qualmenden Dampfer. Wir drehen nach Backbord -- -- mein Herz klopft höher! Da taucht vorn über den Mangroven der schrägstehende Stumpf eines Mastes auf! Die Ufer treten zurück -- -- -- vor uns liegt geisterhaft schweigend der zerschossene Rumpf der »Königsberg« -- ein Wirrwarr von verbogenen Eisenteilen und aufgeplatztem Blech -- schräg nach Steuerbord überliegend. Die ablaufenden Wasser spülen über sein aufgerissenes, verbranntes Deck und gurgeln durch die wie leere Augenhöhlen starrenden Bullaugen der Back. In sich zusammengesunken, wie von kräftiger Faust zusammengeballtes Papier, liegt der mittlere Schornstein auf der eingedrückten Laufbrücke -- einsam, von hunderten von Sprengstücken durchsiebt, ragen die beiden andern, wie warnende Denkmäler der Vergänglichkeit alles Irdischen, in den dunkelnden, jetzt von unzählig aufblitzenden Sternen übersäten Abendhimmel. Die Aufbauten sind eingestürzt, ihr Eisenblech wie Pergament aufgerollt. Von dem geknickten Fockmast pendelt in der Abendbrise ein einsamer Stahlständer, dessen Block ab und zu melancholisch gegen das dumpfklingende Metall des Eisenmastes schlägt. -- -- Wir haben gestoppt und treiben langsam vorbei. Kein Laut unterbricht die drückende Urwaldstille -- nur ganz fern flötet einsam ein Tippu-tipp. Wie ein Steppenbrand glühend, leuchtet ein schmaler Purpurstreifen am Horizont durch die verrosteten, zerschossenen Eisenteile. -- Schweigend, in den sich senkenden Schleiern der beginnenden Nacht, voll erdrückender Wucht liegt gespensterhaft vor uns das Wrack unseres einst so stolzen Schiffes! Einsam und verlassen! Selten kommt eines Menschen Fuß hierher, selten wird ein Einbaum hier vorbeitreiben, denn der abgelegene Rufijiarm wird fast nicht befahren. Selten nur mögen staunende Eingeborene mit ihren schwarzen Augen in abergläubischer Furcht auf diese gefallene gewaltige Boma ihrer einstigen weißen Herren blicken. -- -- Jahrhunderte lang wird die Sage in den Rufijiländern von dem Kämpfen und Sterben des riesigen deutschen Kriegsschiffes gehen, von Mund zu Mund, von Geschlecht zu Geschlecht weitervererbt. Bei dem Schein der flackernden abendlichen Lagerfeuer wird ein zitternder, weißwolliger Greis erzählen, wie er selbst vor vielen, vielen Jahren, so viel -- er weiß die Zahl nicht mehr -- als junger Bursch auf einer Dhau Holz an Bord des Kreuzers getragen, wie die Maschinen dröhnten, die Schornsteine dunklen Rauch ausspien, die Ventilatoren rauschten und eilige, frische Schritte kräftiger, junger, weißer Männer über Deck sprangen. Er wird erzählen, wie eines Tages eine lange Reihe von Kriegsschiffen in die verschwiegenen Rufijimündungen einsteuerte, wie zwei riesige Vögel ankamen, die unter Surren und Brummen über dem deutschen Kreuzer in weiten Kreisen hin und her schwirrten, -- von langanhaltendem Donner, der über die Mangrovengebiete dröhnte, und weißen, aufschäumenden Riesenfontänen. Wie nach stundenlangem Gebrüll der Geschütze plötzlich ein ungeheurer Krach die Luft zerriß, der von den Pemba- und Matumbibergen bis zur Küste widerhallte, und der deutsche Kreuzer, der zuletzt nur noch mit einem Geschütz geschossen, sich rauchend, brennend, sterbend auf die Seite legte. Und sollten die Länder dort am ruhig strömenden Rufiji auch in alle Zukunft englisch bleiben und die Erinnerung an alles Deutsche dort mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden: nie wird bei den schwarzen Bewohnern dieser weiten Niederungen die Erinnerung an den Todeskampf des großen, vielbewunderten deutschen Kriegsschiffes schwinden, dessen Taten im Laufe der Jahrzehnte ins Ungemessene steigen und die Zahl der Fabelgeschichten des abergläubischen Rufijivolkes um eine vermehren werden. -- -- Tiefe Dunkelheit hat sich herniedergesenkt -- ein Käuzchen klagt -- leise schluchzen und gurgeln die Wasser an der Böschung, Stück für Stück lösend und in ihr Bett ziehend. In wenigen Jahren wird hier dichter Mangrovenwald sein, der Fluß wird sich ein anderes Bett gesucht haben und die Trümmer der »Königsberg« werden rostig und zersplittert aus grünendem Laube ragen. Krebse und Wasserspinnen, hartschuppige Krokodile werden dort ihr Wesen treiben, wo früher fröhliche, lachende, junge Menschen gelebt, gekämpft und ihr Leben dem Vaterland geopfert haben. -- Die Maschine geht an, leise gleiten wir weiter. Weit lehne ich mich über meine Tragbahre, sehe mit brennenden Augen zurück -- -- -- schwarzdunkle Mangroven schieben sich vor. Verschwunden in der Nacht ist das Wrack der »Königsberg«! -- Ich habe es nie wieder gesehen. -- -- -- III. AUF AFRIKANISCHEM BODEN [Illustration: Ornament] Kismagao »Mamba hi -- mamba he Heia -- mamba tafuteni! Wumm -- wumm -- wumm --!« Eine dicke Staubwolke liegt über dem tiefen Sandweg, der von Daressalam an der Küste entlang nach Kilwa-Lindi führt. Dröhnend hallt der vielhundertstimmige Chorgesang daraus hervor. Wumm -- wumm -- wumm -- stampfen die Beine! Da kommt es näher und näher -- aus den weißgelben Staubschwaden grinsen Hunderte von schweißtriefenden und schmutzbedeckten schwarzen Gesichtern, es erscheinen Hunderte von vornübergebeugten, vom Staub wie mit Mehl überzogenen dunklen Körpern, deren Muskeln zum Platzen angespannt sind, deren sehnige Beine im Gleichtakt langsam vorwärts schreitend den sandigen Boden stampfen, jedesmal bis über die Knöchel versinkend. »Mamba hi -- mamba he Heia -- mamba tafuteni! Wumm -- wumm -- wumm --!« dröhnt es von wulstigen Negerlippen. Schwer arbeitend kommen die ersten heran, zehn Mann in einer Reihe nebeneinander, vornüber gebeugt, an einem langen Querholz ziehend. Reihe auf Reihe folgt, kaum im Abstand von zwei Schritt, alle schräg liegend vor Anstrengung, schwitzend, stampfend, brüllend. Sie haben schwer zu schleppen. Stärker wie Zugstiere legen sie sich in ihr mächtiges Geschirr, in die langen Querbalken hinein, die alle in der Mitte mit einer armdicken Stahltrosse verbunden sind. »Mamba hi -- mamba he Heia -- mamba tafuteni! Wumm -- wumm -- wumm --!« Beizender Schweißgeruch liegt über den dampfenden Negerkörpern. Einhundert sind vorüber, das nächste Hundert wälzt sich vorbei, das dritte Hundert, kaum mehr sichtbar in der dicken, wirbelnden Staubwolke, stampft vorüber. Eine Lücke entsteht, nur ausgefüllt von straffgespannten Stahltauen, die mächtige Deichsel erscheint, gelenkt von zwei stämmigen Europäern und zehn Schwarzen, dann taucht gigantisch aus den Staub-, Schweiß- und Dunstschwaden eine hohe Protze auf, zieht knirschend vorüber -- -- an ihr hängt ein gewaltiges Schiffsgeschütz. Tief drücken sich die mannshohen, breiten Eisenräder in den weichen, nachgebenden Sand -- -- schlingernd, krachend, klirrend schiebt sich das Ungetüm vorüber. Fast zwanzigtausend Pfund werden von den sehnigen Negerbeinen durch den Sand der afrikanischen Karawanenstraße gezogen; stoßend zermalmen die massigen Räder Äste und Baumstümpfe. Es ist ein Geschütz meiner Batterie, ein 10,5-Geschütz der »Königsberg«. Mit vieler Mühe wurde es nach dem Untergang von dem Wrack des Kreuzers abmontiert, auf Schlitten nach Daressalam geschleift und dort in der kleinen Hafenwerft mit Fahrlafettierung versehen. In Daressalam hatte es von Land aus schwer gegen das übermächtige englische Blockadegeschwader zu kämpfen. Daressalam ist jetzt vom Feinde genommen. In Gewaltmärschen sind wir auf dem Rückzug nach Süden. Es ist September 1916. Ohne Ruhe und ohne Unterlaß vom ersten Schimmer des beginnenden Tages bis in die Nacht hinein knirschen die Räder, stampfen die Beine -- wumm -- wumm -- wumm! Der Feind drängt -- alles hinter uns wird zerstört, die wenigen primitiven Brücken abgebrochen. Mein Beinstumpf ist verheilt, ich kann bereits vom Morgen bis zum Abend im Sattel sitzen. -- Glühend sticht die Sonne vom Himmel, sie spiegelt sich auf den meist geschorenen, schweißtriefenden Schädeln der Schwarzen wie in Billardkugeln. Die Augen und Mund voll Sand, umreite ich wie ein Schäferhund die lange wimmelnde Kolonne. Es gilt die äußerste Kraft anzuspannen! Hart ist der Krieg -- -- wir müssen weiter. »Maji, maji -- Wasser, Wasser« rufen die schwitzenden schwarzen Lippen. Sie müssen warten -- nur gemeinsam kann getrunken werden. Ein Verlassen des Zuggeschirres ist unmöglich. Hier zieht ein vornehmer Diener, der im Hotel »Kaiserhof« serviert hat, im langen Kanzu, die gestickte Mütze auf dem frisierten Kopf, neben dem stinkenden Buschneger aus Kissangire, Schuster und Schneider von großen Daressalamer Geschäften neben schlanken Steppensöhnen aus Unyamwesi und Usukuma. Um nicht das für die Verteidigung der Kolonie so wichtige moderne schwere Geschütz den Engländern in die Hände fallen zu lassen, war ich gezwungen, in der Eile alles, was zu finden war, einzustellen, um nur erst wegzukommen. War das Königsberg-Geschütz in der neuen Verteidigungsstellung in Sicherheit, konnten sie alle reich entlohnt entlassen werden. Mit der dem Neger eigenen glücklichen Anlage machten sie denn auch gute Miene zum bösen Spiel, sahen sie doch die zwingende Notwendigkeit ein und fühlten sich gerecht, wenn auch streng behandelt. -- Dröhnend singen sie schon den ganzen Tag, singen Chorgesang mit Vorsängern oder Spottlieder auf die Engländer. -- »Mamba hi -- mamba he Heia -- mamba tafuteni! -- Wumm -- wumm -- wumm --!« Fast unerträglich heiß sticht die Sonne, kein Lüftchen fächelt Kühlung, matt und matter wird der Gesang, die Rufe nach Wasser mehren sich. Da vorn steht eine Palmgruppe, einige Mangobäume. Ich reite voraus. Eine kurze, sumpfige Niederung unterbricht die eintönige Sandstrecke, Schlingpflanzen, weiches Gras -- -- einige Wasserlöcher. »Halt!« Das Stampfen, der Gesang verstummt, eine leichte Brise verweht die lastende Staubwolke, schwitzend, dampfend stehen die Träger. Kette um Kette wird zum Wasserloch geführt. Lachend, schnatternd, schnalzend verschwinden sie mit stelzenden Schritten im Grün, legen sich reihweise auf den Bauch, schlürfen gierig das bräunliche, klebrige Wasser oder reichen gefüllte Kokosnußschalen herum. Die Trinkgefäße, leere Kürbisse oder ausgehöhlte Früchte des Affenbrotbaumes, die nebst anderem Krimskrams von den Gürteln baumeln, werden aufgefüllt. Eine Arbeitskolonne fällt indessen Bäume, um die sumpfige Niederung für das Geschütz passierbar zu machen, schneidet Laubwerk, schlägt Äste. -- Stamm an Stamm wird über Kreuz in den Mutt gelegt, Zweige und Gras darauf verteilt, Erde und Sand darüber geschüttet. Eine kurze Ruhepause, und mit langhinhallendem Schrei ziehen die erfrischten Menschenmassen an -- -- zwei-, dreimal vergebens, dann ein Ruck -- die wuchtigen Räder bewegen sich, knirschend wälzt sich das Geschütz durch den Sand. Die ersten Trägerreihen schreiten bereits über die Brücke und klimmen die jenseitige Böschung hoch. Die Beine schreiten schneller und schneller, setzen sich in Laufschritt, alle Sehnen und Muskeln angespannt! Das Geschütz muß im Schwung hindurch, sonst versinken die Stämme im Sumpf. Polternd rasselt es den Abhang hinunter, stoßend hüpft die Protze auf die Brücke, schlingernd wackelt die schwerfällige Lafette. Brüllen, Rufen, Schreien -- Hunderte von trappelnden Negerbeinen in höchster Anstrengung. Da gleitet ein Rad, zwei Stämme verschieben sich, nach vorn über liegend versinkt das Geschütz bis an die Achse. Bewegungslos steckt es fest! Picken und Schaufeln arbeiten, tiefatmend mit angezogenen Beinen hocken die Schwarzen, um Kräfte für die erneute Anstrengung zu sammeln. Ein kurzer Gang ist freigegraben, zu Bergen türmen sich Lehm und Schlamm. »Auf!« Mit hundertstimmigem Ruf ziehen die schwarzen Massen an, das Zuggeschirr ächzt, Sehnen und Adern sind zum Platzen gespannt. -- -- Nichts -- das Geschütz rührt sich nicht! -- Nochmals und nochmals wird es wiederholt -- alle Reserven und Arbeiterkolonnen vorgespannt, die Europäer legen sich in die Speichen -- -- umsonst. Da werden Boten nach hinten gesandt, um die Zugmannschaften des zweiten, nachfolgenden Geschützes heranzuholen. Eine Viertelstunde vergeht. Da kommen im Trab, die dicken Zugseile am Boden schleifend, lange Trägermassen an. Fast vierhundert Mann. Sie werden vorgespannt. Die Reihen sind jetzt so lang, daß ein Kommandoruf sie nicht mehr lenken kann. Fast achthundert Mann stehen da und warten. Weiße Mannschaften sind verteilt, um anzuspornen, anzutreiben, die Befehle weiterzugeben. »Achtung!« Die Massen beugen sich nach vorn, der rechte Fuß ist vorgesetzt, eisern umklammern die Finger die Zughölzer. »Hol an!« Fast wagerecht liegen die Körper -- -- ein hellklingender Ton! Wie wenn ein plötzlicher Windstoß weithin das Steppengras niederdrückt, so liegen die schwarzen Menschenmassen auf den Boden hingemäht, schreien, sich wälzend, im Knäuel verstrickt: das Zugtau ist gerissen! Mit Mühe wird das Durcheinander der verwickelten Arme und Beine entwirrt, einige Verwundete losgebunden, der Schaden repariert. Von neuem muß es versucht werden. Das hintere Geschütz wartet. Die Sonne hat den Zenit bereits passiert. Noch nicht die Hälfte des Weges ist zurückgelegt, die Engländer drängen! Wieder und wieder ziehen die Achthundert. Da plötzlich hebt sich das Geschütz, krachend rollt es über berstende Stämme -- -- im Galopp wird es herausgeholt. »Halt!« Der widerliche Schweißgeruch von achthundert triefenden Negern zieht über die Kolonne hin. Der Vorspann wird abgekuppelt, trabt lachend zurück. Und weiter geht’s! Schwitzend, dampfend, singend in weißlichgelber Staubwolke. »Mamba hi -- Mamba he -- Heia -- mamba tafuteni! -- Wumm -- wumm -- wumm!« hallt es johlend und summend über die ausgedörrte Küstenlandschaft hin. Stunden um Stunden stampfen sehnige Negerbeine, Stunden um Stunden knirschen klingend die Räder, bleiben stecken, drehen sich, rasseln in ein Bachbett! -- Spät nachmittags tauchen hohe, schwankende Kokospalmen auf, verfilzte Grasdächer lugen auf dunkeln oder gelbbraunen Lehmwänden durch das Grün -- wir erreichen das Dorf Kismagao. Es ist verlassen. Die Eingeborenen sind geflohen, da das Kriegsgetöse sich ihrer verschwiegenen Landschaft nähert. Halb niedergebrannte Feuer, einige kläffende Negerköter, ein paar regungslos, stumpfsinnig hockende Greise und alte Weiber zwischen termitenzerfressenen Türpfosten! Die Sonne neigt sich dem Untergang zu. Der Gesang ist verstummt, nur mehr automatisch stampfen die Beine, kaum ein lauter Ruf ertönt, schwerfällig, wie ein vorweltliches Urwaldtier wackelt das Geschütz durch den hohen Palmenwald. -- Eine weite Lichtung -- -- verschwiegen, einladend liegt sie in dem Purpur der letzten Strahlenblitze. Ein Lagerplatz für die Nacht! »Halt!« Das lange Zuggeschirr wird niedergelegt, Posten ziehen auf, müde hinkend sucht sich Kette um Kette Brennholz und Äste, holt sich Wasser zum Kochen. Die Lagerfeuer blitzen auf und spiegeln sich flackernd in ermüdeten, hungrigen, schwarzen Gesichtern. Von brodelnden Kesseln und Kochtöpfen steigt Dampf auf, gierige Finger stecken den geballten Brei zwischen die schmatzenden Lippen. Reihweise liegen schon schwarze Körper, vor Müdigkeit das Essen vergessend. Nur mit Gewalt können sie geweckt werden! Die Gesättigten sinken um und schnarchen, einer an den andern gepreßt, um der Kühle der Nacht zu begegnen, in totenähnlichem Schlaf. -- Das dumpfe Gemurmel des Lagerlärms verstummt, die Feuer brennen herunter, das Licht des strahlenden Sternenhimmels kommt zu seinem Recht. -- -- Ich reite nochmals um das Lager, tiefe Ruhe liegt über den zusammengekauerten Menschenkörpern. Dort hinten zwischen hohem Gebüsch steht das verstaubte Geschütz! -- Schweigend, drohend reckt es sein Rohr in die Höhe. Wie die Seele des toten Kreuzers, ausgeschickt, ihn zu rächen! -- -- Fünf solcher Sendboten der »Königsberg« durchziehen jetzt knirschend und stöhnend auf Lettow-Vorbecks Rückzug die Steppen Afrikas zwischen Tanganjikasee und der Küste, von den schwarzen Söhnen des Landes gezogen, um den Rest der Munition, die dem zerschossenen Rumpf des Kreuzers entnommen, auf den Feind zu speien. Ein heller flackerndes Feuer wirft seinen roten Schein auf das Rohr, düster gleiten die Schatten schlanker Äste darüber hin! -- -- -- Mahiwa Mahiwa -- eine Baumwollstation am Lukuledi, nördlich vom Makondeplateau, in der Südostecke von Deutsch-Ostafrika. Der 18. Oktober 1917 -- der letzte Tag des größten Kampfes in der ostafrikanischen Kolonie, der jetzt schon ununterbrochen vier Tage und Nächte dauert. Ein azurblauer Himmel spannt sich über die freie Fläche rings um die Häuser und Schuppen von Mahiwa, über die angrenzenden weiten Wälder. Das letzte zusammengeschmolzene Häuflein der Schutztruppe wehrt sich hier gegen Tausende des übermächtigen Feindes, der seine weißen, schwarzen, braunen und gelben Kriegermassen seit Tagen anrennen läßt. Zu Haufen getürmt liegen die Toten -- -- auf beiden Seiten! -- Nur Stück für Stück werden die Patronen verteilt -- die deutsche Munition ist schon seit zwei Tagen fast zu Ende. Rauchstarke Gewehre und Jagdbüchsen kämpfen gegen die zehnfache Überzahl modernster Waffen, Minenwerfer, Flugzeuge. Weithin hallt das Dröhnen, Brüllen, Krachen! Kommt man von Westen, von der am Uferlauf des Lukuledi liegenden Mission Ndanda, deren langgestreckte weiße Häuser jetzt voll von Verwundeten liegen, und nähert sich von hinten der Kampffront, so sieht man plötzlich auf einer Anhöhe dicht hinter dem Naungosumpf die eingefallenen, rötlichen Mauerreste eines Steinhauses. Trotzig ragen einige noch stehende, halbzerfallene Pfeiler aus dem umgebenden Unterholz. Man sagt, es sei von einem Pflanzer begonnen worden, der sich hier ansiedeln wollte, nach kurzer Zeit aber dem den Niederungen des Sumpfes entsteigenden Fieber erlegen ist. Hier steht zwischen schlanken Bäumen, das heiße Rohr emporgereckt, mit darübergebundenem Laub unsichtbar gemacht, das letzte der zehn Geschütze der »Königsberg« in heißem Kampf. Alle andern sind vernichtet, gesprengt, in Feindeshand! Es verschießt seine letzte Munition -- am letzten Tag der Schlacht von Mahiwa -- dem letzten großen Kampfe in der letzten deutschen Kolonie! Braungebrannte Matrosen der »Königsberg«, in zwei langen Jahren des Kampfes und der Entbehrungen zu zähen Afrikanern geworden, bedienen es. Immer wieder und wieder öffnet es seinen ehernen Mund und heult eisernes Verderben. Hoch am Himmelsgewölbe, dem Auge unsichtbar, ziehen seine Geschosse singend ihre Bahn. Die Sonne neigt sich stark nach Westen. Matter werden die Angriffe des Feindes. -- Da schrillt vorn in der Linie mein Telephon: »Gesamter Munitionsvorrat noch neun Schuß!« -- Dort drüben in den Miombobäumen knattert es noch heftig! »Salve, Feuer!« Neunmal bersten dort die letzten Granaten des Geschützes, das im Dienst der Rache sein zerschossenes Schiff um mehr denn zwei Jahre überlebt hat! -- Im Miombowald da drüben ist es still geworden! Die Schlacht war schon seit heute mittag im Abflauen. Jetzt ist fast vollkommene Ruhe eingetreten. Nur vereinzelt ertönt das Rattern eines Maschinengewehrs. Die Truppe hat den größten Sieg in der Geschichte der Kolonien errungen. Aber einen Pyrrhussieg! Da vorn in dem kleinen Taleinschnitt quer zur Mtamastraße liegen die Leichen zu Hügeln getürmt! -- -- -- Ich melde, daß die letzte Granate verschossen, und reite zurück, um das Geschütz zu sprengen. Der Weg nach hinten ist angefüllt von Trägern, die in Hängematten die Schwerverwundeten zurücktragen; eine Askarikompanie rückt vorbei. Überanstrengte, schweißgebadete, schwarze Gesichter grinsen mich an, aus zerfetztem Khaki starren straffe Muskeln. Die Augen glänzen, Witze fliegen hin und her -- sie gehen in Ruhestellung. Verdorrt hängt an Tarbusch und Tropenhelmen der Europäer das Laub, das vor vier Tagen aufgesteckt wurde, um den Kopf im hohen Gras unkenntlich zu machen. Mein Maultier schreitet wacker aus, bald bin ich aus dem Gedränge, und im Trabe geht es in Richtung auf die Sonne zu, die schon fast am Rande des Horizonts steht. Linker Hand erstrecken sich die schwarzen Abhänge des Makondeplateaus, nach Norden zu dehnen sich die blauen Schattenbilder der Mueraberge. Da drüben, ganz in der Nordwestecke, fast im wogenden Dunst verschwimmend, liegen die beiden an ihrer grotesken Form leicht kenntlichen Höhenzüge von Ruponda. Auch dort steht bereits der Feind. Klein ist das Gebiet geworden, das von der großen Kolonie noch in unseren Händen ist. Zwei starke Tagesmärsche, und es ist durchmessen. Nicht schwer, jetzt einen eisernen Ring zu ziehen und zu versuchen, uns zu erdrosseln. Das zeitweilige Knattern hinter mir ist gänzlich verstummt, trabend passiert mein Maultier eine kleine Lichtung, seitlich dehnt sich der Naungosumpf. Ein einsamer Ochsenfrosch trommelt. Man glaubt fast bis hierher das Summen der Moskiten zu hören. Eine niedrige Anhöhe. Rote verfallene Mauern im Grünen. Dicht dahinter meine Leute! »Klar zum Sprengen« meldet der alte, rotbärtige Deckoffizier der »Königsberg«. Dahinten zwischen dichten Büschen unter dem Laubdach des Miombowaldes steht das Geschütz, verrostet, die Farbe im Laufe der Jahre abgeblättert und abgestoßen. Ein alter Veteran! Verbogen die Speichen, manche Niete abgesprengt. Hier in dieser einsamen Waldwildnis soll es sein Ende finden, nachdem es bis zum letzten Schuß seine Pflicht getan, von Daressalam zum Rufiji gewackelt ist, vom Rufiji zum Rovuma, vom Rovuma zum Lutuladi durch Urwälder und Sümpfe, über Steppen und Hochländer. Das Rohr ist mit Dynamit gefüllt, eine fast fünfzig Meter lange Abzugsschnur hängt am Verschluß. Die Leute treten in den Busch zurück, ich stelle mich hinter einen dicken Baum, die Leine in der Hand. Ein kurzer Ruck -- -- ein gewaltiger Schlag. Sausen von Eisenteilen, Rauch -- die Schnur wird mir aus der Hand gerissen! Ein langer Sprung klafft das Rohr entlang, der Verschluß ist in Fetzen herausgeschleudert, das Bodenstück trichterförmig ausgeweitet. -- Das letzte Geschütz, der letzte Sendbote der »Königsberg« ist vernichtet -- ist tot! In der Ferne rattert nochmals ein Maschinengewehr. Der Feind ist nervös, er hat den gewaltigen Schlag der Explosion gehört! -- -- Die Sonne ist jetzt im Untergehen. Emsig regen sich die Hände, um die Geschützreste abzumontieren, in den Busch zu schleppen und zu vergraben. Nichts, keine Spur soll der Engländer vorfinden. Von hundert Trägern wird in den dunkelnden Wald das gespaltene Rohr geschleppt, monoton verhallt in der Ferne ihr Gesang. Bald wird auch hier der Feind stehen, bald werden wir gezwungen sein, als kleine Schar das deutsche Gebiet zu verlassen und auf fremdem, unbekanntem Boden für Leben und Freiheit zu kämpfen. Es ist Nacht geworden. Im Scheine von Grasfackeln werden die Spuren der Geschützstellung verwischt. Glühwürmchen gaukeln durch die Büsche, unberührte Urwaldstille liegt wieder über der Wildnis, nur der ferne Ochsenfrosch im Naungosumpf trommelt. Daressalam Afrika haben wir durchzogen, vom Rovuma bis zum Sambesi, vom Indischen Ozean bis zum Njassasee. In Innerafrika, fast bei den Bangweoloseen, hat uns die Kunde von der Waffenruhe in Europa erreicht. Weniger und weniger sind wir geworden, viele ruhen in einsamen Buschsteppen. -- Uns, den Rest, haben die Engländer auf weitem Weg über den Tanganjikasee bis zur Küste nach Daressalam gebracht, um uns dort nach der Heimat, nach Deutschland zu verfrachten. »65 -- 66 -- 67 -- -- -- 68 -- achtundsechzig Automobile in zehn Minuten!« Staunend stehen wir in faltigen englischen Lazarettmänteln an die Brüstung des Hotels Kaiserhof, jetzigen englischen Mannschaftshospitals, gelehnt und zählen die wieder und wieder vorbeirasselnden oder -rasenden Last- und Personenkraftwagen! In Daressalam! -- In dem es meines Wissens im Frieden keine zwei Automobile gab, dieser vornehmen, ruhigen Tropenstadt mit ihren weißen, eleganten Häusern, ihren sauberen, glatten Straßen. Es ist nicht wieder zu erkennen! Alle die schönen, freien, grünen Plätze vom Gouvernementshospital bis zum Wißmannplatz -- eine Zeltstadt an der andern! -- Alle die rauschenden, wehenden Palmenwälder bei Upanga und Kurassini abgeholzt -- -- Zeltstädte! -- In den Straßen, die früher nur elegante Rickschas, von lautlos trabenden, gut gekleideten Boys gezogen, kannten, auf denen sich ruhig in wiegendem Gang in farbige Kangas oder langwallende, weiße Kanzus gehüllte Schwarze bewegten, würdevolle Inder standen: das Tosen und Brausen, das Hasten und Treiben der Großstadt! Autos, Wagen, Scharen von Tommys, Rote-Kreuz-Schwestern, Massen von Offizieren mit glänzenden Messingknöpfen, dazwischen frechschreiende Neger -- -- die Straßen zerfahren und holperig, die Häuser verwittert und schmutzig! Staub, Dunst, Geruch von Menschenschweiß, schwarzem wie weißem, Gestank von Benzin, Gummireifen und Öl in der Luft! Staunend, traurig sehen wir auf diese Verwandlung! Hier vor uns der Wißmannplatz, früher ruhig, vornehm, tadellos sauber -- in der Mitte das bekannte Bronzebild unseres berühmten Afrikaners -- -- jetzt aufgerissen, öl- und schmutzbefleckt, von Hunderten von Rädern zerwühlt, voll von tiefen, vom Regen ausgewaschenen Löchern, über die dröhnend, ohrenbetäubend Lastautos rattern. Ein leerer Sockel zeigt die Stelle, wo der eherne Wißmann gestanden -- betrunkene Tommys haben ihn eines Nachts hinuntergeworfen! Krankenbahren, Krankenwagen überall! Daressalam steht im Zeichen der spanischen Influenza, der Grippe! Mehr denn zwanzig weiße Engländer und über hundert Schwarze werden täglich auf die Friedhöfe getragen. Früher gab es nur einen, jetzt -- seitdem England sich hier zum Kulturträger aufgeworfen hat -- genügen vier nicht mehr! Aber auch uns hat es mit aller Macht erfaßt, wenig mehr denn hundert sind wir noch gewesen -- einen Offizier und zehn Mann haben wir bereits hier zu Grabe getragen -- alles Opfer der spanischen Influenza! Abgemagert, noch fiebernd liegen wir auf der Veranda des Kaiserhofes, durch dessen einst so elegante Räume das Getrappel englischer Lazarettkranker, Matrosen und Tommys hallt, und blicken, trotz der glühenden Hitze von Frösteln durchschauert, auf das fremde, wüste Treiben und Leben in unserer einstigen Hauptstadt. Unsäglich verlassen kommt man sich vor! * * * Ich denke unwillkürlich an die letzte Nacht, die ich vor zweieinhalb Jahren hier verbracht -- -- es war die drittletzte, bevor die Engländer Daressalam einnahmen. Von Westen kommend, wo in der Palmenschamba von Devers meine Stellungen lagen, ritt ich auf der Pugustraße abends in die Stadt. Das Blockadegeschwader hatte Sansibar verlassen. Wir mußten des Nachts auf einen Angriff gefaßt sein. Verlassen lagen die Europäerhäuser hinter dem Bahndamm, einige zeigten schwere Schußverletzungen, hohle Fenster, eingefallenes Mauerwerk. Die Straße leer -- kein Mensch -- kein Schwarzer, kein Weißer -- -- kein lebendes Wesen! In dem Meer von Eingeborenenhütten und Inderbuden linker Hand schwelte und rauchte es. Am Tage vorher hatten die Engländer das ganze Viertel zwischen Bagamojo, Kitschwele und Pugustraße in Brand geschossen. Wo früher Tausende von fröhlichen Schwarzen wohnten, lag jetzt grauer Schutt und Asche. Kein Mensch zu sehen! Und weiter ritt ich, bog in die Akazienstraße ein. Hier, in dem Winkel zwischen ihr und der Araberstraße, lag der große Unterstand, in dem Frauen und Kinder, die in Daressalam zurückbleiben sollten, bei Beschießungen Schutz und Unterkunft fanden. Selbst gegen die 30,5-Granaten der Linienschiffe bot er genügend Sicherheit. Wie die Wagen vor einem Theater während der Vorstellung, standen hier unter Tags die Rickschas, eine hinter der andern! Früh am Morgen um vier Uhr, fünf Uhr strömten in Scharen die Frauen herbei, die die Nacht in ihren Wohnungen verbracht hatten, um den Tag in dem sicheren Unterstand, der in Räume abgeteilt und elektrisch beleuchtet war, zu verbringen. Erst abends wagten sie sich wieder hervor, eilten mit ihren Kindern nach Haus, um zu essen und kurze Zeit der Ruhe zu genießen. Als ich jetzt vorbeiritt, hatten die Letzten bereits den Unterstand verlassen. Es war schon fast vollkommen dunkel. Nur zwei ältere Frauen, die sich anscheinend auch des Nachts nicht nach Hause wagten, saßen am beleuchteten Eingang und schöpften frische Luft. Dunkel, verlassen lag die Akazienstraße da. Rasch ritt ich hindurch, bog über den einsamen Wißmannplatz, auf dem hart und ehern der alte Kämpe stand, trotzig, als wollte er uns helfen, trabte am dunklen Kaiserhof vorbei über den nachtschwarz daliegenden Strand und band mein Maultier an einen der Bäume vor dem Klubgebäude. Eine kurze Besprechung -- es war möglich, daß die Engländer nachts eine überraschende Landung vornehmen würden! Rasch wollte ich vor dem Zurückreiten noch etwas essen. -- -- Es war fast 9 Uhr geworden, eben war ich im Begriff aufzustehen, da schrillte das Telephon. Der Ausguck auf dem Kirchturm! »Soeben sind im Licht des aufgehenden Mondes die Silhouetten von fünf Kriegsschiffen zu sehen, die auf der Reede von Daressalam eintreffen!« »Alarm!« Hell bimmelnd, dumpf dröhnend hallten die Glocken der beiden großen Kirchen über die dunkel daliegende schweigende Stadt. Flink trugen mich die schnellen Beine meines Maultieres zurück. Schaurig klang das Glockengeläute in den finstern, verlassenen Straßen. Über den Wißmannplatz sah ich in atemloser Hast weiße Gestalten eilen, Frauen mit fliegenden, für die Nacht gelösten Haaren, halbangekleidet, schreiende Kinder am Arm. -- Alle rasten dem Unterstande zu! Aus allen Häusern kamen sie, es wurden mehr und mehr. Jammer, Schreie, Rufe und Weinen ertönten! Es wurden so viel, daß ich in der Akazienstraße langsamer reiten mußte, um sie vorzulassen. -- Da dröhnte krachend, grollend schwerer Kanonendonner von See her. -- Sausend heulten am Nachthimmel Granaten über die schweigende Stadt, schlugen krachend ein. Es galt dem Bahnhof! Die weißen Gestalten verdoppelten ihren Lauf, zwei Rickschas standen da -- die Boys waren entflohen -- schreiende Kinder, hilflose Mütter drin. Donner auf Donner -- Krachen auf Krachen erfolgte! Da -- ein ohrenbetäubendes Getöse -- eine Breitseite mußte kurz gegangen sein -- aus dem Schutztruppenstall dicht an der Akazienstraße leuchteten hoch die Blitze berstender, schwerer Schiffsgranaten. Ein Schrei des Entsetzens rang sich von den Frauenlippen. Stolpernd, fast umsinkend vor Angst, Überanstrengung und Entsetzen, hasteten sie weiter, drängten sich, stießen sich! Der Unterstand war nahe! Ich hatte mein Tier verhalten, das scheu geworden hochging, um alles vorbeizulassen, da dröhnten wieder von See her die dumpfen Schläge einer Breitseite. Ein Sausen, Heulen -- -- -- ein furchtbarer Krach vor mir -- mein Herz stand einen Augenblick still -- -- -- mitten aus dem Gedränge der hastenden weißen Kleider schoß eine Feuersäule empor -- das reißende Bersten einer krepierenden Granate! Dann desto tiefere Dunkelheit! Ich sprang herunter, um zu helfen -- Dutzende müssen tot sein! Einige weiße Flecke lagen auf der Straße, alles andere entfloh mit gelösten Haaren, flatternden Nachtkleidern. An einer Akazie knieten eine Mutter und ihre beiden Kinder, die laut beteten -- einige andere lagen halb bewußtlos vor Schreck auf der Erde. Eine Granate, anscheinend ein Ausreißer, denn alle folgenden Salven gingen wieder nach dem Bahnhof, war mitten in dem Makadam der Akazienstraße krepiert, hatte ein trichterförmiges Loch ausgehoben, aber -- es ist mir heute noch unbegreiflich -- trotz dem dichten Menschenknäuel, das die Straßen beinahe sperrte, niemand getötet, niemand verletzt! -- Das weitere Dröhnen der nächtlichen Beschießung tat seine Wirkung: in wenigen Sekunden waren auch die halb Bewußtlosen wieder auf den Beinen, und der Unterstand verschlang in seinem schützenden Bauch das verzweifelte Gewimmel. Leer, stockfinster lag die Akazienstraße wieder da! Nur am Himmel blitzte es in gleichmäßigen Zwischenräumen, sausend zogen die Granaten ihren Weg! Noch dreimal, viermal -- dann plötzlich lautlose Stille! Das Klappern der Hufe meines Maultieres widerhallte von dem harten Boden, nachtdunkel gähnte vor mir die öde Pugustraße, schemenhaft glitten rechter Hand eingefallene und verbrannte Inderhäuser und Eingeborenenhütten vorüber. -- -- -- Keine Seele, kein lebendes Wesen -- schweigend wie eine Totenstadt lag Daressalam damals da, eine Stadt einsamer Straßen, verlassener Häuserruinen. * * * Dies war mein letzter Eindruck, bevor ich Daressalam verließ! -- Und an diesen letzten Eindruck muß ich jetzt denken, wie ich auf das Getöse und Gedröhne da unten blicke, auf die stinkenden Autos, die wogenden Menschenmassen, die benzingeschwängerte Luft! Eine englische Schwester mit für uns abenteuerlich kurzem Rock -- die Moden der letzten fünf Jahre sind für uns ausgefallen -- gibt uns ein Zeichen. Wir sollen die Veranda räumen. Sie weiß, daß wir alle Englisch verstehen; aber anscheinend gehört sie einer der Vereinigungen an, deren Mitglieder geschworen haben, ihr ganzes Leben kein Wort mehr mit Deutschen zu wechseln. Angenehm berührt, wie so oft in den letzten Tagen, ziehen wir uns schweigend zurück! Im Gang tritt ein englischer Matrose im Lazarettmantel auf mich zu und hält mir eine Ansichtskarte unter die Nase. »Will you see?« Eine Photographie von einigen Geschützen -- -- Unterschrift: »Captured German guns.« »Dort vorn, neben der Boma stehen sie!« Behaglich grinsend über sein breites Bulldoggengesicht, entfernt er sich. -- * * * Nach zwei Tagen ist es mir gelungen, meine Entlassung durchzusetzen. Ein glühend heißer Nachmittag, geschwängert von Benzin, Negergestank und undurchdringlicher Staubschicht, liegt über Daressalam. Es ist einen Tag vor Weihnachten 1918! Ich habe den englischen Offizier, der mich begleitet, gebeten, mit mir an der Boma vorbeizugehen. Auto an Auto rast vorüber, englische Offiziere, häufig wie der Sand am Meer, orden- und messingknopfgeschmückt, Damen, Nurses, Schwarze schieben sich vorbei. Schweigend folge ich meinem Führer -- ich kann nur schwer gehen, das Fieber liegt noch lastend in den Gliedern. Das ist das alte Daressalam -- -- unsere schöne Hauptstadt? Ich kenne es nicht wieder! Wir biegen um die Boma -- -- da stehen -- als altes Eisen -- auf einem Rasenfleck die Geschütze! Sofort erkenne ich darunter das von Mahiwa wieder, das ich vor mehr denn einem Jahr in der Wildnis gesprengt habe. Mit klaffendem Rohr, wenn möglich noch mehr verrostet, steht es da vor mir, seine verbogene Mündung wie anklagend erhoben. »That’s one of your naval guns« meint der Engländer! »Ja!« Gedankenvoll sehe ich es an. Von Deutschland fuhr es über die blaue See hierher, hat hier zum erstenmal seinen Mund geöffnet, um den Salut für den Gouverneur zu donnern. Dann zog es in den Krieg! Im Golf von Aden hat es gesprochen, vor Sansibar Eisenhagel auf einen brennenden Engländer geschleudert. Treu ging es mit seinem zerschossenen Kreuzer in den Fluten des Rufiji unter, schießend bis zum letzten Augenblick. Wieder hervorgeholt, hat es Afrikas Steppen durchzogen, im Gleichtakt von schwarzen, eingeborenen Massen geschleppt bis zum äußersten Süden -- -- hat noch Tausende von Malen gedröhnt und Eisen gespien. Die Wälder von Mahiwa wurden dann sein Grab. Die Engländer haben es wiedergefunden und zusammengesetzt -- -- nun steht es hier einsam, verlassen, um später wohl irgendwo als Schaustück zu dienen -- mit verbogenen Rädern und ausgeschossenem Rohr, einsam, verlassen in dem Getümmel von fremden Menschen, in der verpesteten Luft, sonst nur an die frische Brise der See oder den Hauch der Steppe gewöhnt. Ohrenbetäubend rattern Lastkraftwagen voll von johlenden Tommies vorüber, eine englische Askarikompanie marschiert singend vorbei. Unwillkürlich erhasche ich einige der Kisuaheliwörter -- -- sie singen ein schamloses Spottlied auf den Kaiser. Die Röte der Wut steigt in mein Gesicht, verlegen wendet sich der englische Offizier weg! Abschiednehmend streife ich nochmals mit der Hand über das verrostete Rohr meines alten Geschützes. Schluss Drei Wochen später am 17. Januar 1919. Wogendes Menschengetümmel auf blankgescheuerten Promenadendecks. Weiße Tropenkleider, verschlissenes, verschossenes Khaki -- so lehnt es bunt weit über die Reeling des ehemaligen deutschen, jetzt englischen Dampfers Feldmarschall, der uns um das Kap der guten Hoffnung herum nach der Heimat bringen soll: Die zweihundert deutschen Frauen und Kinder, seit Jahren von ihren Männern und Vätern getrennt, in ihren ausgewaschenen, abgetragenen Tropenkleidern veralteter Mode, die hundert Mann Lettow-Vorbecks, braun, mager, in Tommyhosen und Khakihemden! Am Strand, bei der katholischen Kirche, beim Klub, winkende weiße Gestalten. Zurückbleibende Deutsche! Auf Bänke geflegelte Gruppen, Hände in den Taschen, Pfeifen im Maul -- -- Engländer! Langsam drehen wir, in die Ausfahrt steuernd. Enges Fahrwasser, rechts die Signalstation, hohe rauschende Kokospalmen -- draußen das sonnenbeleuchtete Makatumbeeiland, der blaue Ozean! -- -- Genau so wie vor fast fünf Jahren, als wir durch diese grüne Eingangspforte Afrika betraten, durch die wir es jetzt -- für immer -- verlassen. Genau so wie damals -- und doch -- -- wie anders! Lang waren diese fünf Jahre -- lang, sehr lang! -- -- Wir haben die Fahrt vermehrt, rauschen durch die engste Stelle, wie Kulissen schweben die Palmenhaine vorbei -- die weißen Häuser des Strandes verschwinden. Wiegend nimmt uns die weite See auf, die wir jahrelang nicht mehr gesehen. Salzig weht ihr Atem! Makatumbe fliegt vorüber. Wir drehen nach Süden, kleiner und kleiner wird der Streifen der Küste, kaum sind mehr ihre hohen Palmen zu erkennen. Nur die weißen, hohen Rauchsäulen steigen fast senkrecht in die klare Luft! Noch immer steht alles an der Reeling, die meisten schweigend! Verlieren doch fast alle hier eine Heimat, die sie geliebt -- -- die immer im Sonnenglanze dagelegen! Ernst sehen die Männer hinüber, ernst und schweigend -- -- würden ihre Augen Tränen kennen, so wären sie jetzt feucht! Über vier Jahre haben sie dieses unermeßliche Land dort drüben verteidigt, Fuß um Fuß, Schritt um Schritt, haben es lieben gelernt, wie nur ein Mann die Scholle lieben kann, für die er kämpft. Jetzt liegt es dort drüben im Glanze der untergehenden Sonne, lang fallen seine Schatten auf die See, hoch steigen die hellen Rauchwolken, zarter Dunst wogt auf den im Westen verschwimmenden Höhenzügen, die sich unendlich ausdehnen bis an den Tanganjika-, an den Njassasee. -- -- Alle waren einst deutsch -- -- alle sind es nicht mehr! Viele Stämme von getreuen Schwarzen leben dort. -- -- Alle waren einst deutsch -- alle sind es nicht mehr! Tausende von Weißen arbeiteten, kämpften und freuten sich dort. -- -- Wo sind sie? -- Wir hundert sind die letzten! -- Vielen sind die dunstigen, blauen Hügel dort drüben, die unermeßlichen Steppen da hinten zur letzten Ruhestätte geworden. Sie sind und bleiben deutsch, wenn es auch der Boden, der sie birgt, nicht mehr ist! -- -- Und nach Westen starrt alles mit brennenden Augen! Die Sonne hat sich jetzt glutrot hinter die blauen Silhouetten gesenkt, für kurze Zeit schimmert noch ein purpurnes Feuerband darüber, dann verblassen die Farben! -- -- Die Reeling wird leer! Zwei englische Matrosen schlendern vorbei, sie schließen die vorderen Seitenfenster für die Nacht. Ich höre »women und huns« und ein rauhes Lachen. Der eine spuckt in weitem Bogen in die See! Klar leuchtet jetzt der Abendstern. Er steht genau über den Höhen des Pembaberges. Weit über die Reeling gebeugt, sehe ich hinüber. Vor mehr denn vier Jahren fuhren wir hier vorbei -- in Kraft und Stolz -- mit Kurs nach Sansibar. Und jetzt! -- -- Dunkler Nachthimmel breitet sich über die südlich der blauen Hügel da drüben liegenden weiten Niederungen, deren Linien sich im Schwarzen verlieren -- dort dehnt sich das Rufijidelta! -- Weit, weit dahinten, in diesen dunkel brauenden Nebelmassen muß das Wrack der »Königsberg« liegen, einsam, verlassen, in schweigender Mangrovenwildnis. Flußpferdgebrüll dröhnt jetzt dort, Hyänen heulen! -- Dort ruhen auch die Leiber der Toten! Noch vierundzwanzig Mann sind hier an Bord -- der Rest der Besatzung! -- Und weiter rauschen wir durch die nachtdunkle See, phosphoreszierende Schaumstreifen ziehend. Die letzten Umrisse verschwimmen schwarz in schwarz -- sind verschwunden -- für immer! Tote »Königsberg« -- -- schlaf’ in Frieden! -- -- Ein Gong ertönt, lachende Engländer gehen zum Abendbrot! _ENDE_ _INHALT_ Vorwort 9 Einleitung 11 I. Im Indischen Ozean Kap Guardafui 15 Die Schuria-Muria-Inseln 25 Ras Hafun 31 Unguja-Sansibar 47 II. Im Rufijidelta Salale 59 Simba-Uranga 76 Am Steppenrand 85 Am Bumba-Arm 110 Kingwangwanda 121 III. Auf afrikanischem Boden Kismagao 135 Mahiwa 143 Daressalam 148 Schluß 158 =SAFARI-VERLAG= _Gesellschaft mit beschränkter Haftung_ _BERLIN W9, POTSDAMER STR. 4_ =August Hauer=: »Ali Moçambique« Bilder aus dem Leben eines schwarzen Fabeldichters mit Zeichnungen von C. Gregorius Preis: Halbleinen M. 4.-- / Halbleder M. 5.-- Ein literarisches Denkmal ist den braven Soldaten durch das letzte Buch des rühmlichst bekannten Verfassers des vortrefflichen Werkes »Kumbuke« (August Hauer) errichtet worden. Die Zeit. Das vorliegende Werk ist nicht nur gediegener Unterhaltungsstoff, es hat hohen kulturgeschichtlichen und ethnologischen Wert. Die Ausstattung ist trefflich. Marine-Rundschau. Hat man das Buch, das vom Ostafrikaner Gregorius mit kunstvollen Skizzen versehen ist, erst einmal in die Hand genommen, so trennt man sich ungern von diesen schönen Bildern. Die Wahrheit. Was uns aber das prächtige Buch besonders reizvoll, anziehend und nützlich macht, das sind die Fabeln und Geschichtchen, die Anekdoten, Scherze und Sprüche, die Ali, der herzensreine Witzbold, der Philosoph und Spötter, der allzeit fröhliche Gesell, uns aus dem Reichtum seines Innenlebens, seiner tiefgründigen Lebensweisheit in rührend-einfacher Sprache und mit unverwüstlichem Humor zum Besten gibt. München-Augsburger Abendzeitung. ★ =Leo Herbst=: »... Und der König tanzt ...« Tropenskizzen mit Buchschmuck von Hans Both Preis: Halbleinen M. 4.50 / Halbleder M. 5.50 Halbpergament M. 6.-- Dieses Buch, ein wertvolles Geschenk dem deutschen Volke, ist eine hochwertige, künstlerische Leistung, und der es geschrieben hat, ist wahrhaft ein Dichter, und die Saiten seiner Dichterseele haben in wehmütiger Erinnerung und trunkener Sehnsucht gebebt. Germania. Und alle Erlebnisse sind getragen von der tiefen Auffassung des Reichtums und der Stärke der afrikanischen Landschaft, im freien Hochland, im unheimlichen, stickigen Urwald; an der Küste des ewigen Ozeans; sind dargestellt in meisterhafter Form und Sprache, die uns Glück, Staunen, Ueberraschung, Sorge, Kampfesfreude, Qual und Erlösung unmittelbar fühlen und erleben lassen. Kölnische Zeitung. Der undurchdringliche Urwald, Steppenbrand und Sumpfschwüle, Hunger, Durst und Ermattung werden anschaulich geschildert. Und als Hintergrund immer wieder Blitzlichtaufnahmen der Negerpsyche. Das Buch ist ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur Erforschung Afrikas. Kölner Tageblatt. Ein außerordentliches Buch an Inhalt, Sprache und Schilderung, ein Buch, das jeder mit tiefster Ergriffenheit lesen wird, der die heißen Zonen kennt und liebt. Kriegserlebnisse spielen hinein, meisterhaft sind sie wiedergegeben. Und doch die Hauptsache bleibt, zu genießen, wie der Verfasser Land und Leute gesehen und sie uns vor Augen gerückt hat. Marine-Rundschau. Tagespreis: Grundpreis × Schlüsselzahl =des »Börsenblattes für den Deutschen Buchhandel«= z. Zt. Schlüsselzahl: =60= =SAFARI-VERLAG= _Gesellschaft mit beschränkter Haftung_ _BERLIN W9, POTSDAMER STR. 4_ =E. Nigmann=: »Schwarze Schwänke« Fröhliche Geschichtchen aus unserem schönen alten Deutsch-Ostafrika. Mit Zeichnungen von Kurt Wiese Preis: Halbleinen M. 4.-- Halbleder M. 5.-- Eine Fülle bunter Bilder wird entrollt; man merkt, daß der Verfasser lange mitten im Leben und Treiben unserer unvergeßlichen Kolonie gestanden hat; er ist auch ein liebenswürdiger Erzähler, dessen Humor niemand verwundet. Der Tag. Aus ureigenster Anschauung berichtet der Verfasser von dem Kolonieleben und der Treue der Askaris, nicht trocken, nein, Humor und Liebe zu verlorenem deutschen Land sprechen aus jeder Zeile. Mit wenigen, aber charakteristischen Strichen läßt Dr. Nigmann Szenen afrikanischen Lebens vor dem Leser erstehen -- sie verdienen gelesen zu werden. Königsberger Allgemeine Zeitung. Das Buch bietet ein Stück des ostafrikanischen Reise-, Stations- und Lagerlebens und wird um so mehr geschätzt werden, als der länderkundige Künstler Kurt Wiese dasselbe mit einer großen Anzahl zum Humor des Werkes passenden Bildern versehen hat. -- Die Anschaffung des Werkes wird Afrikanern und Nichtafrikanern wärmstens empfohlen. Die Zeit. Mit einer Fülle köstlichen Humors erzählt uns hier ein alter Afrikaner eine Reihe von Schwänken und Schnurren, in denen Lebenslust und Frohsinn und vor allem eine große Liebe zu unserem herrlichen Ostafrika atmen. Swakopmunder Landeszeitung (Süd-West-Afrika). ★ =Artur Heye=: »Wanderer ohne Ziel« Allerlei abenteuerliches Zwei- und Vierbein. Mit Zeichnungen von Walter Rosch Preis: Pappband M. 4.50 Halbleinen M. 5.-- Als Tramp in Amerika! Als Einzelgänger durch die unendlichen Weiten Afrikas! Ein Wanderer ohne Ziel, ein verflogener Vogel! Tiefe Schwermut und groteske Lächerlichkeit wechseln mit schaurigem Erleben des Kampfes ums Dasein. Die große Liebe zur Natur und Tierwelt ist herzerfreuend. Die Zeichnungen Walter Roschs zeugen von Kraft und großer Anpassungsfähigkeit an den fremdartigen Stoff der Handlung. Tagespreis: Grundpreis × Schlüsselzahl =des »Börsenblattes für den Deutschen Buchhandel«= z. Zt. Schlüsselzahl: =60= =SAFARI-VERLAG= _Gesellschaft mit beschränkter Haftung_ _BERLIN W9, POTSDAMER STR. 4_ =Leo Herbst=: »Das schwarze Weib«, Bd. I »Tasana« Preis: Pappband M. 4.50 Luxusausgabe M. 6.-- Der Verfasser der Tropenskizzen »... Und der König tanzt ...« schildert in seinem Zyklus »Das schwarze Weib«, dessen erster Band »Tasana« soeben erscheint, die afrikanische Frau in ihren verschiedenen Typen. »Tasana« wurde vor der Buchausgabe von der Kölnischen Zeitung erworben und im Feuilleton abgedruckt. =Rochus Schmidt=: »Aus kolonialer Frühzeit« Preis: Pappband M. 5.-- Halbleinen M. 6.-- Ein hochinteressantes Buch unserer kolonialen Entwicklung. Rochus Schmidt ist unter den ersten, die in das unbekannte Afrika hinauszogen. Alle die großen Afrikaner: Stanley, Casati, Emin Pascha, Peters, Wissmann leben wieder vor uns auf! In wenigen Jahrzehnten schuf Deutschland seine blühenden Kolonien aus kleinsten Anfängen. Alle die Widerstände und Unzulänglichkeiten und die Erfolge zielbewußter harter Arbeit und Kämpfe schildert Rochus Schmidt aus eigenem Erleben in lebendiger Sprache. ★ =SAFARI-BILDERBÜCHER= =Leo Herbst=: »Lullus Fahrt nach Kamerun« mit Bildern von Kurt Wiese Preis: Halbleinen M. 4.50 Ein Bilderbuch für jung und alt! In fröhlichen zweizeiligen Buchversen sind die Erlebnisse eines Spitzes auf der Seereise und in Kamerun geschildert. Die humorvollen bunten Bilder von Kurt Wiese sind köstlich. =Walter Rosch=: »Professor Schnurps in Afrika« reich illustriert. Preis: Halbleinen M. 4.50 Alle die kleinen Ungeheuer der afrikanischen Insektenwelt sind in lustigen Versen und Bildern unter genauer Beachtung der naturwissenschaftlichen Richtigkeit in diesem Reiseabenteuer des Professors Schnurps zusammengefaßt. =Kurt Wiese=: »Der Kinder Wanderfahrt mit Tieren aller Art« Leporelloformat. Preis: Ganzleinen. M. --.25 Reizende Bilder mit lustigen Versen machen auf fröhliche Art mit der überseeischen Welt bekannt. Tagespreis: Grundpreis × Schlüsselzahl =des »Börsenblattes für den Deutschen Buchhandel«= z. Zt. Schlüsselzahl: =60= =SAFARI-VERLAG= _Gesellschaft mit beschränkter Haftung_ _BERLIN W9, POTSDAMER STR. 4_ =Rudolf de Haas=: 1. Band. »Piet Nieuwenhuizen« der Pfadfinder Lettow-Vorbecks. Mit Federzeichnungen von Thea de Haas und einer Photographie Preis: Pappband M. --.75 Halbleinen M. --.90 =Rudolf de Haas=: 2. Band. »Piet Nieuwenhuizen« der Pfadfinder Lettow-Vorbecks Preis: Pappband M. 1.20 Halbleinen M. 1.50 =Artur Heye=: 1. Band. »Hatako, der Kannibale« Preis: Pappband M. --.60 Halbleinen M. --.75 =Artur Heye=: 2. Band. »Hatako, der Kannibale« Erscheint in Kürze =Anton Lunkenbein=: »Die Geheimnisse der Namib« Preis: Pappband M. --.60 Halbleinen M. --.75 =Marie Pauline Thorbecke=: »Häuptling Ngambe« Preis: Pappband M. --.75 Halbleinen M. --.90 ★ Tagespreis: Grundpreis × Schlüsselzahl =des »Börsenblattes für den Deutschen Buchhandel«= z. Zt. Schlüsselzahl: =60= Gedruckt bei _DENTER & NICOLAS_ Berlin C 2, Neue Friedrichstraße 43 Die Buchbinderarbeit wurde bei LÜDERITZ & BAUER in Berlin gefertigt ★ *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK IN MONSUN UND PORI *** Updated editions will replace the previous one—the old editions will be renamed. Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright law means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. 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START: FULL LICENSE THE FULL PROJECT GUTENBERG LICENSE PLEASE READ THIS BEFORE YOU DISTRIBUTE OR USE THIS WORK To protect the Project Gutenberg™ mission of promoting the free distribution of electronic works, by using or distributing this work (or any other work associated in any way with the phrase “Project Gutenberg”), you agree to comply with all the terms of the Full Project Gutenberg™ License available with this file or online at www.gutenberg.org/license. Section 1. General Terms of Use and Redistributing Project Gutenberg™ electronic works 1.A. By reading or using any part of this Project Gutenberg™ electronic work, you indicate that you have read, understand, agree to and accept all the terms of this license and intellectual property (trademark/copyright) agreement. If you do not agree to abide by all the terms of this agreement, you must cease using and return or destroy all copies of Project Gutenberg™ electronic works in your possession. 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It exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from people in all walks of life. Volunteers and financial support to provide volunteers with the assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will remain freely available for generations to come. In 2001, the Project Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure and permanent future for Project Gutenberg™ and future generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org. Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit 501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal Revenue Service. The Foundation’s EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state’s laws. The Foundation’s business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to date contact information can be found at the Foundation’s website and official page at www.gutenberg.org/contact Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread public support and donations to carry out its mission of increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine-readable form accessible by the widest array of equipment including outdated equipment. 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