The Project Gutenberg eBook of Auf alten Wegen This ebook is for the use of anyone anywhere in the United States and most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this ebook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you will have to check the laws of the country where you are located before using this eBook. Title: Auf alten Wegen Novellen Author: Otto Buchmann Release date: March 11, 2025 [eBook #75592] Language: German Original publication: Hannover: Tischbeins Verlag, 1920 Credits: Hans Theyer and the Online Distributed Proofreading Team at https://www.pgdp.net *** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK AUF ALTEN WEGEN *** ======================================================================= Anmerkungen zur Transkription. Das Original ist in Fraktur gesetzt. Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden übernommen; lediglich offensichtliche Druckfehler sind stillschweigend korrigiert worden. Das Inhaltsverzeichnis wurde an den Anfang des Textes verschoben. Worte in Antiqua sind +so gekennzeichnet+; gesperrte so: ~gesperrt~; =fettgedruckte= so. ======================================================================= Auf alten Wegen Novellen von Otto Buchmann 4.-10. Tausend. Tischbeins Verlag, Hannover 1920 Inhalt: Auf alten Wegen Seite 5 Die stille Geschichte " 23 Operation " 45 Siegmund Federleins Liebe und seliges Sterben " 63 Auf alten Wegen Ein Wort, das im Herzen des Volkes haftet und leicht von seinen Lippen geht, zu dessem Kern kein philosophischer Schnörkelweg führt, heißt: Die Erinnerung ist das Schönste, sie ist schöner als das Erleben selber. Die Erinnerung malt das Glänzende noch glänzender, das Helle noch leuchtender, dem Trüben gibt sie den verklärten Glanz der Versöhnung und das Harte und Häßliche überfährt sie weich und nimmt ihm die herben Linien. Und wenn ein Mensch, hart geworden in der Not des Lebens, es verschmäht, Saiten der Erinnerung in seiner Seele zu rühren, wenn er, der alle Brücken hinter sich abgebrochen hat, nur den Weg voraus sieht und ihn geht mit schmalen Lippen und herber Seele -- einmal, und wenn auch nur ein einziges Mal in seinem Leben, quillt auch in solchem Hartgewordenen das leise, süße Spiel der Erinnerung auf, wenn er an seine Kindheit denkt. Mag sie hart, kalt und seelenlos gewesen sein, irgend eine Winzigkeit birgt auch sie, irgend ein stilles Glück, das in der Erinnerung noch ein letztes Leuchten auf den Weg des Einsamen wirft und ein leises Glänzen in seine Seele, und einen Hauch des Lächelns auf seine Lippen stiehlt. Und wenn du fragst, zu welcher Zeit am klarsten die Quellen der Erinnerung zu rinnen pflegen, so wird es die Zeit des Frühlings sein, wenn die Oede ringsum und das kühle Sterben leise schwellendem, neuem Leben weichen, wenn sich in die graue, seelenlose Landschaft Formen, Farben und Licht langsam einschmiegen und ein zärtlich-herber Glanz vom Himmel weht. Da waren jüngst solche Tage herber Vorfrühlingsschönheit. Und an einem von ihnen überfiel mich in der großen Stadt, inmitten der steinernen Wände ringsum, die den Blick fingen, eine leise quälende Sehnsucht, irgend ein zärtliches, unbestimmtes, formenloses Sehnen. In jedem Frühling trat diese leise Traurigkeit an mich heran, und während rings um mich herum aus den Gärten und Anlagen das neue Leben des Jahres erste zarte Atemzüge tat und die Wolken weiß über die hellblaue Himmelsfläche glitten, verfing sich meine Seele in den Maschen einer unbekannten dunkeln Stimmung. Es wird in solchen ersten Sonnentagen des Jahres, wenn die Leere vergangener Monde hinter uns versinkt, vielen Menschen so gehen, und es gibt ein Mittel, diesen rätselhaften Mächten zu begegnen. Man soll sein Ränzel schnüren und wandern, dort hinaus, wo sich das neue Werden fast hörbar gestaltet, wo die Wälder in zärtlich hellem Grün aus der Landschaft aufsteigen, wo die Bäche fessellos dahineilen und der Glanz des Himmels und der Wolken in sanften Spiegelbildern auf ihren Fluten ruht. So kam es, daß ich aus der großen Stadt wanderte, erst ziellos, in die Weiten hinein, in einen köstlichen, herben Frühlingsmorgen hinein, und wie sich dann im Schreiten, erst nebelhaft und unbewußt, als schwach umrissene Erinnerung, dann schärfer und schließlich im lichten Umriß vor mir stehend, ein Erlebnis aus der Jugend vor meine Seele schob. Meine Seele ging auf alten, vielleicht töricht gewesenen Kinderwegen, die damals so köstlich waren, so roter Rosen blühend voll, so selig schwer von Sonnenglanz. Und da sprang es mich an, an diesem Frühlingsmorgen, die Stätte von damals wieder zu suchen, einen stillen Blick zu werfen auf jene alten Wege, mit jenen Menschen von früher, wenn sie noch lebten, einen Händedruck zu wechseln und ein stilles Wort, und dann auf der Heimkehr in den rot verglastenden Abend den Tag mit seinen Erlebnissen noch einmal vor die Seele zu nehmen und ihn still dahin zu tun, wo so vieles ruht, Lautes und Leises, Schmerzliches und Schönes, Zärtliches und Dunkles -- Erinnerung geworden. Und während ich rüstig vorwärts schritt, nach dorthinaus, wo in der Ferne blauende Berge, in einen zärtlich lichten Horizont gebettet, herübergrüßten, spielte ein Bild von damals, das ich längst verblaßt und wesenlos in mir ruhen wähnte, in hellen, lebenden Farben vor meiner Seele. Meine erste Knabenliebe trat still vor mich hin und ich fühlte wieder wie damals in jenen kinderhaften, törichten und seligen Stunden ihre Süße und Keuschheit mich umwehen und grüßen. Aus jenen versunkenen Zeiten wuchs dieses Erlebnis blühend in mir auf, drängte sich an mich und reichte mir die Hände. Ich sah mich als Jüngling, rank und schlank, von knappen siebzehn Jahren, neben der Frau gehen, die ich heimlich verehrte, der ich als knabenhafte Opfergabe meine ersten Verse darbrachte, deren Wesen und Gestalt in meine Träume drangen und deren Duft um mich war, wenn ich in törichter Seelenpein schlaflos lag oder unbändig durch die Wälder der Umgebung in weißen Mondnächten streifte, kühle Flüsse in stürmender Jugendkraft durchschwamm oder hohe Bäume erkletterte, von dem Wunsche getrieben, die geliebte Frau sähe meine Kräfte, die ich für sie so wahllos verschwendete. Und dann dachte ich an den Ausgang dieser Liebe, wie sie nicht still verronnen war, sondern jählings verlodert, und wie ihre Flammen mich fast verbrannt hatten, daß ich glaubte, nimmer wieder froh werden zu können und tagelang in fieberheißen Gedanken den Entschluß in mir trug, des Lebens Last, seinen Ekel und seine Fadheit von mir tun zu müssen. Ein anderer kam, ein ganzer Mann, und begehrte die geliebte Frau zu seinem Weibe. Und sie gab sich ihm, dem Fremden, wußte wohl kaum von meiner wilden Knabenliebe zu ihr und von meinen seligen, unseligen Stunden. Da lief ich tagelang durch die Wälder, aß nichts und trank nichts. Meine Augen waren heiß und rot, aber keine Träne kam. Alles war dürr in mir, leer, ausgebrannt. Und dann kam wieder der Tag mit seinen Anforderungen an ein junges Leben, und die Tage wurden zu Monaten und die Monate zu Jahren; und die Jahre nahmen mich auf ihren Rücken und trugen mich durch aller Herren und Fürsten Länder. Ich sah das Leben leuchten und trug seine Freuden heim und füllte meine Seele mit ihnen, und ich lernte den Schmerz des Lebens kennen, als er mich in so vielerlei Gestalt antrat und über alledem versank in mir wesenlos die stille Geschichte aus meiner Knabenzeit und die Landschaft von damals, in die ich meine wilden Fahrten unternommen hatte. Und nun, an diesem Frühlingsmorgen, trat das alles aus der Nacht hervor und leuchtete mich verjüngt an und grüßte und lockte mich. Immer näher kam ich den Bergwäldern, hinter denen das Damals lag. Die Höhen, vom ersten Grün überflogen, bekamen Linien und drängten sich heran. Es dauerte nicht lange, da begann die Steigung, und nach stundenlanger Wanderung stand ich oben und sah rückwärts die große Stadt schemenhaft mit wenigen Türmen aus dem Glast herübergrüßen, und sah auf der anderen Seite tief unten das Dörfchen meines Ziels mit roten Dächern liegen. Und mein Blick suchte und fand die Wälder von ehedem. Die Fohlenkoppel und die Bluthöhe; alle Stätten von damals taten sich vor meinen Blicken auf. Lange saß ich auf einem sonnenüberglänzten Felsstück, ließ den Blick in die Tiefe schweifen und dachte an Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Dachte an das, was zwischen dem Ehedem und dem Heute lag, und ob ich wohl Freude haben dürfte an dem, was ich getan, ob ich nicht in die alten Gassen zu meinen Füßen niedersteigen müßte mit Scham im Herzen und mit leerer Seele. Alle Wege meines Lebens durchschritt ich nochmals in dieser festlichen, glänzenden Stunde, und stand dann hochatmend auf und schlenderte den Weg hinunter und sah alle Stätten wartend dastehen; ganz wie früher war alles. Und dann -- -- dann durchfuhr es mich auf einmal wie ein herbes Weh; ich sah einen der Menschen von früher, erkannte ihn sofort, trotz des weißen Bartes und der gramvollen Züge. Und ich dachte daran, was für ein lustiger Kauz das gewesen war, wie er mich in die Kneipe mitgenommen hatte und mich gelehrt, einen Humpen auf einen Zug zu leeren, und wie er mir wilde Bierlieder beigebracht hatte. Ich ging an ihn heran und grüßte ihn. Er sah mich mit wesenlosen, fernen Blicken an und erkannte mich nicht. Da sagte ich meinen Namen, aber es rann kein freudiger Blick des Erkennens über seine Züge; leer blieben sie und fast verdrossen sprachen seine Lippen einige gleichgültige Fragen. Wo ich herkäme, wie es mir die ganze Zeit gegangen wäre, ob ich hierbliebe? Ich stand ihm kurz Antwort und schritt dann beklommen weiter, und dachte daran, wie alles auf Erden nur eine kurze Spanne sei, nur eine kurze Rast auf dem Wege in die Ewigkeit, und wie nichts Dauer hat und alles fließt. Weiter schritt ich durch die Gassen: Kinder glotzten mich an, den Finger im Munde, und ich kannte niemand von ihnen. Dann sah ich wieder Bekannte von früher, aber keiner erkannte mich, fremd schritten wir aneinander vorüber, und es stand mir nicht mehr der Sinn danach, sie anzusprechen. Alles trieb mich dort hin, wo die geliebte Frau wohnte. ~Sie~ durfte nicht älter geworden sein, in ihren lieben Zügen sollte mich unentstellt meine Jugend noch einmal grüßen, noch einmal voll und tief verklärt in reiner Schöne die Augen zu mir aufschlagen, und dann wollte ich weiter wandern, wieder ins Leben hinein, und der Tag von heute sollte trotz aller Enttäuschung leise und schön in mir nachklingen, wie ein Geigenlied in Sommernächten. * * * * * Ich kam vor ihr Haus und wanderte unentschlossen davor her, auf eine Gelegenheit wartend, daß jemand aus der Tür träte, den ich mit einer Frage angehen könnte. Bald traten nacheinander zwei Frauen heraus. Die eine ging an mir vorüber, sah mich an und ich sah sie auch an. Und ich mußte in tiefster Seele lächeln. Nein, das konnte sie nicht sein, das war eine alte Frau, verhärmt und mit Falten im Gesicht. Da fragte ich das Mädchen, das unschlüssig am Tore stand und etwas zu überlegen schien. Ja, das wäre die Frau des Hauses, sie wäre nur nach drüben gegangen und kehrte gleich zurück. Was ich für ein Verlangen hätte? Ich steckte dem Mädchen ein Geldstück zu und erfuhr in wenigen Minuten alles. In großen Linien malte die Magd mir ein Lebensschicksal dahin, und ich hörte zu; wie aus der Ferne drangen die Worte auf mich ein. Dann ging ich mit einigen nichtssagenden Worten und grüßte die geliebte Frau, als sie mir bei meiner Heimkehr über den Weg lief. Sie lächelte befremdet, und ich sah ihre Züge, alt und herb, und sah die künstliche Röte auf ihren Wangen, die Jugend vortäuschen sollte, wo doch längst das Alter sein Herrscherrecht angetreten hatte. * * * * * Ich ging still an ihr vorüber, und ging still aus dem Dorfe hinaus. Keinen Menschen mochte ich mehr sehen. Eine wilde Lust faßte mich an nach der Arbeit meines Tages, und ich sehnte den morgigen Tag herbei, wo ich alles Heutige abtun wollte in rastloser Arbeit. Bis der Abend kam, wanderte ich zurück, aß irgendwo in einer Dorfschenke mein Abendbrot und saß dort noch lange, bis zur Abfahrt des Zuges. Und zwischen dem Geschwätz der Bauern, dumpfem Gläserklang und dicken Qualmwogen kamen mir Verse in den Sinn. Die schrieb ich auf und hörte sie nachher immerfort singen aus dem Schüttern des Zuges. Kurz vor meinem Orte stieg in mein Abteil eine alte Frau ein, die hatte zum Verkauf einen Korb erster Frühlingsveilchen. Da kaufte ich ihr einen großen Strauß ab, wickelte die Blüten in das Papier mit den Versen und warf alles aus dem Fenster in die helle Frühlingsnacht. Die alte Frau sah mich erstaunt an; ich aber lächelte und sagte ihr, was ich dort hinausgeworfen hätte, wäre ein kostbarer Lebensschatz, und ich wäre eigentlich ein Verschwender. Da rückte das Weiblein von mir scheu ab und atmete auf, als ich beim nächsten Zugaufenthalt ausstieg. Die ganze Nacht aber waren die Verse um mich, in denen meine Jugend noch einmal rot und leuchtend aufglomm, in denen alle die alten Wege wieder in Blüte standen und alles so hell war, so morgensonnenschön und an mir vorüberglitt wie ein Lied, kaum erfaßt und nur wesenlos gefühlt. Und ich wußte plötzlich mit Gewißheit, daß ich das alles unverlierbar in mir trug, und daß es nur wartete, still emporgenommen zu werden, daß es aber nie und nimmer ein Tag wie heute, die Stunde der Gegenwart aufnehmen konnte, weil es längst in mir war, in meiner Seele, nicht mehr außerhalb, sondern unverlierbar in mir ruhte, ganz mein Eigentum, ganz Erinnerung. Die stille Geschichte Ich entsinne mich jeder Einzelheit, als hätte es sich gestern zugetragen In Riva am Gardasee war es, an einem Oktobertage. Das Wetter war unsäglich köstlich, über der dunkelblauen Flut des Sees wölbte sich ebenso blau der hohe Himmel und an den Ufern strebten mit steilen sonnengleißenden Hängen die Felsberge in die Höhe, granitene Wächter der Schönheit des Wassers und des Landes. Ich war langsam den Weg vom Fischerdörfchen Torbole hergeschlendert, hatte unterwegs, auf einem Felsstück ausruhend, mit einem Weinbauern kurze Plauderrast gehalten und trug mich nun mit der Absicht, auf der Terrasse meines Gasthofes, die weit in den See hineinsprang, den Anbruch des Abends zu erwarten. Auf die leere Terrasse, deren Windlichter sich kaum bewegten, so ruhig war der Abend, traten lärmend und lachend fremde Gäste, Deutsche. Sie ließen sich an einem Nebentische nieder, bestellten Wein, und ihr Lachen und ihre Witze verscheuchten schnell und unwiederbringlich die stille Feierabendstunde meiner Seele. Einer von den jungen Menschenkindern, ein Student schien es zu sein, denn sein bartloses Gesicht war von Narben zerschlissen, sah mich in meiner Einsamkeit. Und als sich unsere Blicke begegneten, hob er sein Glas und trank mir zu: »Salute Signore!« Auch ich hob mein Glas und trank dem Jungen zu: »Glück und Gesundheit!« Da sprang er auf und sagte: »Sie sind ein Deutscher, ein Landsmann, ah so, ich glaubte, Sie wären Ausländer. Dann möchte ich bitten, mit Ihnen anstoßen zu dürfen.« Wir stießen an und er lud mich ein, seinen Freunden und ihm Gesellschaft zu leisten. Während ich Platz nahm, trat noch ein Gast auf die Terrasse, diesmal unverkennbar ein Deutscher. Ein schöner hochgewachsener, blondbärtiger Mann, der leise und ernst lächelnd auf die fröhliche Gesellschaft blickte. Dann trat er an unsern Tisch heran und sagte: »Gestatten Sie mir, meine Herren, diesen einsamen schönen Abend in der Gesellschaft von Landsleuten zu verbringen. Wir sind ja hier nicht mehr auf ausländischem Boden, aber ich glaube, wir haben alle noch italienische Sonne in unsern Adern, denn auch Sie kommen doch sicher vom Süden.« Er stellte sich vor, Schriftsteller Wellenthien oder so ähnlich, den Namen habe ich vergessen, wohl auch kaum richtig verstanden. Jedenfalls kam bald, angeregt von dem roten köstlichen Wein, eine fröhliche Stimmung auf, die Wellen des Gelächters schlugen auf die stille, dunkle Seefläche hinaus und übertönten den Wassergesang der sich am Ufer brechenden Flut. Und wie das so kommt, wenn Jugend beisammen sitzt, kam bald das Thema »Weib« aufs Tapet. Pennälergeschichten, Erlebnisse mit Backfischen aus der Studentenzeit, der Schwarm für die +filia hospitalis+, aber auch Geschichten von böserer Art erschienen und die Meinungen platzten jäh aufeinander. Embryonale und ausgewachsene Anhänger der Ansichten Tolstojs, Nietzsches, Goethes, Schopenhauers über die Frau fochten miteinander mit mehr oder weniger dialektisch gut geführten geistigem Florett; dazwischen trank man laut lachend mit erhitzten Köpfen, einer der Jungen stieg auf den Stuhl und deklamierte in das Stimmengewirr aus dem ›Faust‹ die Stelle: »Nenn' es dann, wie du willst ...« hinein. Es war ~sein~ Beitrag zu dem angeschnittenen Thema. Da -- und nun beginnt das, was ich in der Ueberschrift »Die stille Geschichte« nannte, -- stand der Zuletztgekommene, der Blondbärtige, auf, hob sein Glas und sagte: »Trinken Sie mit mir, meine Herren, auf die Frau, auf die deutsche Frau. Ich will Ihnen auch eine Geschichte erzählen.« Wir tranken aus; der Schriftsteller setzte sich wieder und wir gruppierten uns mit unsern Stühlen um ihn herum. Noch ganz deutlich steht das Bild von damals vor meinen geistigen Augen. An einer Tuffsteingrotte lehnte der Kellner, ein schwarzbärtiger Bauer. Auch er hörte zu. Der Schriftsteller begann: »Ich habe die Geschichte noch niemandem erzählt, sie schien mir zu keusch zum Erzählen. Lachen Sie nicht, meine Herren, wenn ich Ihnen sage, daß sich diese stille Geschichte eigentlich kaum erzählen läßt, es sei denn, eine Geige erzählte sie mit zärtlich scheuem Strich in eine weiche Nacht wie diese hinein. Und wenn ich sie Ihnen erzähle, mit knappen Worten, dann weiß ich, daß Sie sie nie vergessen werden, in einst, vielleicht schlimmen Stunden, wird sie urplötzlich wieder vor Ihnen stehen. Deshalb erzähle ich sie Ihnen, meine Herren. Und auch zum kleinen Teile darum, um meinerseits nicht müßig zu sein bei dem Thema, das Sie sich hier stellten. Zwei Jahre sind es her. Ich hatte mich überarbeitet, war nervös, die bekannten neurasthenischen Herzbeschwerden plagten mich, kurz, ich beschloß, in ein Bad zu gehen und mich der Behandlung eines Spezialisten zu unterwerfen. In den ersten Tagen fehlte mir die Lust, mich sofort in die ärztliche Fron zu begeben. Ich lag vielmehr den ganzen Tag im Langstuhl im Garten des Kurheims und bemühte mich, an nichts zu denken. Da kam eines Tages durch den Garten ein neuer Gast, geleitet von der Besitzerin des Hauses. Ein junges Mädchen war es, weiß gekleidet, vielleicht achtzehn Jahre alt. Ihr Blick flog über mich hin, und als ich nickte, lächelte sie leise und dankte zurück. Mein Pseudoname als Schriftsteller hatte damals schon einen guten Klang, und, ich weiß nicht mehr, weshalb ich es tat, ich schrieb mich damals mit diesem Pseudonym ins Fremdenbuch ein und als unverheiratet, obgleich ich Frau und einen zweijährigen Buben hatte. Es geschah jedenfalls, daß ich diese Eintragung vornahm, gänzlich unbewußt, ohne jede Absicht, vielleicht auch infolge der damaligen starken nervösen Depression, die auf mir lastete. So kam es, daß ich als Junggeselle galt und von den Damen der Pension ob meines literarischen Namens mehr oder minder offensichtlich verehrt wurde. Und darin machte der letztgekommene Gast, das junge Mädchen, keine Ausnahme. Sie saß oft neben mir im Garten, brachte mir Blumen, eine Zeitung, eine Erfrischung, war liebreich um mich bemüht und küßte mir die Hand, als ich ihr meinen letzten Roman mit Autogramm überreichte. Ihre liebe, leise Art tat meinen kranken Nerven unsäglich wohl, und nach acht Tagen fühlte ich mich stark genug, mich einer energischen ärztlichen Behandlung zu unterwerfen. Als ich am andern Morgen in das Sprechzimmer des Herzspezialisten kam, fand ich niemand weiter vor. Nach kurzer Zeit schon ging die grüne Friestür, die in das Sprechzimmer führte, geräuschlos auf, und meine Bekannte aus der Pension, trat, vom Arzte mit einigen verbindlichen Worten entlassen, heraus. Wir begrüßten uns mit einem Händedruck und nach einer Minute sah ich dem Arzte in die funkelnden Brillengläser hinein und erzählte ihm von der Art und den Aeußerungen meines Leidens. Der Spezialist klopfte mich ab, horchte mit dem Stethoskop und konnte versichern, daß nichts Ernstliches vorlag. Es war lediglich eine kleine Herzaffektion infolge geistiger Ueberanstrengung. Trotzdem, mehr zu meiner Beruhigung, wollte er doch eine elektrokardiographische Aufnahme meines Herzschlages machen. Ich weiß nicht, meine Herren, ob Ihnen ein Elektrokardiograph bekannt ist. Es ist eine geniale Konstruktion, mit der man die Kurve des Herzschlages photographisch herstellen kann. Ich setzte mich in einen Sessel, der Arzt legte mir, durch nasse Umschläge isoliert, um die Pulse die Drähte, die den galvanischen Strom von mir in den Apparat hineinleiteten. Ein kurzer Druck, der Apparat fing an zu arbeiten und nach einem Augenblick schon hielt der Spezialist den Film in der Hand, der, noch unentwickelt, die Kurve meines Herzschlages enthielt. In einem kleinen Nebengemach, das er sich als Dunkelkammer eingerichtet hatte, nahm er die Entwicklung des Films selber vor und brachte mir nach fünf Minuten den langen photographischen Streifen, der noch von Nässe triefte, und zeigte mir mit Erklärungen die Regelmäßigkeit der Kurve, deren Zacken einen gleichmäßigen Ausschlag aufwiesen. Er trocknete die Photographie, während wir plauderten, zwischen zwei weißen Löschblättern ab und gab sie mir, als Andenken, wie er sagte. Wir hatten uns wieder gesetzt und während er Eintragungen in sein Krankenbuch machte, sah ich plötzlich auf dem Schreibtische eine noch nasse Kurve liegen, ausgebreitet, etwas abseits, über Büchern und Zeitschriften, gleichsam, als wollte der Arzt das Elektrokardiogramm, wie der technische Ausdruck heißt, ständig vor Augen haben. Mein Blick glitt über die lange Kurve und haftete an einem Zackenausschlage. Ganz jäh stieg in der gleichmäßigen Zackenreihe eine Zacke auf und sank dann tief herunter. Als der Doktor aufsah, bemerkte er meinen Blick und instinktiv hob er ein Blatt und warf es über das Photogramm. Dann lächelte er und sagte: »Nein«, dabei das Blatt wieder zurücknehmend, »Sie sind ja Schriftsteller, Seelenkenner, Menschenkenner. Weshalb sollte ich Ihnen etwas verhehlen. Wissen Sie, was das dort ist? Meine Schweigepflicht als Arzt verletze ich ja nicht, wenn ich es Ihnen sage.« »Baldiger Tod!« sagte ich instinktiv, seine Frage beantwortend. Er nickte, tiefernst: »Jawohl, Sie haben recht, baldiger Tod, und sogar recht baldiger Tod.« Dann versank er in Sinnen. »Und ein junger Tod,« erwiderte er, fast unbewußt, schüttelte sich dann und lachte: »Ach was, ein alter Mann ist es!« Ich sah ihn ernst und durchdringend an. Da fuhr er nervös über die Stirn, stand auf und sagte: »Also, liebster Freund, Ruhe, Schonung, Diät brauchen Sie. Und wenn der Schreibtisch ruft, noch mindestens vier Wochen Dispens. In drei Tagen möchte ich Sie nochmals sehen.« Ich ging. Ging in rätselhafter dunkler Stimmung durch den hellen Frühlingstag und wußte das eine, das wir im Laufe heller Tage so oft und so schnell vergessen: Mitten im Leben sind wir vom Tode umfangen. Die Allee, durch die ich schritt, stand in Blattfülle, die Wege des Kurparkes waren von Blütenreihen, blau und weiß und rot, flankiert. Ein Duften war überall, eine Farbenüberfülle, ein Lichtrausch, und -- so mußte ich denken -- mitten durch diesen Glast, dieses selige Glänzen, diese Schönheit der Welt, ging ein Wesen, jung wie alles umher, sehnsuchtdurchseligt, blutdurchpulst und wußte nicht darum, daß, wenn die Blütenblätter schwer und blaß hier zur Erde brachen, auch seine Seele dahinging, auch sein Leben verhauchte wie eine sterbende Rose. Das griff mir so an die Seele, daß ich weinte, mich der Tränen nicht schämte. Es war eine Stunde, die ich durchlebte, wo mir alles Leid und alles Glück der Welt nah gegenüberstand, wo ich das rätselhafte Sein alles Irdischen, schattenhaft erkennend, erschauernd meinen Körper streifen fühlte. Im Garten der Kurpension kam mir Marlene entgegen, ein wenig blaß, mit blutleeren, hellroten Lippen. Sie scherzte über unsere Begegnung beim Arzte. Er hätte ihr beste Hoffnung gemacht, alles würde gut werden. Es durchlief mich eisig. Ich dachte an fallende Blütenblätter. Am Abend saßen wir zusammen, die Gäste der Pension, Besuch von auswärts. Bunte Papierlaternen durchbrachen mit schwachem Schimmer die Sommernacht; eine junge Dame spielte Geige. Zum Schluß ein Chopinsches Nocturne. Ich hörte die Geige aus dem Dunkel singen, tief, zitternd, in großen klagenden Strichen schwamm die dunkle, schwermütige Weise in die Nachbargärten. Es war mir unsäglich trüb zumute. Die hellen Stimmen taten mir weh. Marlene saß in einem Korbstuhl, aus dem Dunkel schien ihr weißes Gesicht in unbestimmtem Oval. Ihre Augen sahen seitwärts. Ihre schmalen Hände lagen auf den Lehnen des Stuhles. Unsäglich müde Hände waren es, kranke Kinderhände. Auf diesen Händen stand die nahe Ewigkeit zu lesen. Am andern Tage gingen wir durch den Kurpark. Fütterten die Goldfische und Schwäne auf einem Weiher. Marlene fühlte sich matt, begehrte zu sitzen. Auf einer Bank, überrieselt von gelben Blütendolden, küßte ich Marlene. Ich weiß nicht, weshalb. Ob aus Mitleid, ob aus Sehnsucht? Fragen, auf die ich heute die Antwort noch nicht finde. Sie küßte mich wieder. Ihre Lippen waren kalt. Am andern Tage reiste ich ab, ich mußte reisen, keine Gewalt der Erde hätte mich an diesem Erdenwinkel zurückhalten können. Ich sehnte mich nach dem Meere, nach herber Luft, nach Sturm und Wogenschrei. Nun reisten mir ihre Briefe nach. Marlenens Briefe, schmale Blätter mit krausen, zierlichen Zeilen. Als ich nach Hause kam, erzählte ich meiner Frau alles, zeigte ihr die Briefe. Sie las sie, saß dann ganz still. Dann stand sie auf und küßte mich. Ich gab ihr die Hand. Fast täglich kamen die Briefe. »Liebster!« stand darinnen, »denkst Du daran, wie wir uns küßten?« Meine Frau las alle Briefe, las auch die, die ich Marlene zurückschrieb. »Liebste!« stand darinnen, »ich denke daran, wie wir uns küßten im Frühling«. Und dann kam der letzte Brief. Aller reife Duft des Sommers, aller Glanz der Sonnentage war in ihm und, das Wort: »In Kürze komme ich zu Dir.« Meine Frau war blaß, als sie den Brief las, aber sie lächelte. Sie lächelte tapfer. Und ich küßte sie, und küßte meinen Buben. Ich schrieb zurück: »Ich erwarte Dich.« Und dann -- dann kam nach wenigen Tagen ein Brief mit unbekannter Schrift. Marlene war plötzlich gestorben, mitten im Sonnenglanz, ein Lächeln und meinen Namen auf den Lippen. Meine Frau und ich fuhren zum Begräbnis. Unser Bübchen nahmen wir mit; weiße Blüten streute er mit seinen Patschhändchen in die dunkle Gruft. Als wir heimwärts fuhren, war ein Regen über dem Lande. Alles war dunkel, glanzlos, regenschwer. Die Natur weinte über den Heimgang ihres schönen Kindes. -- Sehen Sie, meine Herren, das ist ~meine Geschichte~ von einer Frau. Von zwei Frauen. Meine Frau ist gestorben, das zweite Seelchen, dem sie Leben geben wollte, riß sie mit sich hinab in das dunkle Reich, das wir nur ahnen, nicht kennen. Ich bin einsam geworden, ein Weltflüchtling. Aber vielleicht reif und tief in meiner Kunst, wie ich es nie geworden wäre. Und wenn ich nach Deutschland von meinen Wanderfahrten zurückkehre, und meinen Jungen im Arm halte, dann weiß ich, daß ein Segen auf meinem Leben ruht, daß ich gewappnet bin gegen alles Lauernde und Böse. Dann duftet die Vergangenheit wieder um mich in tausend Lenzblüten und ich, der langsam Alternde, bin jung, jung und wieder ein Kind mit meinem Kinde.« Er stand auf, grüßte, und ging langsam davon. Die Gesellschaft war stumm geworden. Kaum ein Wort fiel. Schweigend gingen wir auseinander. Der See lag dunkel und farblos und ein kühler Nachtwind wehte von seiner Fläche her. Die Wellen aber schlugen wieder an die Mauerbrüstung, klingend und klagend. Operation Wie seltsam dieses matte, fahlgelbe Licht ist, das durch die halbgeschlossenen Vorhänge dringt. Wie Rauch ist dieses Licht. So schwer, so atembeklemmend wird die Luft davon. Es muß noch früh sein. Von der Straße dringt kein Laut herauf in mein Krankenzimmer. Nur ab und zu kommt aus der Ferne kurzes Hundegebell. Irgendwo, weitab, kräht ein Hahn. So liege ich fünf -- zehn Minuten. Zwischen Wachen und Schlaf. Alle Sinne sind fein gespannt und schlürfen jeden Eindruck. Nur der Körper ist noch so unsäglich schwer, noch so schlafmatt. Eine nahe Kirchturmuhr holt zum Schlage aus. Vier Mal. Die Töne gehen langsam, wie mit schweren Schritten durch den fahlen Morgenschimmer und verhauchen mit weichem Seufzer in der Ferne. Vier Uhr morgens! Ich liege mit geschlossenen Augen. So weich und wohlig ist mein Lager. Und Schmerzen habe ich gar nicht. Ich fühle, wie mein Geist langsam in der Spannung nachläßt. Der Schlaf besänftigt ihn mit weicher Hand. Traumbilder kommen. Da klirrt irgendwo etwas. Hell und hart. Vielleicht der kurze Anschlag einer Weckuhr. Wie kaltes Wasser übergießt mich dieser Ton. Alle Müdigkeit fällt plötzlich ab von mir wie ein Gewand. Hellhörig ist mein Geist; ganz frisch mein Körper. Ich rucke im Bett auf und sitze aufrecht. Durch den Vorhangspalt flutet das Morgenlicht. Ganz fahl ist es nun und überzieht alles im Zimmer mit einer Leichenfarbe. Wenn ich mich vorbeuge, kann ich den Himmel sehen. Schwere, bleifarbene Wolken treiben darüber hin. Wie ein gieriger Hund muß der Sturm sie hetzen. Ich glaube sie stöhnen zu hören in ihrer Höhe wie sie dahinrasen, mit zerfetzten Rändern. Von irgendwoher fängt mein Geist ein Wort auf. Vielleicht aus dem entfernten Rollen eines Wagens. Ich lege mich in die Kissen zurück und sage es unaufhörlich vor mich hin: »Operation ... Operation ...« Der Wagen rollt jetzt in der Ferne. Wie das Geräusch kleiner, rollender Kugeln trifft es mein Ohr, hart und häßlich. Und dieses Geräusch formt ersterbend das Wort: Operation ... Irgendwo im Hause schlägt eine Tür. Ein jäher Knall. Ganz deutlich, scharf umrissen, steht das Bild vor meinem Geiste: Eine Dienstmagd oder eine Krankenschwester. Die Türklinke ist ihr aus der Hand geglitten und der Wind trieb die Türe zu. Nun steht das Mädchen da. Still ... erschrocken. Nicht zu atmen wagt sie. Hineinhorchend in die Totenstille der Klinik. Wohl zwanzig Kranke schlafen oder stöhnen da in ihren Betten. Bläulichblaß wird das durchs Fenster sickernde Morgenlicht. Der Himmel ist jetzt von einer gleichmäßig grauen Dunstschicht verhängt und Regenspritzer schießen gegen die Scheiben, unregelmäßig, scharf klirrend. Von der Straße kommen allerhand Geräusche. Jemand pfeift. Ich sehe in Gedanken den Bäckerjungen durch den Regenmorgen schlendern, pfeifend, die brennende Laterne vor der Brust, die helle Kiepe auf dem Rücken. Und beide Hände tief in den Hosentaschen. Der Bengel hat famoses musikalisches Gehör. Schwierige Passagen aus einer modernen Operette pfeift er mit Virtuosität. Nun erklingt eine Mundharmonika. Wahrhaftig: der -- der Faustwalzer. Tanzstunden- und Ballbilder flattern in meinem Gedächtnis auf wie jäh erschreckte Vögel. Es muß derselbe Bäckerjunge sein. Alle Bäckerjungen sind musikalisch. So gräßlich musikalisch. Ich habe mich eigentlich nie um eine Bäckerjungenexistenz gekümmert. Nun dünkt es mich so angenehm, mit frischen, starken Gliedern durch den Morgen zu wandern, die sterbenden Schatten der Nacht unter den Füßen, und immer dem Scheine der an der Brust baumelnden Laterne nach. Und den Brotgeruch zu atmen, diesen köstlichen Duft frischen Brotes. Und gesund zu sein. Viel essen zu können, gehen zu können. Wenn es einem gelüstet, gar laufen zu können. Und sich an der Sonne freuen zu dürfen, an den Bäumen, an Wolken, Kindern, Tieren. Fast zwei Monate liege ich schon. Mein ganzes ferneres Leben lang wollte ich ein Bäckerjunge sein und mit der vor der Brust baumelnden Laterne durch die fahlen Morgen wandern, wenn jetzt plötzlich jemand ins Zimmer träte und sagte: »Du bist gesund! Erhebe Dich!« Mit weicher Hand netzt der Schlaf wieder meinen Geist ... leise, unendlich leise ... Von der Harmonika kommen nur noch verwehte Töne. Es spritzt heftiger gegen das Fenster. Ein unmelodisches Geräusch. Ich liege mit dem Kopf tief in den Kissen Plötzlich ~fühle~ ich, wie jemand ins Zimmer tritt, und richte mich auf. Ich hörte die Tür nicht gehen, hörte keinen Schritt. Die Krankenschwester steht an meinem Bette. Ein absurder Gedanke durchzuckt mein Hirn: Aufzuspringen, das junge Weib davor mir zu umschlingen, ihre schmalen, blaßroten Lippen wund zu küssen und von diesen Lippen das Leben zu trinken, das junge, blühende, lachende Leben. Schon der Kraftanstrengung des bloßen Gedankens folgt eine Reaktion. Ich fühle mit trauriger Beschämung die Welkheit meiner Muskeln. Schlaff und müde liegen meine Hände auf der Bettdecke. »Guten Morgen«, sagt Schwester Ines und greift nach meiner rechten Hand. »Sie sollten doch schlafen, ungeduldiger Patient.« In meinem Gehirn springt ein angstvoller Gedanke auf und quillt jäh über meine Lippen: »Wann ist die Operation, Schwester Ines?« »Aber denken Sie doch gar nicht daran. Schlafen Sie nur. Ich gebe Ihnen jetzt eine Morphiumspritze und einen Schlummertrunk. Und dann schlafen Sie. Sie müssen schön schlafen. Wenn Sie dann aufmachen, ist alles vorüber.« Wie gütig die Schwester spricht. Ihre Sprache ist so klingend. ›Wie wenn eine Quelle plätschert‹, muß ich denken. Es ist heller geworden. Die bläuliche Dunstschicht ist aus dem Zimmer gewichen und ein grautrüber, regenschwerer Tag hat seine Herrschaft angetreten. Schwester Ines entnimmt einem mitgebrachten Kästchen eine kleine Spritze und stellt sie in ein Glas auf die marmorne Platte des Nachttischchens. Dann entblößt sie meinen rechten Oberarm und reibt eine Stelle mit einem spiritusgetränkten Wattebäuschchen. Ganz heiß und rot wird dort die Haut. Mit einem Scherchen schneidet die Krankenschwester die Spitze von dem bräunlichen gläsernen Morphiumkapselchen und saugt das Gift mit der Spritze auf. »Es tut nicht weh. Halten Sie ganz ruhig.« Als sich die lange Nadel in die Haut bohrt, fühle ich einen kleinen, ruckartigen Schmerz. Die Stelle schwillt weißlich an. »Nun noch den Trunk«, sagt Schwester Ines und geht aus dem Zimmer. Ich sehe ihr nach, wie sie durch den Raum geht, mit so hohen, schönen Bewegungen. Die Schwester hat das Zimmer verlassen und ich sehe sie noch vor mir. Ganz deutlich sehe ich ihre adeligen, zierlichen Hände mit dem feinverlaufenden bläulichhellen Geäder. Wie sonderbar wohlig mir wird. So wohlig schwer. Ich möchte schlafen ... immerfort schlafen ... einen Tag und eine Nacht lang. Und dann Bäckerjunge werden. Durch hohe, fahle Morgen wandern, immer dem Schein des Laternchens nach. Und den Duft des Brotes atmen, diesen köstlichen Duft. Und ab und zu auf der einsamen Wanderung solches Brötchen essen. Solches gestohlene Brötchen, das noch ganz warm ist. »Hier, trinken Sie bitte.« Schwester Ines ist wieder geräuschlos ins Zimmer getreten. Mit einem Zuge leere ich das dargereichte Glas. Die Schwester ordnet mein Kopfkissen, meine Bettdecke. Dicht vor meinen Augen sind ihre Hände, diese adeligen, schmalen Hände. Wie Wesen mit eigenem Leben erscheinen sie mir. Trotz der Schwere aller Gefühle spüre ich den sinnlichen Reiz, der von diesen Händen ausgeht. Es kommt wie ein Duft von diesen Händen. Ein leiser Duft seltener Orchideen. »Nun müssen Sie schlafen.« Es ist wieder, als plätscherte die leise Quelle im Zimmer. Irgendwo von der Decke senkt es sich schwer auf mich herab. Ich fühle, wie mich Träume umspinnen ... Auf einer Wiese bin ich. Im Walde. Schon lange bin ich im Walde. Da klingelt etwas melodisch. Ich sehe einen Schnitter seine Sense wetzen. Er steht bis an die Knie im hohen Gras und dengelt. Aus weiter Ferne tönen Stimmen und ich höre sie doch ganz nah. Plötzlich erwache ich jäh. Wo bin ich? Ich liege auf dem Operationstische. Aerzte und Schwestern in weißen Gewändern sind um mich her. Der eine Arzt hat die Aermel bis zum Ellenbogen aufgekrempelt. Da ist wieder das Klirren. Eine Schwester legt Instrumente auf eine gläserne Tischplatte Ueberhaupt diese entsetzlichen Instrumentenschränke rings herum. Durch ein breites Fenster vor mir sehe ich den Himmel. Er ist noch so schwer, so bleigrau. Vor dem Fenster strecken zwei verkümmerte Bäume nackte kahle Arme wie Bettler. Als ob sie um Sonne flehten, sieht es aus. Eine Schwester schnürt meine Beine am Operationstische fest. Mit breiten Riemen. »Sie sollen doch schlafen«, sagt der Doktor zu mir. Der zweite Arzt legt mir eine weiße Maske aufs Gesicht. »Atmen Sie tief ein«, sagt er. Klopf .... klopf .... fallen die Aethertropfen. Ich atme gehorsam, tief ... Widerlich bitter schmeckt es ... Ich beuge den Kopf etwas zur Seite und sehe, wie der Arzt aus zwei kleinen Fläschchen abwechselnd auf die Maske tröpfelt. »Atmen Sie nur ganz tief.« Mir wird langsam so wohlig schwer. Als wäre ich zehn Stunden gegangen. Durch lauter Waldgestrüpp gegangen. Und jetzt will ich schlafen. Das Tropfen hört auf. Ich bin plötzlich wieder ganz munter. »Ich bin noch ganz wach«, sage ich und meine Stimme klingt so seltsam laut. Und die andern Stimmen sind so fern. Und mein Herz schlägt wie rasend. Und so laut schlägt mein Herz. Ein Lied kommt mir ins Gedächtnis. Ich sage es auf. Es sind meisterliche Verse eines längst Verstorbenen. Wieder bin ich im Walde. Unter der köstlich schattigen Buche dort will ich ruhen. Ich lege mich auf den samtenen Moosteppich. Lauter kleine rosafarbene Wolken gehen dicht an meinen Augen vorüber. Und ich schlafe ... schlafe ... Siegmund Federleins Liebe und seliges Sterben Die Sensation, die das Erscheinen Siegmund Federleins auf den Straßen der mittleren Residenzstadt erregte, war mit den Jahren abgeflaut und dann versiegt. Siegmund Federlein war in den festbegründeten Stand eines Stadtoriginals eingetreten. Die Einheimischen drehten sich kaum noch um, wenn der kleine Mann mit der unheimlichen Eile, die so seltsam und lächerlich mit der Kürze seiner Beine im Widerspruch stand, um die Ecken und die Straßen entlang schoß, dabei ein mächtiges Pack Bücher (vielleicht irgendwo aus einem Familiennachlaß oder aus der von einem Intellektuellen durchgesiebten Bibliothek erstanden) unter den Armen tragend. Siegmund Federlein war Bücherantiquarius. Wer geschäftlich mit ihm zu tun hatte, dem wich das überlegene Spottlächeln, mit dem er der kleinen unscheinbaren Gestalt gegenübertreten zu können vermeinte, bald von den Lippen, denn Siegmund Federlein hatte nicht nur eine gut fundierte, autodidaktisch erworbene Allgemeinbildung, sondern auch eine hervorragende Begabung für sein Fach, war ein feinsinniger Bibliomane und ein sicherer Begutachter von Stichen. Siegmund Federlein vereinigte in seinem Wesen die drei Eigenschaften, die ein Antiquarius, der es zu etwas bringen will, haben muß: er war ein Drittel Idealist, ein Drittel Kenner, ein Drittel Hallunke. Auf allen Auktionen und Nachlaßversteigerungen war der kleine verwachsene Mann zu finden. Leute, deren Wünsche bei Auktionen auf Bücher zielten, pflegten oft von Federlein gebotene Werke bis ins Unerschwingliche im Preise emporzutreiben, während sie matt und unschlüssig bei den von dem kleinen Antiquarius ignorierten Büchern blieben. Die Pelikangasse, in der Siegmund Federleins Ladengeschäft lag, war ein schmales Sträßlein, so eng, daß ein Mensch, wenn er die Arme zu den Seiten ausspannte, die Häuser berührte. Das Alter der meisten Häuser war wohl auf einige hundert Jahre zu schätzen. Es hatte den Gebäuden die ehemals straffe Front genommen; sie hingen mit den Dachtraufen, wie in einer erstarrten Verneigung, nach vorn herüber. Daß sich die Pelikangasse in dieser mittelalterlichen Ursprünglichkeit erhalten hatte, war dem Pietätgefühle der Stadtväter zu verdanken. Vor einem dieser altersverbogenen Häuslein hing das Firmenschild Siegmund Federleins. »Buchhandlung und Antiquariat von Siegmund Federlein« stand darauf. Nur wer gute Augen hatte, konnte es lesen, denn die Zeit und der Regen hatten die Buchstaben arg verwaschen. Einige Stufen führten in den Kellerladen hinunter, in dem von morgens bis abends eine Gasflamme, in dem Dämmerdunkel notwendigste Beleuchtung spendend, brannte. In Siegmund Federleins Laden fand sich ein bunt durcheinandergemengtes Publikum ein. Jeder neue zufällige Kunde kam wieder und scheute aus dem Lichtgepränge der modernen Straßen nicht den Weg in das dunkle Gäßchen, weil der kleine Antiquar seinen Wünschen famos gerecht geworden war und mit der seltenen Reichhaltigkeit seines Lagers jedes Begehren zu befriedigen verstand. -- Da kam eine behäbige Köchin mit einem Embonpoint, das der Fleischnot der Zeit hohnlachte und die mittels eines »Briefstellers für Liebende« den flügellahm gewordenen Gefühlen ihres Musketiers ein wenig auf die Beine helfen wollte, -- oder ein Tertianer kam, dessen Gehirn die Sensationen des Aufsatzthemas: »Vergleich zwischen Schiller und Shakespeare« nur mittels einer sogenannten Schwarte oder Eselsbrücke (eine Spezialität Siegmunds Federleins) bewältigen konnte. Viele Intellektuelle gehörten zum Kundenkreise des kleinen Antiquars, Professoren der Hochschule und der Gymnasien, Oberlehrer und Kandidaten. So wirkte Siegmund Federlein wohltätig auf den Intellekt seiner Mitbürger und okulierte, wie in dem Falle der Köchin, auf wildgewachsene Naturtriebe den zarten Schößling einer Veredelung auf das Aesthetische hin. Siegmund Federlein war ein Mensch, der belächelt wurde als verschrobene Laune der Natur von denen, die ihn nicht kannten; der geschätzt wurde von denen, die mit ihm in Berührung kamen, trotz der Trivialität seines Aeußern, die noch vergröbert wurde durch seinen grotesken Anzug. Siegmund Federleins Gehrock, den er tagaus und tagein trug, glänzte gelb und grün und speckig, schlotterte in Falten um seinen Träger herum und schien nur darauf bedacht zu sein, die Lächerlichkeit seines Herrn zu vergrößern. Siegmund Federlein mochte das vierzigste Jahr überschritten haben, da kam eine Zeit, wo das stille Gleichmaß seiner Tage in die Brüche zu gehen drohte. Das Bächlein seines Lebens, sonst unbekümmert dahinplätschernd, ward zum Strome, der über die Ufer griff und die friedesamen Gärten des kleinen Antiquars gehörig unter Wasser setzte. Es war an einem Abend im Februar. Eine harte Kälte herrschte. Der Schnee auf den Dächern war gefroren und hing, in schwebender Lage festgekittet, weit über die Dachtraufen hinaus. Wer die Pelikangasse durchschritt, glaubte sich in einem überwölbten Gange zu befinden. Ein Februarabend war wie alle Februarabende. Absolut nichts Ungewöhnliches hatte sich ereignet oder wollte sich an diesem Abend ereignen. Die Menschen, die Beruf und Pflicht durch die Pelikangasse führte, hatten es eilig. Mit hochgeschlossenen Rockkragen und blauangelaufenen Nasenspitzen legten sie ihren Weg zurück. Gaffer und Neugierige, wie sie in den modernen hellen Straßen zu hunderten die Schaufenster belagerten, gab es in der Pelikangasse nicht. Da sich auch die Fremden aus ihren Quartieren wegen der Kälte nicht heraustrauten -- sonst waren täglich einige zu finden, die mit hochgereckten Hälsen die altertümlichen Fassaden der Häuser, die mittelalterlichen Schnitzereien der Eingangstüren und die buntausgemalten Verschnörkelungen betrachteten -- war die Pelikangasse an diesem Abend recht einsam. Und doch ereignete sich an diesem Februarabend, der für andere Menschen absolut nichts Ungewöhnliches brachte, für den Antiquarius Siegmund Federlein etwas, das, plastisch ausgedrückt, vielleicht dasselbe war, als wenn der kleine Antiquar, nachdem er bisher still seinen Lebensweg geradeaus gegangen war, von einer starken Hand ein paarmal um seine Achse gewirbelt und dann in einer der ersten gänzlich verschiedenen Richtung abgeschoben würde. An diesem Februarabend war Siegmund Federlein allein in seinem Laden. Er hantierte mit einem Staubbesen an einem Regale herum, als die Tür ging und die Glocke kreischend einen Kunden ankündigte. Der Kunde, ein Mädchen von ungefähr sechzehn Jahren, trat aus dem Dunkel des Eingangs in den Lichtschein, der nur um ein Geringes über den Tresen hinwegreichte. Nun konnte Siegmund Federlein deutlich den späten Besucher sehen. Die große schlanke Gestalt des Kindes zeigte noch die Unreife jugendlicher Formen, ein wenig gemildert durch die kurze Pelzjacke. »Brrrrr«, machte die Kundin und rieb sich die in roten Handschuhen steckenden Hände, »welche schreckliche Kälte ist das.« »Womit kann ich Ihnen dienen?« fragte der kleine Antiquar und sah ganz starr, als sähe er etwas unerhört Neues, in die schwarzen Augen des Kindes. »Ich möchte eine gute Ausgabe vom Werther,« sagte das Mädchen, »wir wollen in der Klasse morgen damit beginnen.« Der kleine Antiquar schien nicht gehört zu haben, er starrte das Kind immerfort an, als sähe er etwas Seltsames, Staunenerregendes. Endlich gab er sich einen Ruck, mit der possierlichen Behendigkeit eines Affen schoß er eine Trittleiter empor und kam mit einem Pack Bücher zurück. »Lauter Werther«, sagte er. Das Mädchen nahm einige Bände in die Hand und zog vorher den rechten Handschuh aus. Nun sah der kleine Antiquar immerfort auf diese Hand, die ihm unerhört schmal und von feinen Linien dünkte. Aus dem Ärmel des Pelzjacketts kam die Hand hervor. Wo sie sich mit dem Arme vereinigte, umschloß sie, von einigen Beryllen gehalten, ein goldenes Kettenband. Lilienhaft weiß war die Hand des Mädchens, eine wundervoll adlige Ruhe ging davon aus, wenn sie mit spitzen Fingern, von den Fingernägeln in zartem Oval gingen dabei kleine Glanzlichter aus, die Seiten umwandte. Unverwandt starrte Siegmund Federlein auf diese Kinderhand, in der so viel frauenhafte Reife lag und die einen seltsamen Gegensatz bildete zu der jugendlichen Schmächtigkeit ihrer Besitzerin. Nach einer Weile, während das junge Mädchen in den Büchern blätterte, sagte der Antiquar, einen Band ergreifend: »Wenn es Ihnen auf den Preis nicht ankommt, empfehle ich Ihnen diese Ausgabe.« Er durchblätterte den Band und sagte: »Es sind wundervolle Kupfer darin, hier sehen Sie.« Und er zeigte ihr eine Illustration, wo Werther, die tödtliche Kugel in der Brust, in den Augen schon überirdische Seligkeit, die Schatten der Todesnacht erwartet. »Dann bitte ich um die Ausgabe,« sagte das Mädchen und nestelte aus ihrer Pelzjacke ein, silbernes Geldtäschchen los. »Sechs Mark«, sagte Siegmund Federlein und nahm das gereichte Goldstück und legte es auf die Tischplatte. Als die Kundin gegangen war, schlug es von der Kirche Unserer lieben Frauen gerade acht Uhr. Schwerfällig, als erstarrten sie in der Kälte des Winterabends, kamen die Töne durch die Dunkelheit. Da schloß Siegmund Federlein seinen Laden ab, nahm das Zehnmarkstück und trat damit unter die Gasflamme. Er besah sich das Wappen, las die Inschrift: »Deutsches Reich 1879 Zehn Mark«. Dann drehte er die Münze um, besah sich den Kopf des alten Kaisers und las: »Wilhelm Deutscher Kaiser und König von Preußen«. Und dann tat der Antiquarius Siegmund Federlein etwas sehr Merkwürdiges. Er drückte die Lippen auf das Goldstück und legte es in den Geldschrank in das Kästchen, wo er den Siegelring seines verstorbenen Vaters und den Trauring seiner ebenfalls in Gott ruhenden Mutter aufbewahrte. Als Siegmund Federlein in dem kleinen, dem Laden anhängenden Kabinett sein frugales Abendbrot verzehrt hatte, legte er sich in das im selben Raume befindliche Bett, nachdem er sich bedächtig entkleidet hatte. Wohl bis um Mitternacht las Siegmund Federlein im Werther. Dabei stand, wenn er von Lotte las, vor seiner Seele immer das Bild von dem schwarzäugigen Mädchen. Vom nächsten Tage ab geschah es, daß die Augen Siegmund Federleins hastig jedem in den Laden Eintretenden entgegenflogen in der Erwartung, es möchte das unbekannte Mädchen sein. Alle Gedanken des kleinen Antiquars hatten nur das eine Ziel. Wie Fänge hatte sich das in seine Seele gegraben. Und das Mädchen kam wieder. An einem Spätnachmittage im Mai, als der letzte Schein einer schwachwärmenden Sonne einen schmalen Streifen in die Pelikangasse legte, trat es in den Laden. Siegmund Federlein fühlte, wie er ganz rot wurde, aber in seiner Seele war ein feiertagsfrohes Gefühl. Er nickte tüchtig, fertigte hastig zwei Kunden ab und streckte ihr, als diese gegangen waren, die Hand entgegen, als begrüße er irgend einen alten Bekannten: »Wie geht es Ihnen?« Und gleich darauf fragte er (er erstaunte nachher selbst über seine Kühnheit): »Wie heißen Sie eigentlich?« Das Mädchen schien etwas erstaunt, reichte dem kleinen Antiquar jedoch die Hand und sagte: »Felicitas Wiggers. Sie nennen mich jedoch alle Fee, Vater, Mutter, Geschwister, und die Dienstboten.« »Fee, Fee, Fee,« murmelte Siegmund Federlein vor sich hin und es war ihm, als ob das Mädchen garnicht anders heißen konnte als Fee. Felicitas Wiggers kaufte einige Bücher und im Gespräche erfuhr der kleine Antiquar, daß ihr Vater Landgerichtsrat und erst vor vier Monaten nach hier versetzt worden war. »Vater ist ein großer Bücherliebhaber. Er freute sich sehr über meinen Werther. Er sagte mir, Sie möchten ihm immer zur Ansicht senden, wenn Sie interessante schöngeistige und philosophische Sachen hätten.« So spann sich ein Faden von dem großen Renaissancebau in der König Wilhelm Straße zu dem kleinen Buchladen im Keller der Pelikangasse. Im Laufe der Zeit sah der Landgerichtsrat Wiggers den Antiquar Siegmund Federlein häufig in seinem Arbeitszimmer, und stets schieden beide vergnügt von einander, der eine, weil er seiner Bibliothek einen neuen Zuwachs einverleiben konnte, der andere, weil er mit Fee, einer leidenschaftlichen Bibliophilin, ein halbes Stündchen in dem großen vornehmen Raume verplaudern konnte. So mochten wohl zwei Jahre dahingeflossen sein. Wenn im Interesse Siegmund Federleins bisher sein Geschäft vorgeherrscht hatte, so war es damit seit der Bekanntschaft mit Felicitas Wiggers anders geworden. Jetzt stand die schwarzäugige Fee an der Front seines Interesses; der kleine Antiquar hatte eine stille Zuneigung zu dem schönen vornehmen Mädchen gefaßt, die brannte in ihm gleich einer ruhigen Flamme. Diese Zuneigung nahm seinem Leben das frühere Hastige, die Eilfertigkeit seiner Bewegungen. Es war Siegmund Federlein oft, als fühlte er sich von einem sanften Strome dahingetragen. Auch seine Sprache, sonst sprudelnd und übersprudelnd, war leise und langsam geworden, und in seinen Augen lag immer ein leiser Schimmer, ein verklärender Glanz, wie er in weinenden Kinderaugen steht. Da griff das Schicksal mit roher Hand in das Idyll. Als Siegmund Federlein eines Spätnachmittags im Monat Juni in das Haus des Landgerichtsrats eintrat, hörte er schon von dem öffnenden Dienstmädchen die Kunde, daß Fee plötzlich sehr krank geworden wäre und wohl noch am Abend operiert werden müßte. Da taumelte der kleine Antiquar wieder auf die Straße hinaus und fühlte ein Brennen am ganzen Körper, als ob er in Flammen gehüllt wäre. Er ging mit halber Besinnung durch die Straßen der Stadt vor das Tor hinaus, und wer den kleinen Mann dahinwanken sah, der dachte mit lächelnder Miene und verwundert im Stillen: »Siegmund Federlein hat einen Schwips.« Ueber den Feldern lag die Glut des Abends. Noch einmal wollte, ehe sie Abschied nahm, die Sonne ihren Segen über die Flur gießen. Durch ein Meer von Licht wankte ziellos, von einer fürchterlichen Angst getrieben, der kleine Antiquar. Eine Stimme war in ihm, die ließ ihn nicht los: »Sie stirbt, sie stirbt,« sagte diese Stimme. Als große Schatten gleich ungeheuern Tieren über das Feld liefen und die Dämmerung immer schneller kam, schritt Siegmund Federlein in die Stadt zurück, schnell und hastig, als säße ihm jemand auf den Fersen. Eine heiße Angst trieb ihn vorwärts und trieb ihn vor das Haus des Landgerichtsrats. Er sah zu den Fenstern empor. Alles war hell erleuchtet, als würde dort oben ein fröhliches Fest gefeiert, als klängen dort oben feingeschliffene Kelche aneinander und wetteiferten mit dem Glanze froher Menschenaugen. Einen Augenblick blieb Siegmund Federlein stehen, dann trat er ein. Die Haustür stand offen; so schritt er die Treppen hinauf. Kein Mensch war zu sehen. Da trat plötzlich aus einem Zimmer der Landgerichtsrat. Die sonst aufgereckte Gestalt schien gebeugt zu sein unter einem ungeheuern Schmerze. Als der kleine Antiquar den stattlichen Mann weinen sah, schlich er die Treppen hinunter und trat auf die Straße. Er hörte noch, wie das Hausmädchen hinter ihm herkam und sagte: »Vor einer halben Stunde ist sie gestorben.« Im Eilschritt hastete er zu seinem Laden in der Pelikangasse und schloß hinter sich ab. In ihm, der nie heftig gewesen war, in dessen Seele immer ein stiller Pantheismus, eine Religion der Versöhnung, gewohnt hatte, wütete es auf und sein Gesicht verzerrte sich aus lauter Ekel, aus lauter Zorn zur Grimasse. Dann brach es aus ihm heraus wie ein Schrei: »Wie kann das sein! Wie kann das Leben so tölpelhaft sein, so roh! Ich verstehe das Leben nicht. Wo soll da der tiefere Sinn des Lebens liegen, wenn es so brutal die Schönheit, die Jugend, die Hoffnung zerschlägt? Ist das Leben, das Schicksal nicht ein Unsinn, ein wüstes, blindes Walten!« Dann kam in weicher Woge wieder der Schmerz über ihn. Er setzte sich auf sein Bett und schluchzte still in sich hinein. Dann streckte er mit rührend-kindlicher Bewegung die Arme aus, als wollte er etwas greifen und an die Brust ziehen. Und seine Lippen flüsterten: »Fee, liebe, liebe kleine Fee!« Seine Brust war umklammert von einem wilden Schmerze, ein Würgen war in seiner Kehle, als preßten grobe Hände sie zusammen. Siegmund Federlein saß zusammengekauert da. Vom Laden her legte die Gasflamme einen schmalen Lichtstreif ins Zimmerchen. Ab und zu kam ein Schritt die Stufen herunter und eine Hand rüttelte an der Klinke der Ladentür. Siegmund Federlein saß ganz still, den Kopf zwischen die Schultern gezogen und das Gesicht in den Händen vergraben. Und immerfort drang aus seinem Munde heiseres Schluchzen. »Sinnlos, sinnlos, sinnlos!« murmelte er vor sich hin. Plötzlich stand er auf und das Planvolle seiner Bewegungen verriet den festen Entschluß seines Herzens. Er holte die Geschäftsbücher aus dem Geldschrank, rechnete, schrieb, legte hier ein Zettelchen hinein und dort. Auch einige Briefe schrieb er und legte sie auf das Pult. Dann zog er seinen besten Anzug an, ein schwarzer Anzug, aus dem Hochzeitsfracke seines Vaters gefertigt, holte von einem Regale einen Wertherband und schrieb daraus mit ruhiger Hand auf ein Stück Papier folgende Stelle der letzten Seiten: »Alles ist so still um mich her, und so ruhig meine Seele. Ich danke Dir, Gott, der Du diesen letzten Augenblicken diese Wärme, diese Kraft schenkest.« Das Blatt steckte Siegmund Federlein in die Brusttasche, gerade über dem Herzen. Dann löschte er das Licht, schloß die Ladentür auf und ging in die warme Nacht hinaus. Auf einem weiten Felde, unter dem Glanze der nächtigen Gestirne, schoß sich der kleine Antiquar Siegmund Federlein eine Kugel in die Brust. Die Kugel saß mitten im Herzen, und mitten durch das Blatt mit Werthers letzten Zeilen war sie gegangen. Werke von Otto Buchmann aus Tischbeins Verlag / Hannover Marias Lied Mit einem Geleitwort von Ludwig Finckh _60. Tausend._ Gebunden 5 Mark ~Berliner Börsen-Nachrichten~ (Otto von Huth): Dieses Buch enthält eine so verschwenderische Fülle an Schönheit, Liebe und Sehnsucht, daß es ist, als sei der Extrakt aus unserer gesamten Liebesliteratur in dieses Kunstwerk gegossen, der nun in goldenen Wellen an dem Herzen des bezauberten Lesers emporbrandet. Mit andächtigem Schauer liest man die wunderfeinen Gedanken über die Frauen, die hier geschildert sind als »heimliche Königinnen«, bezeichnet als »feine Schmerztrösterinnen und zarte Leidheilerinnen, denen man Lichtfeiern bereitet und helle Tempel baut. -- Aber es ist doch nicht das Lied von den Frauen, es ist Marias Lied«, sagt der große Dichter weiter, »Maria, deren Gebärden Schönheit sind, die unsichtbare Rosen bricht und in deren Händen die Sehnsucht weißer Nächte schläft«. -- Beim Lesen dieses Buches stockt der Atem. Es ist als stünde man in einem goldenen Tempel und von den Emporen tönt der Silberton hauchzarter Engelsstimmen Liebeswunder in das zitternde Herz hinein. Ein Buch, in dem Wirklichkeit unwirklich wird. Ein Liebesgebet, in Seelenfeierstunden zu beten, allein, oder falls das Unwirkliche, unbeschreibliche zur Wirklichkeit geworden ist, mit »der reinsten Frau auf Erden, mit Maria«. ~Königsberger Hartungsche Zeitung~ (Endres Endrulath): Wundervolle Klänge in gar verschiedenen Ausdrucksformen sind es, die dieses Hohelied voll Liebe zu den Frauen bilden. Klänge voll reiner, gewaltiger Wirkung. Das Buch ist von tiefster Empfindung durchströmt. Tut sich uns kund, zu Herzen dringend und klingend, schönheitdurchpulst, anbetungsvoll sehnsüchtig, seelisch verinnerlicht, erwartungsvoll schwelgend, bald sieghaft jubelnd, bald schwärmerisch träumend. Immer neue Hymnen auf das Wesen der fraulichen Menschgestaltung ertönen aus diesem Kunstwerk. So klingt es in süßen Melodien aus des Dichters schönheitszitternden Wortformen, die sich, kostbarem Geschmeide gleich, zu einer schimmernden Marien-Krone unvergänglichen Wertes gestalten. So leuchtet und funkelt es in goldenen Strahlen aus jedem Bilde, das der Dichter um die wieder und wieder veränderte Gestalt Marias malt, die er in seinem, der Frauenseele ganz ergebenem Geiste, so vielfach gewandelt erschaut. Mit seltener Kunst schöpft Otto Buchmann jeweils nur so aus dem ihm schier unergründlichen Brunnen seiner Frauenverehrung, was seinem inneren Empfinden und Miterleben der erdachten fraulichen Eigenschaft entspricht, und daher wirken die beiden Grundtöne »Liebe und Natur«, auf denen dieses Hohelied aufgebaut ist, in ihren wechselvollen Wohllauten wie ein Sphärenklang aus einer anderen besseren Welt. Gott schenke dem Dichter noch viele solcher Offenbarungen. Es sind edelschöne Erhebungen, die uns ringende Menschen von dem Alltagsmißklang der Welt zu befreien vermögen. ~Braunschweiger Neueste Nachrichten~ (+Dr.+ Laßbiegler): Kann es wundernehmen, wenn heute der Frau ein ekstatischer Dithyrambus gesungen wird, wenn heute eine der Wirklichkeit müde Seele in die Weltenferne des Schönheitskultus und der Einstimmung in die Natur entflieht? In diesem Buche ist aller Eigenwille ausgeschaltet, die Urkraft aller dramatischer lebensechter und lebensstarker Verknüpfung. Hier ist alles eingestellt auf den Passivismus erregender Strömungen, Schwingungen, Stimmungen, auf den sekundären Willen. Ein rein lyrisches Gemüt lebt sich hier aus in schillerndem und klingendem, sich nicht ersättigendem Wortgepränge, lebt sich aus in schwelgender Erwartung und Dankbarkeit, die aus tiefen Erlebnissen des Herzens steigen mögen und ausklingen in dem Bekenntnis: »Einen Menschen lieb haben und die Sonne untergehen sehen, das ist schließlich doch aller Erkenntnisse letzter Schluß und alle Schönheit.« -- Marias Hohelied -- auch der Natur Hohelied; denn: »niemals habe ich so rein gefühlt als jetzt, daß die Schönheit der Seele nur auf der Grundlage tiefster Liebe zu der Natur beruhen kann.« Ein altes, wahres, immer wieder gesuchtes und immer wieder gefundenes Dogma. Ein rein deutsches, auf das wir immer wieder verfallen, wenn uns vor der Wirklichkeit graut und wir uns in uns selbst verlieren. Und wer fände da nicht Verwandtes, ob ers nun sagen oder bloß fühlen kann, ob ers nun zu stammeln oder in rhythmisch einherschreitenden Psaltern auszusprechen vermag wie Otto Buchmann? Weib und Natur -- ein enger Kreis, ein weiter Kreis! Der eine fühlt, der andere lebt in ihm. Otto Buchmann ist einer von jenen, die danken und anbeten. Wohl den Frauen, denen ein solches Lied gilt! Ich trage meine Minne ... Verse _20. Tausend._ Gebunden 5 Mark ~Rheinisch-Westfälische Zeitung~: Echte goldene Schätze aus tiefinnerstem Gefühl wie aus dem dunklen Schacht eines Bergwerks emporgehoben, ohne alle Schlacken, und in eine aufs feinste ziselierte Form gebracht. Gebete einer schönheitstrunkenen Seele. ~Braunschweigische Landeszeitung~: Diese Verse sind Kostbarkeiten, geschliffene Edelsteine, deren Glanz von jeder Seite der gleiche bleibt, deren gedämpftes und doch klares Feuer ungemein wohltut, besonders weil bei aller Beherrschung der Form diese Verse schlicht und einfach erscheinen. Literarische Vergleiche stimmen gewöhnlich noch weniger als andere, aber bei diesen Versen denkt man an die besten Namen unserer klassischen Lyrik, etwa an Eichendorff, Mörike, Storm. Der Dichter hat tief in sich hinein gehorcht, als seine Seele der klingende Brunnen war, in dem diese Verse schliefen. Wie in »Marias Lied« offenbart er hier ein hohes Priestertum des Schönen und Guten, dabei hat man das sichere Gefühl, daß hinter diesen so scheinbar ruhigen Gedichten das volle blutrote Leben steht, daß sein Gewinn aber nicht die Leidenschaft ist, sondern nach ihr und durch ihre Erfahrung die Ruhe und Stille, die Rast nach der Unrast. Daher sind sie keine blutlose Aesthetik, sondern atmen die Abgeklärtheit, den Geigenklang in Mondscheinnächten nach dem Sturm. Sie sind tief menschlich, und das ist wohl das Beste, was man darüber sagen kann. *** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK AUF ALTEN WEGEN *** Updated editions will replace the previous one—the old editions will be renamed. Creating the works from print editions not protected by U.S. copyright law means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to copying and distributing Project Gutenberg™ electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG™ concept and trademark. Project Gutenberg is a registered trademark, and may not be used if you charge for an eBook, except by following the terms of the trademark license, including paying royalties for use of the Project Gutenberg trademark. If you do not charge anything for copies of this eBook, complying with the trademark license is very easy. You may use this eBook for nearly any purpose such as creation of derivative works, reports, performances and research. 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Except for the limited right of replacement or refund set forth in paragraph 1.F.3, this work is provided to you ‘AS-IS’, WITH NO OTHER WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, INCLUDING BUT NOT LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR ANY PURPOSE. 1.F.5. Some states do not allow disclaimers of certain implied warranties or the exclusion or limitation of certain types of damages. If any disclaimer or limitation set forth in this agreement violates the law of the state applicable to this agreement, the agreement shall be interpreted to make the maximum disclaimer or limitation permitted by the applicable state law. The invalidity or unenforceability of any provision of this agreement shall not void the remaining provisions. 1.F.6. 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It exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from people in all walks of life. Volunteers and financial support to provide volunteers with the assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg™’s goals and ensuring that the Project Gutenberg™ collection will remain freely available for generations to come. In 2001, the Project Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure and permanent future for Project Gutenberg™ and future generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org. Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non-profit 501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal Revenue Service. The Foundation’s EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state’s laws. The Foundation’s business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to date contact information can be found at the Foundation’s website and official page at www.gutenberg.org/contact Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation Project Gutenberg™ depends upon and cannot survive without widespread public support and donations to carry out its mission of increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine-readable form accessible by the widest array of equipment including outdated equipment. Many small donations ($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt status with the IRS. The Foundation is committed to complying with the laws regulating charities and charitable donations in all 50 states of the United States. Compliance requirements are not uniform and it takes a considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up with these requirements. We do not solicit donations in locations where we have not received written confirmation of compliance. To SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any particular state visit www.gutenberg.org/donate. While we cannot and do not solicit contributions from states where we have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition against accepting unsolicited donations from donors in such states who approach us with offers to donate. 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